Samstag, 7. April 2012

Griechische Rentner verklagen Staat wegen Schuldenschnitts

07.04.2012, 14:27 FTD
Schuldenkrise: Griechische Rentner verklagen Staat wegen Schuldenschnitts

Der Regierung in Athen bleibt auch nichts erspart. Das Volk geht auf die Straße wegen der harten Sparmaßnahmen - und jetzt ziehen Senioren vor Gericht. Sie wollen Geld zurück.
© Bild: 2012 AFP/ARIS MESSINIS
Der Regierung in Athen bleibt auch nichts erspart. Das Volk geht auf die Straße wegen der harten Sparmaßnahmen - und jetzt ziehen Senioren vor Gericht. Sie wollen Geld zurück.
Zwei Griechen im Seniorenalter haben den Staat wegen Verlusten als Folge des milliardenschweren Schuldenschnitts verklagt. Eine 76-jährige wohlhabende Witwe wolle 200.000 Euro zurück, die sie in Staatsanleihen angelegt habe und die nun nur noch die Hälfte wert seien, sagte ein Gerichtssprecher in Athen. Der klagende Rentner habe einen Verlust von etwa 4000 Euro geltend gemacht. Wegen des Schuldenschnitts haben Anleger im Durchschnitt drei Viertel ihrer Investments abschreiben müssen.
Die Schritte der Athener Regierung zur Sanierung des Staatshaushalts stoßen auf erheblichen Widerstand in der Bevölkerung, sind aber dringend nötig, damit Hellas nicht noch jahrelang finanzielle Unterstützung seiner Euro-Partnerländer und des Internationalen Währungsfonds (IWF) beanspruchen muss. Die Ruheständler sind besonders hart von der schwersten Wirtschaftskrise seit 1945 getroffen worden. Sie haben in den vergangenen zwei Jahren im Schnitt rund ein Viertel ihrer Altersruhegelder verloren.
Ein 77 Jahre alter früherer Apotheker hatte sich am Mittwoch im Zentrum Athens erschossen und in einem Abschiedsbrief geschrieben, er wolle lieber tot sein als in Mülltonnen nach Essbarem zu suchen. In der Folge kam es zu Krawallen.
Einer Umfrage zufolge gehen 92 Prozent der griechischen Verbraucher davon aus, dass sie in den kommenden zwölf Monaten kein Geld auf die hohe Kante legen könnten. Das ermittelte das Forschungsinstitut IOBE. Dagegen hellte sich das Geschäftsklima im März etwas auf, nachdem die Regierung mit einem Reformprogramm weitere Milliardenhilfen von ihren EU-Partnern und IWF ermöglicht hat. Das Barometer kletterte um 0,8 auf 75,7 Punkte.
Das Land ist knapp der Staatspleite entronnen, ist aber trotz des Schuldenschnitts längst nicht über dem Berg. Hellas steckt in der schwersten Rezession der Nachkriegszeit. Jeder fünfte Grieche hat derzeit keinen Job. Vermutlich wird am 6. Mai ein neues Parlament gewählt. Die das Rettungspaket stützenden Parteien Pasok und Nea Demokratia können Umfragen zufolge derzeit nicht mit einer eigenen Mehrheit rechnen.
Griechenland versucht gerade, das Vertrauen der Investoren zurückzuerlangen, um die Wende zu schaffen. Doch derzeit sind die meisten Anleger nicht bereit, Geld in hellenische Staatsanleihen zu stecken. Obwohl der kürzliche Schuldenerlass Athen um rund 100 Mrd. Euro entlastet hat, zweifeln die Anleger, ob die Regierung ihre Verbindlichkeiten bedienen kann. Dabei müssen die neuen Schuldtitel frühestens in elf Jahren zurückgezahlt werden.
Die Übergangsregierung unter dem Finanzexperten Lucas Papademos hat nahezu alle ihr auferlegten Aufgaben erfüllt. Am wichtigsten war, das 130 Mrd. Euro schwere Rettungspaket für Griechenland zu sichern. Das wichtigste Sparpaket war am 13. Februar vom Parlament gebilligt worden. Es beinhaltet Kürzungen von Renten, Pensionen und Löhnen von bis zu 20 Prozent. Zudem sollen bis 2015 rund 150.000 Staatsbedienstete gehen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen