Mittwoch, 17. Juni 2015

Ukraine-Krise EU will Sanktionen gegen Russland verlängern Die EU hat sich offenbar auf eine Verlängerung der Sanktionen gegen Russland geeinigt. Die Bundesregierung warnt indes vor einem neuen Wettrüsten. Außenminister Steinmeier kritisiert die jüngsten Äußerungen Wladimir Putins als „unnötig“.


Ukraine-KriseEU will Sanktionen gegen Russland verlängern

Die EU hat sich offenbar auf eine Verlängerung der Sanktionen gegen Russland geeinigt. Die Bundesregierung warnt indes vor einem neuen Wettrüsten. Außenminister Steinmeier kritisiert die jüngsten Äußerungen Wladimir Putins als „unnötig“.

© DPAVergrößernRussland zeigt zur Zeit auf einer Waffenmesse bei Moskau sein militärisches Können
Die EU-Staaten haben sich auf eine Verlängerung der wegen der Ukraine-Krise verhängten Wirtschaftssanktionen gegen Russland verständigt. Die Botschafter der 28 EU-Mitglieder hätten am Mittwoch einen „Konsens“ zu einem Text gefunden, durch den die Strafmaßnahmen bis Ende Januar 2016 verlängert würden, teilten EU-Vertreter in Brüssel mit. Der Beschluss könne in den kommenden Tagen formell angenommen werden. Die Sanktionen waren seit dem Sommer vergangenen Jahres gegen Russland verhängt worden und galten zunächst für ein Jahr.
„Das ist die Umsetzung der Entscheidung der Staats- und Regierungschefs, die im März getroffen wurde“, hieß es in Brüssel. Damit sollten die Sanktionen an Termine angepasst werden, die im Friedensabkommen von Minsk vorgesehen sind. So bleibe noch Zeit, die Umsetzung von Minsk zu bewerten, bevor abermals entschieden werden müsse. Über die Fortschritte bei der Umsetzung des Abkommens von Minsk wollen Frankreichs Außenminister Laurent Fabius und seine Amtskollegen aus Deutschland, Russland und der Ukraine, Frank-Walter Steinmeier, Sergej Lawrow und Pawlo Klimkin, in Paris unterhalten.
Ein Sprecher von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte in Berlin, dass eine Verlängerung der Sanktionen auf „einem der nächsten Räte“ der EU-Staaten als Beschluss ohne Diskussion geplant sei. Der Beschluss stehe „unmittelbar bevor“.
Die EU hatte Protagonisten der Ukraine-Krise zunächst mit Reise- und Vermögenssperren belegt. Der mutmaßliche Abschuss des Passagierflugzeugs MH17 löste eine deutliche Verschärfung der Sanktionen aus. Die EU verhängte Ende Juli 2014 erstmals Wirtschaftssanktionen, die dann im September nochmals verschärft wurden. Sie richten sich unter anderem gegen russische Staatsbanken, den Im- und Export von Rüstungsgütern sowie die wichtige russische Öl- und Gasindustrie

„Alte Reflexe sind noch lebendig“

Die Bundesregierung hatte zuvor die Pläne des russischen Präsidenten Wladimir Putin zur Stationierung neuer Interkontinentalraketen kritisiert. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) warnte am Mittwoch in Berlin vor einem neuen Wettrüsten zwischen Ost und West. Putins Ankündigung sei „unnötig und sicher kein Beitrag zu Stabilität und Entspannung in Europa“. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, dies sei „kein wirklich hilfreicher Beitrag zur Überwindung der Schwierigkeiten, die gegenwärtig bestehen“.
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Steinmeier sagte dazu dem Internet-Nachrichtenportal „Spiegel Online“: „Die alten Reflexe aus dieser Zeit sind offenbar noch lebendiger, als wir das noch bis ins letzte Jahr gedacht haben. Ich kann nur davor warnen, solchen Reflexen nachzugeben und in eine beschleunigte Eskalationsspirale der Worte und dann auch der Taten einzutreten.“ Aus Moskau werde jetzt „mehr konstruktives Zutun als in der letzten Zeit“ gebraucht.
Der Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte unter Anspielung auf die Vereinigten Staaten, es gebe „Maßnahmen zur Veränderung des strategischen Gleichgewichts der Kräfte“. Dies könne Moskau "natürlich nur beunruhigen". Russland sei dadurch gezwungen, „Maßnahmen zur Gewährleistung seiner Interessen und seiner Sicherheit zu ergreifen“. Die Ankündigung, das russische Atomwaffenarsenal zu verstärken, sei kein Grund zur Beunruhigung. Es gehe Moskau nicht um eine „Konfrontation“, fügte Peskow hinzu. Russland strebe im Gegenteil "konstruktive und für beide Seiten nutzbringende Beziehungen" mit seinen Partnern an.

