Berichte über möglichen Ausbau der Militärpräsenz
Was führt Moskau in Syrien im Schild?
Washington streut Berichte, wonach Russland an der syrischen Mittelmeerküste einen Ausbau seiner Truppenpräsenz vorbereiten könnte. Zur Beruhigung der Lage würde das wohl kaum führen.
Seit Tagen kursieren Berichte von anonymen amerikanischen Regierungsbeamten, wonach Russland den Aufbau einer grösseren Militärpräsenz in der Nähe der syrischen Hafenstadt Latakia vorbereitet. Am Samstag legte Aussenminister Kerry in einem Telefongespräch mit seinem russischen Amtskollegen Lawrow die amerikanische Sorge dar, dass eine solche Entwicklung den Konflikt weiter anheizen, die Flüchtlingsströme verstärken und sogar eine Konfrontation mit der amerikanisch geführten Koalition heraufbeschwören könnte, die in Syrien Luftangriffe gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) ausführt.
Fruchtloses Telefongespräch
Die anonymen amerikanischen Beamten hatten berichtet, in der Nähe des internationalen Flughafens von Latakia würden Wohncontainer für mehrere hundert Personen und eine mobile Anlage für die Luftverkehrskontrolle aufgebaut. Zudem hätten die Russen in einem Nachbarstaat – vermutlich ist die Türkei gemeint – Gesuche für Überflüge im ganzen September eingereicht.
Es ging aus der kurzen Mitteilung des State Department zum Telefongespräch zwischen Kerry und Lawrow nicht hervor, ob Lawrow die Berichte bestätigte. Anderseits gab es auch keinen Hinweis darauf, dass er versucht hätte, die amerikanischen Sorgen zu zerstreuen. Laut dem Communiqué des Aussenministeriums wollen die beiden Minister ihren Dialog mit Syrien während der Uno-Generalversammlung später in diesem Monat fortsetzen.
Russland unterhält in Tartus, rund achtzig Kilometer südlich von Latakia, eine kleine Versorgungsbasis für seine Marine. Seit längerem geistern Gerüchte herum, Moskau wolle diese reaktivieren, nachdem das Militärpersonal durch Zivilisten ersetzt worden sei. Sowohl Latakia als auch Tartus sind strategisch wichtige Städte im Kernland der Alawiten und damit der Heimatregion der wichtigsten Stützen von Bashar al-Asads Regime. Die Berichte über die allfälligen russischen Vorbereitungen für eine stärkere Militärpräsenz erfolgen zu einer Zeit, da in Frankreich und Grossbritannien die Rufe danach lauter werden, die Luftangriffe gegen den IS auch auf syrisches Territorium auszuweiten. Hintergrund ist zweifellos die Flüchtlingswelle, die nach Europa schwappt. Ob eine Ausdehnung des Einsatzgebiets der britischen und der französischen Luftwaffe das Kräfteverhältnis verändern würde, ist allerdings fraglich. Schliesslich mangelt es aus amerikanischer Sicht bei der Bekämpfung des IS vor allem an kampfstarken Verbündeten am Boden – vom Dilemma, dass mit den Luftangriffen auf den IS auch der Druck auf das Regime Asad vermindert wird, ganz zu schweigen.
Risiko einer Eskalation
Russland und der Westen stehen sich hinsichtlich des syrischen Krieges auf diplomatischer Ebene unversöhnlich gegenüber. Moskau unterstützt das Asad-Regime aktiv, auch mit Militärberatern, und hält daran fest, dass dieses auch künftig eine Rolle zu spielen hat. Washington und seine Verbündeten betrachten dagegen den Abgang des Präsidenten als Voraussetzung für eine Lösung. Sollte Moskau tatsächlich die Präsenz seiner Streitkräfte in der Levante ausbauen wollen, würde sich diese Gegnerschaft auch auf die militärische Ebene ausdehnen. Zu einer Beruhigung der Lage dürfte dies kaum führen. Vielmehr würde das Risiko steigen, dass es zu einer Eskalation kommt.



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