Brisanter UntersuchungsberichtKaufrausch stürzte Bank of Cyprus in den Ruin
08.04.2013 · Zyperns Großbanken haben griechische Staatsanleihen noch gekauft, als Athens Pleite bereits absehbar war. Erhebliche Manipulationen mit eventuell kriminellem Hintergrund stehen dahinter.
Von MICHAEL MARTENS, ATHEN
Erhebliche Manipulationen mit eventuell kriminellem Hintergrund haben die zyprischen Großbanken an den Rand des finanziellen Abgrunds gebracht. Das ist das Ergebnis von Untersuchungen über das Geschäftsgebaren der Geldinstitute, die nun an die Öffentlichkeit gelangt sind. Im Mittelpunkt der Enthüllungen stehen Unregelmäßigkeiten beim Kauf griechischer Staatsanleihen.
Die beiden größten zyprischen Banken - die Bank of Cyprus und die im Prozess der Abwicklung befindliche Laiki Bank - waren nach dem im März 2012 zwischen Griechenlands Geldgebern und der Athener Regierung vereinbarten Schuldenschnitt auf griechische Staatsanleihen in Schieflage geraten. Sie hatten große Summen in diese Papiere investiert.
Griechische Anleihen für 300 Millionen Euro an einem Tag
Die nun bekannt gewordenen Details konzentrieren sich auf die Vorgänge in der Bank of Cyprus. Führende Manager der Bank hatten noch im Dezember 2009 versichert, dass die Bank nur für etwa 100 Millionen Euro Athener Staatsanleihen besitze, also kaum gefährdet sei. Zu diesem Zeitpunkt war Griechenlands drohende Zahlungsunfähigkeit längst ein Diskussionsthema in Europa. Zwar schloss Griechenlands damaliger Finanzminister Giorgos Papakonstantinou einen Schuldenschnitt seinerzeit noch kategorisch aus, doch galt ein solcher Schritt längst als wahrscheinlich.
Auffällig ist daher, dass sich die Bank of Cyprus im Dezember 2010 und Anfang 2011 in einen regelrechten Kaufrausch hineinsteigerte. Allein an einem Tag Mitte Dezember 2010 erwarb sie griechische Staatsanleihen im Nominalwert von mehr als 300 Millionen Euro. Im Januar 2010 kaufte die Bank für mehr als 400 Millionen Euro griechische Staatsanleihen. Diese Politik setzte sich über Monate fort, bis die Bank im Oktober 2010 schließlich griechische Staatsanleihen im Nominalwert von mehr als 2 Milliarden Euro besaß - erworben zu einem Zeitpunkt, als deren Wertverlust absehbar war.
„Absolutes Gewinnstreben“
Diese Angaben beruhen auf Erkenntnissen der von Nikosia mit der Untersuchung beauftragten Wirtschaftsberatungsfirma „Alvarez & Marsal“, die an zyprische Medien durchsickerten. Die Prüfer des auf die Auswertung von Sanierungsfällen spezialisierten Unternehmens gelangten unter anderem nach der Durchsicht des E-Mail-Verkehrs führender Manager zu dem Schluss, bei der Bank of Cyprus habe ein „absolutes Gewinnstreben“ geherrscht habe, besonders vor der Veröffentlichung von Quartalsberichten. Dies habe dazu geführt, dass selbst offenkundige Risiken ausgeblendet wurden.
Hinzu kommt laut Angaben der Prüfer, dass führende Manager der Bank of Cyprus sowohl Entscheidungen über waghalsige Investitionen fällten als auch in der Abteilung für Risikoabwägung das letzte Wort hatten, wo ihnen niemand zu widersprechen gewagt habe. Von einem „Interessenkonflikt“ ist die Rede. Dadurch hätten die zuständigen Kontrollgremien „vermutlich“ ihre Rolle, risikoreiche Investitionen in Frage zu stellen, nicht erfüllt.
Daten entfernt
Auch sei die zyprische Notenbank zu selten und zu spät über die Investitionen der Bank of Cyprus informiert werden. So habe die Zentralbank im März 2010 von der Bank eine Auskunft über den Umfang der von dem Institut gehaltenen griechischen Staatsanleihen angeordnet, aber keine schriftliche Antwort erhalten. Aus unklaren Gründen habe die Notenbank dann nicht nachgehakt.
Alvarez & Marsal stellten auch fest, dass wichtige Daten von Computern zweier führender Manager der Bank of Cyprus gelöscht worden seien. Von einem Rechner seien im Oktober 2012 „massenhaft“ Daten entfernt worden, heißt es in dem Bericht, der Zyperns Parlament übergeben wurde. Damit wurde bewusst eine Anweisung der zyprischen Zentralbank vom August 2012 missachtet, dass die Banken keine Daten löschen dürfen. Notenbankchef Panikos Dimitriadis hat nun angekündigt, nächster Untersuchungsgegenstand seien die Käufe von Athener Anleihen durch die Laiki-Bank. Zyperns zweitgrößtes Institut hatte noch ungehemmter in die Papiere investiert.
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