Stoltenberg will Russland antworten

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hatte die russische Nuklear-Aufrüstung scharf kritisiert. „Das nukleare Säbelrasseln Russlands ist ungerechtfertigt, destabilisierend, und es ist gefährlich“, sagte Stoltenberg am Dienstagabend in Brüssel nach einem Besuch beim EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker. Stoltenberg meinte weiterhin zu den russischen Plänen: „Wir antworten“. Die Nato erhöhe ihre Präsenz im östlichen Teil des Bündnisgebietes, fügte er mit Blick auf die Rolle der westlichen Militärallianz an.
Der Zeitung „Bild" sagte Stoltenberg, die Sicherheitslage habe sich verändert.Das in Polen stattfindende Nato-Manöver „Noble Jump" sende „ein klares Signal, dass unser Bündnis bereit, willens und in der Lage ist, mit allen Herausforderungen fertig zu werden, die auf uns zukommen." Er betonte, die Nato strebe keine Konfrontation, sondern ein konstruktives Verhältnis zu Russland an. „Aber so ein Verhältnis muss darauf basieren, dass Grenzen, Regeln und Vereinbarungen respektiert werden." An „Noble Jump" ist auch die Bundeswehr beteiligt. Ziel der Übung der neuen schnellen Eingreiftruppe der Nato ist es, neue Abläufe für den Ernstfall zu trainieren. Für Donnerstag ist eine Demonstration der Einsatzfähigkeit mit Gefechtsmunition geplant. Dazu werden unter anderen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und Stoltenberg erwartet.
Die neue Krisentruppe der Nato wird wegen des Konflikts in der Ostukraine vor allem als Abschreckung gegen Russland aufgebaut. Sie soll im Kern eine rund 5000 Soldaten starke Landsstreitkräfte-Komponente umfassen. Als mögliche Einsatzorte der sogenannten Speerspitze gelten die Bündnisstaaten im Baltikum. Länder wie Litauen, Lettland und Estland fühlen sich besonders von der aktuellen russischen Politik bedroht.

Nato-Kampfflugzeuge steigen auf

In diesem Zusammenhang hat die Nato heute bekannt gegeben, dass sie innerhalb von zwei Tagen insgesamt neun russische Militärflugzeuge vor der Küste des baltischen EU-Staates Lettland gesichtet hat. Zur Sicherheit seien Nato-Kampfflugzeuge aufgestiegen, teilte die lettische Armee im Kurznachrichtendienst Twitter mit.
Nahe der Grenze seien am Mittwoch im internationalen Luftraum zwei Mittelstreckenbomber und zwei Abfangjäger geortet worden, hieß es. Bereits am Dienstag waren demnach zwei Aufklärungsflugzeuge, zwei Abfangjäger und eine Transportmaschine entdeckt worden. Rund 50 Kilometer vor der lettischen Seegrenze wurden zudem ein U-Boot sowie zwei weitere russische Kriegsschiffe gesehen.
An den Grenzen der EU-Staaten Lettland, Estland und Litauen hat es seit Beginn der Ukraine-Krise vermehrt Sichtungen russischer Militärflugzeuge und Kriegsschiffe gegeben. Auch die Nato verstärkte ihre Aktivitäten in der Region. Durch die Vorfälle verschärften sich die Spannungen zwischen Russland und dem Westen.

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