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Montag, 1. April 2013

Die künstliche Geldschaffung geht nicht immer gut Diese künstliche Geldschaffung konnte nur gut gehen, solange die Einleger von Kupfermünzen nicht alle gleichzeitig die Noten wieder gegen die Münzen eintauschen wollten


Mayers WeltwirtschaftBrauchen Banken den Staat?

 ·  Griechenland reißt seine Banken in den Abgrund. Irland und Spanien gerieten wegen ihrer Banken an den Rand der Insolvenz. Die Eurokrise zeigt: Staaten und Banken bringen einander immer wieder in Schwierigkeiten. Das könnte nur ein neues Geldsystem ändern.
© SCHMITT, FELIXDie Skyline von Frankfurt
In der Eurokrise hat sich die enge Verbindung von Staaten und Banken als ein besonderes Problem erwiesen. In Irland und Spanien brachte die Schieflage von Banken den Staat an den Rand der Insolvenz. Ein überschuldeter Staat riss in Griechenland die Banken in den Abgrund und stellt in Italien und Portugal eine schwere Belastung für sie da. Nach Äußerungen des holländischen Finanzministers und Chefs der Eurogruppe Dijsselbloem soll nun die Umstrukturierung der Banken im kleinen Zypern als Modell für die Behebung von zukünftigen Bankenkrisen dienen und den Weg zu einer Trennung von Banken und Staaten in einer europäischen Bankenunion weisen.
Doch taugt das kleine Zypern kaum als Blaupause für die Behebung von Bankenkrisen in der Europäischen Währungsunion (EWU). Trotz gegenteiliger Behauptungen der EZB gingen von einer Umstrukturierung oder gar Abwicklung der zyprischen Banken keine systemischen Risiken aus. Wirklich systemisch wichtige Banken lassen sich nicht so leicht vom Staat trennen, wie es das zyprische Beispiel suggeriert. Deshalb wird die Bankenunion auch kaum zur gewollten Trennung von Banken und Staat führen. In dieser Union wird die Verbindung von Banken und Staat nur von der nationalen auf die europäische Ebene gehoben.

Banken sind in unserem System immer einem Krisen-Risiko ausgesetzt

Der Grund dafür ist, dass in unserem Bankensystem mit teilweiser Reservehaltung und Forderungen der Banken an den Staat, die das Eigenkapital der Banken übersteigen, diese prinzipiell immer dem Risiko von Liquiditätskrisen und staatlichen Schuldenkrisen ausgesetzt sind. Sind diese Banken eng miteinander verbunden, stellen sie unweigerlich ein Risiko für das gesamte Bankensystem dar. Ein solches System braucht zum Risikomanagement eine staatliche Zentralbank, die im Notfall im Auftrag des Staates großen Banken und ihm selbst als Kreditgeber der letzten Instanz gesetzliche Zahlungsmittel zur Begleichung von Schulden verschaffen kann.
Für eben diesen Zweck wurden staatliche Zentralbanken ins Leben gerufen. Die Entstehung der schwedischen Reichsbank, der ältesten staatlichen Zentralbank der Welt, ist dafür das beste Beispiel. Im Jahr 1656 verlieh der schwedische König dem Geschäftsmann Johan Palmstruch und seinen Partnern ein königliches Patent, das sie berechtigte, die erste Bank Schwedens zu gründen. Die Bank lieh sich dreihunderttausend Speciedaler, eine in dieser Zeit gebräuchliche norwegische Silbermünze, gegen ungemünztes Edelmetall, Waren, Grundbesitz und andere Wertgegenstände als Sicherheit. Mit diesem Kapital gewährte sie dem König und anderen Kredit.
Für den König hatte sich damit eine ergiebige Kreditquelle aufgetan, brauchte er sich nun doch selbst nicht mehr um Darlehen bei privaten Geldverleihern zu bemühen. Im Gegenzug dafür hatten sich Palmstruch und seine Partner mit dem königlichen Patent eine wahre Geldruckmaschine geschaffen. Denn die Bank nahm Kupfermünzen als Einlagen an und gab Einlagezertifikate in Form von Papiernoten aus, die zuvor nur in China als Geld benutzt worden waren.
Das Geschäft erwies sich schnell als Erfolg, bald wurden die Noten von vielen als Zahlungsmittel akzeptiert. Die Gelddruckmaschine konnte mit der Arbeit beginnen. Dazu bediente sich die Bank der schon in der Antike gebräuchlichen Technik der teilweisen Reservehaltung. Dies machte es möglich, dass sie mehr Noten ausgeben konnte, als sie Einlagen in Form von Kupfermünzen erhalten hatte.
Die Bank behielt nur einen Teil der Einlagen als Deckungsstock für die ausgegebenen Noten und schuf gegen den anderen Teil zusätzliche Noten, die sie in Form von Darlehen in Umlauf brachte. Dazu brauchte sie nur Kreditverträge abzuschließen und den Kreditnehmern die Kreditsumme in Form von selbst gedruckten Banknoten auszuhändigen. Dem Zinseinkommen standen nur die Druckkosten für die Noten gegenüber. Auf diese Weise stieg der Nominalwert der ausgegebenen Noten weit über den der als Depositen angenommenen Kupfermünzen, für die die Noten eigentlich stehen sollten.

