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Freitag, 11. September 2015

Staatsanleihen Brasiliens Anleihen nur noch Ramsch Die Rating-Agentur Standard & Poor’s hat die Bonitätsnote Brasiliens auf „BB+“ herabgestuft. Damit gelten die Anleihen nicht mehr als investmentwürdig. Die Landeswährung Real wertet um 3 Prozent ab


StaatsanleihenBrasiliens Anleihen nur noch Ramsch

Die Rating-Agentur Standard & Poor’s hat die Bonitätsnote Brasiliens auf „BB+“ herabgestuft. Damit gelten die Anleihen nicht mehr als investmentwürdig. Die Landeswährung Real wertet um 3 Prozent ab

© DPAEs geht nicht voran in Brasilien.
Mit einer weiteren Abwertung um 3 Prozent reagierte der brasilianische Real auf das vernichtende Urteil der Ratingagentur Standard & Poor’s, die brasilianische Staatsanleihen am Mittwochabend auf Ramschniveau (BB+) herabgestuft hatte. Ein Euro kostet aktuell 4,33 Real und damit 35 Prozent mehr als Ende 2014. Die Ratingagentur, die weitere Herabstufungen androhte, begründete ihren Schritt mit der abermaligen Korrektur der Haushaltsziele durch die brasilianische Regierung. Diese plant für 2016 nun einen Haushalt, in dem nicht einmal ein kleiner Teil der Zinszahlungen auf die Staatsschulden erwirtschaftet würde.
Erst im Juli hatte die Regierung das Ziel für den primären Haushaltsüberschuss, also vor Zinszahlungen, von 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf 0,7 Prozent gesenkt. Ende August legte sie dann einen Budgetentwurf vor, der für 2016 ein Primärdefizit von 0,3 Prozent des BIP vorsieht. Brasiliens gesamtes Staatsdefizit liegt heute bereits über 8 Prozent des BIP. „Politische Herausforderungen“ beeinträchtigten „die Fähigkeit und den Willen der Regierung“, die zu Jahresanfang angekündigten Korrekturen der Staatsfinanzen umzusetzen, schreiben die Analysten von Standard & Poor’s.
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Die linksgerichtete Staatschefin hatte nach ihrer Wiederwahl Ende 2014 den liberal-konservativen Bankmanager Joaquim Levy zum neuen Finanzminister berufen. Levys wichtigster Auftrag: Die Wahrung der Kreditwürdigkeit Brasiliens. Dass der Minister dabei nun zu scheitern droht, liegt nicht fehlenden Anstrengungen seinerseits. Unentwegt legt Levy neue Vorschläge für Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen vor, die jedoch bereits im Kabinett oder – trotz theoretischer Mehrheit der Regierungsparteien – spätestens im Parlament verworfen werden. Die Auswirkungen des gigantischen Korruptionsskandals um den staatlich kontrollierten Ölkonzern Petrobras, in den zahlreiche Politiker der Regierungskoalition verwickelt sind, hätten die „kurzfristige politische Unsicherheit erhöht“, konstatiert Standard & Poor’s. Die Wirtschaft steckt in der schwersten Rezession seit 25 Jahren.
Für die meisten Beobachter kam die Herabstufung Brasiliens nicht unerwartet, aber unerwartet früh. Viele hatten mit einer Herabstufung auf Ramschniveau im Laufe des nächsten Jahres gerechnet, nicht jedoch schon vor Jahresende. Brasilien drohe nun ein Abzug von ausländischem Kapital, erklärte der ehemalige Zentralbank-Chef Carlos Longoni. Vor allem der Real werde noch stärker unter Druck kommen. Viele institutionelle Anleger wie Staats- und Pensionsfonds dürften nur in Anlagen investieren, die als „Investment Grade“ (anlagewürdig) eingestuft werden, erklärt Longoni.
Bei den zwei anderen führenden Ratingagenturen Moody’s und Fitch wird Brasilien bisher noch mit dem begehrten Gütesiegel bewertet. Moody’s hatte die Note im August auf eine Stufe über Ramschstatus gesenkt, die Perspektiven jedoch als stabil bezeichnet. Nur ein besonderes Ereignis würde vor Ablauf der nächsten zwölf Monate eine Neubewertung erforderlich machen, hieß es zuletzt bei Moody’s. Fitch bewertet Brasilien noch zwei Stufen über Ramschniveau, hat jedoch bereits seit längerem eine Neubewertung angekündigt. Sollte eine weitere Agentur ihr Brasilien-Rating auf Ramsch herabsetzen, müssten viele Fonds ihre Brasilienanlagen verkaufen, warnt die Bank J.P. Morgan.

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