Montag, 19. Januar 2015

Der Staatsanwalt beschuldigt Präsidentin Fernández de Kirchner, Aussenminister Timerman sowie Personen aus dem Umfeld der Präsidentin, die Hintergründe des Bombenanschlages auf das jüdische Kulturzentrum in Buenos Aires von 1994 zu vertuschen und iranische Drahtzieher zu decken

Harte Vorwürfe gegen Kirchner

Argentiniens Deals im Schatten des Terrors

Alberto Nisman: Der Staatsanwalt beschuldigt Präsidentin Fernández de Kirchner, Aussenminister Timerman sowie Personen aus dem Umfeld der Präsidentin, die Hintergründe des Bombenanschlages auf das jüdische Kulturzentrum in Buenos Aires von 1994 zu vertuschen und iranische Drahtzieher zu decken.
Alberto Nisman: Der Staatsanwalt beschuldigt Präsidentin Fernández de Kirchner, Aussenminister Timerman sowie Personen aus dem Umfeld der Präsidentin, die Hintergründe des Bombenanschlages auf das jüdische Kulturzentrum in Buenos Aires von 1994 zu vertuschen und iranische Drahtzieher zu decken. (Bild: Reuters)
tjb. São Paulo Die Vorwürfe von Nisman wiegen schwer. Der Staatsanwalt beschuldigt Präsidentin Fernández de Kirchner, Aussenminister Timerman sowie Personen aus dem Umfeld der Präsidentin, die Hintergründe des Bombenanschlages auf das jüdische Kulturzentrum in Buenos Aires von 1994 zu vertuschen und iranische Drahtzieher zu decken. Im 300 Seiten langen Bericht behauptet Nisman, die Regierung habe ab 2011 heimlich mit Teheran verhandelt und im Gegenzug gegen Öllieferungen aus Iran angeboten, die Verwicklung iranischer Funktionäre in den Anschlag zu vertuschen und die Haftbefehle bei Interpol zurückzuziehen. Nisman fordert Ermittlungen gegen Kirchner und die andern Personen sowie die Einfrierung von deren Vermögen.

Iranische Drahtzieher

Beim Bombenanschlag auf das Gebäude der Asociación Mutual Israelita Argentina (Amia) im Juli 1994 in Buenos Aires wurden 85 Personen getötet und 300 verletzt. Beim Täter handelte es sich um einen Libanesen, der von der Autobombe ebenfalls getötet wurde. Es war der schwerste Anschlag in der Geschichte Argentiniens. Zwei Jahre zuvor war bereits ein Bombenanschlag auf die israelische Botschaft in Buenos Aires verübt worden, bei dem 29 Personen starben. Die jüdische Gemeinschaft in Argentinien ist mit rund 300 000 Angehörigen die grösste Lateinamerikas.
Die beiden Anschläge sind bis heute nicht restlos geklärt. Die Untersuchungen wiesen zum Hizbullah und nach Iran. 2006, nachdem der damalige Präsident Néstor Kirchner die ins Stocken geratenen Ermittlungen wieder ins Rollen gebracht hatte, ersuchte Argentinien Interpol um die Festnahme von zehn Personen, die verdächtigt wurden, mit dem Anschlag auf die Amia in Zusammenhang zu stehen. Auf der Liste figurieren iranische Funktionäre wie Rezai, der ehemalige Chef der iranischen Revolutionsgarde, der ehemalige Verteidigungsminister Vahidi sowie der frühere iranische Kulturattaché in Buenos Aires Rabbani, der im Verdacht steht, den Anschlag geplant zu haben.
Dass sich die Beschuldigten jemals der argentinischen Justiz stellen würden, war von vornherein auszuschliessen. 2013 präsentierten die beiden Länder plötzlich ein Memorandum, in dem sie sich auf die Bildung einer gemeinsamen Untersuchungskommission einigten. Iran sollte eine Wahrheitskommission bilden und Argentinien die Untersuchungen einstellen. Der argentinische Kongress gab grünes Licht für das umstrittene Memorandum. Doch die Unterschrift Irans blieb aus, weil die internationalen Haftbefehle nicht rechtzeitig zurückgezogen wurden. Später deklarierte das Bundesgericht das Memorandum als verfassungswidrig.

Abgehörte Telefonate

Nisman behauptet, das Übereinkommen sei ein Resultat des geheimen Ölhandels mit Iran gewesen. Offiziell wird das Erdöl im Austausch gegen argentinisches Getreide gehandelt. Doch der Kern des Handels sei die Begnadigung der iranischen Verdächtigen gewesen, sagt Nisman. Der Staatsanwalt gibt an, Beweismaterial zu haben. So sollen abgehörte Telefongespräche existieren, in denen regierungsnahe Personen mit Rabbani verhandeln.
Präsidentin Kirchner und Aussenminister Timerman schwiegen bisher. Ein Regierungssprecher bezeichnete die Vorwürfe als lächerlich. Nisman wird vorgeworfen, den Fall aufzuwirbeln, um im Vorfeld der Wahlen Stimmung gegen die Regierung zu machen. Falls die Vorwürfe stimmen, bewiese Kirchner Sinn für Realpolitik, jedoch nicht für Moral und Rechtsstaatlichkeit.

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