Die künstliche Geldschaffung geht nicht immer gut

Diese künstliche Geldschaffung konnte nur gut gehen, solange die Einleger von Kupfermünzen nicht alle gleichzeitig die Noten wieder gegen die Münzen eintauschen wollten. Da die Noten als Zahlungsmittel beliebt waren, schien dies unwahrscheinlich. Doch als der Kupferpreis stieg, trat das Unwahrscheinliche ein: Viele wollten auf einmal ihr Geld in Münzen abheben. Da die Bank die erforderliche Zahl an Münzen nicht besaß, geriet sie in Zahlungsschwierigkeiten. Für den König war das eine missliche Angelegenheit, brachte dies doch das königliche Patent in Verruf und ihn um eine Kreditquelle.
Um die Insolvenz und die damit verbundenen Verluste für die Einleger und den Reputationsschaden zu vermeiden, übernahm 1664 die königliche Regierung die Bank. Sie versprach, alle Papiernoten wieder auf Verlangen gegen Kupfermünzen einzutauschen. Da sie dieses Versprechen jedoch aus Mangel an Kupfergeld nicht sofort einlösen konnte, erklärte sie die Papiernoten kurzer Hand zu ihrem Nennwert vorläufig zu einem gesetzlichen Zahlungsmittel. Damit musste ein Gläubiger die Begleichung einer Schuld mit Papiernoten akzeptieren und konnte nicht auf Kupfermünzen bestehen.

Die Geschichte lehrt, wie sich der Staat entschulden kann

Für die Bankenkrise musste ein Schuldiger gefunden werden. 1668 wurde Palmstruch verurteilt, für die Verluste aufzukommen. Sollte ihm dies nicht möglich sein, wurde ihm die Todesstrafe angedroht. Im gleichen Jahr wurde Palmstruchs Bank der Überwachung des Parlaments unterstellt und damit offiziell zur Staatsbank - seit 1867 nennt sie sich „Sveriges Riksbank“, die schwedische Reichsbank. Doch ganz so ernst nahm man die Haftung Palmstruchs für den Schaden nicht. Möglicherweise fand man auch, dass sich der Schaden zum Nutzen für den Staat gewendet hatte. Nachdem die Aufregung um ihn abgeebbt war, wurde er aus dem Gefängnis entlassen und begnadigt. Allerdings konnte er seine Freiheit nicht lange genießen - er starb ein Jahr später.
Die Geschichte von Palmstruchs Bank weist auf Merkmale hin, die auch dem heutigen Bankgeschäft wesentlich sind: die enge Beziehung zum Staat, die Gefahren der teilweisen Reservehaltung für Bankeinlagen, die Notwendigkeit einer staatlichen Zentralbank zum Umgang mit diesen Gefahren und die Möglichkeit der Entschuldung des Staates dadurch, dass er seine Schuldscheine zum gesetzlichen Zahlungsmittel erklärt.

Wöllte man die Banken von den Staaten trennen, müsste man das System ändern

Wenn man die Banken wirklich von den Staaten trennen wollte, müsste man diese Merkmale des Bankgeschäfts ändern. Also müsste man den Banken verbieten, Staatsanleihen in einem über die für Großkredite geltenden Grenzen hinaus zu halten. Auch müsste man die Möglichkeit der teilweisen Reservehaltung abschaffen und die Verpflichtung zur vollständigen Deckung der Sichteinlagen mit Zentralbankgeld einführen. Dadurch würde es den Banken unmöglich, über die Kreditvergabe selbst Geld zu schaffen.
Wenn dadurch die Banken gegen eine staatliche Insolvenz immun und für den Wunsch der Einleger, ihre Depositen in jeder gewünschten Höhe in Zentralbankgeld eintauschen zu können gewappnet wären, wäre auch eine staatliche Zentralbank als Kreditgeber der letzten Instanz überflüssig.

Nichts davon findet sich in Vorschlägen für die Bankenunion

Doch nichts davon findet sich in den Vorschlägen für die europäische Bankenunion. Vielmehr soll die auf der Ebene der EWU-Teilnehmerstaaten unvollständige Symbiose zwischen Banken und Staat, die den Bestand der Währungsunion gefährden kann, auf der Euro-Ebene wieder hergestellt werden. Dafür soll die EZB die Hoheit über die Bankenaufsicht bekommen und dafür soll ein einheitlicher Mechanismus zur Umstrukturierung und Abwicklung von Banken geschaffen werden. Dafür soll auch der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) direkt die Rekapitalisierung von Banken finanzieren können. Und dafür wird man letzten Endes auch eine gemeinsame Einlagenversicherung schaffen müssen.
Es geht hier also um nichts anderes als den Aufbau von staatlichen Strukturen für das Bankwesen auf Euroland-Ebene. Je nach Ausgestaltung dieser Strukturen muss mehr oder weniger nationalstaatliche Souveränität auf die europäische Ebene verlagert werden.
Prinzipiell gilt, dass umso mehr nationale Souveränität abgegeben werden muss, je höher die Staaten bei den Banken verschuldet sind und damit für diese Klumpenrisiken darstellen, und je mehr die Banken Kredite durch Geldschaffung finanzieren anstatt sie mit Eigenkapital zu unterlegen. Denn je mehr dies der Fall ist, umso größer ist die Notwendigkeit einer staatlichen Zentralbank als Kreditgeber der letzten Instanz für Banken und Mitgliedsstaaten der EWU, die im Notfall gesetzliches Zahlungsmittel zur Begleichung von Schulden schaffen und an systemisch wichtige Schuldner ausgeben kann.
Eine solche Zentralbank muss in eine staatliche Struktur eingebettet sein. Denn wenn sie dies nur lose oder überhaupt nicht ist, dann schafft sie sich diese Struktur selbst und wird zum Staat im Staat. Wie Alternativen zu unserer heute bestehenden Geldordnung aussehen könnten und was diese für die Organisation der EWU bedeuten würden möchte ich hier nächste Woche erörtern

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