Einleger besser schützen
Als flankierende Massnahme wurde der Umfang des Einlegerschutzes im Dezember 2008 von 30 000 Fr. auf 100 000 Fr. erhöht. Die Systemobergrenze, d. h. das maximale Volumen der Vorfinanzierungen im Rahmen des Einlegerschutzes, wurde gleichzeitig von 4 Mrd. Fr. auf 6 Mrd. Fr. erhöht. Die Stützung durch den Staat und die Verbesserung des Einlegerschutzes gaben der UBS AG den nötigen Halt. Dies eigentlich ungeachtet der Tatsache, dass zumindest die Erhöhung des Einlegerschutzes für UBS-Einleger keine nachhaltige Verbesserung darstellte. Egal, ob 4 Mrd. Fr. und 30 000 Fr. oder 6 Mrd. Fr. und 100 000 Fr. – für eine Ausbezahlung der privilegierten Einlagen der UBS würde das schweizerische Einlegerschutzsystem nie und nimmer ausreichen. Die privilegierten Einlagen bei der UBS AG übersteigen die Systemobergrenze des schweizerischen Einlegerschutzes nämlich massiv.
Die Politik hatte – ungern – eingegriffen. Dies sollte sich nicht wiederholen. Daher wurde das Bankengesetz angepasst und grosse Banken (sog. «Too big to fail»-Institute) haben speziellen Regulierungsanforderungen zu genügen. Sie müssen mehr Kapital halten als kleinere Banken. Zudem wurde das Bankensanierungsrecht revidiert. Die Sanierung bei laufendem Betrieb – spezifisch auch für den Fall einer Grossbankensanierung – sollte bei zukünftigen Fällen möglich werden. Schlagworte dazu sind die Bildung einer Übergangsbank, die Aufteilung in eine gute und eine schlechte Bank, sowie auch die Sanierung unter Einbezug der Gläubiger mittels Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital. Nachdem die gesetzliche Grundlage gelegt worden war, wurden inzwischen die Details in einer Finma-Bankensanierungsverordnung festgeschrieben. Diese ist seit Ende 2012 in Kraft.
Sanierungsrecht, Einlegerschutz und die besondere Privilegierung der Kundeneinlagen in Spar- und Anlageform gehen in der Schweiz auf die Krise der 1930er Jahre zurück. Konkret floss der Einlegerschutz in das 1934 eingeführte Bundesgesetz über die Banken und Sparkassen, kurz Bankengesetz, ein. Verankert wurde anfänglich ein Betrag von 5000 Fr. 1971 wurde der Umfang von 5000 Fr. auf 10 000 Fr. erhöht. Im Zuge der SP-Bankeninitiative wurde der Einlegerschutz 1984 im Selbstregulierungsbereich angepasst. Der Betrag wurde auf 30 000 Fr. pro Einleger erhöht, und auch die Definition der privilegierten Gelder wurde erweitert. Einer ernsthaften Belastungsprobe wurden aber weder Einlegerschutz noch Sanierungsrecht bis dahin unterzogen.
Das änderte sich 1991: Die angeschlagene Spar- und Leihkasse Thun erhielt im Oktober 1991 zwei Wochen Zeit, um neues Eigenkapital zu beschaffen oder eine Bank zu finden, die gewillt war, die Bank zu übernehmen. Da beides nicht gelang, wurde der Bank von der Eidgenössischen Bankenkommission die Betriebsbewilligung entzogen und die Liquidation eröffnet. Der Einlegerschutz kam zum Zug. Die privilegierten Einleger erhielten im Laufe der Zeit ihr Geld zurück, die übrigen Gläubiger schrieben einen Teil des Geldes ab. Die Aktionäre verloren alles. Rund die Hälfte der zirka 200 Regionalbanken verlor in der Folge die wirtschaftliche Selbständigkeit. Es waren Banken, die entweder 1991 selber in Schieflage waren oder die in der Folge der Schliessung der SLT unter einem Vertrauensverlust litten. Der Grossteil der (angeschlagenen) Banken wurde von Gross- und teilweise auch von Kantonalbanken übernommen. Der Einlegerschutz wurde nicht zusätzlich belastet.
Aus fünf mach zwei
Diese Entwicklung führte gegen Ende der 1990er Jahre – insbesondere auch nach der Fusion von Bankverein und Bankgesellschaft zur UBS AG – zu einer Konzentration der Risiken, heute diskutiert unter dem Schlagwort «too big to fail». Innerhalb von rund 10 Jahren waren nämlich aus fünf Grossbanken zwei Grossbanken geworden, zwei Kantonalbanken verschwunden, und auch rund die Hälfte der Regionalbanken hatte die wirtschaftliche Selbständigkeit verloren. Das Schweizer Bankensanierungsrecht könnte in einer ähnlichen Situation wie heute auf Zypern angewendet werden.
Daraus die Schlussfolgerung zu ziehen, dass die Schweiz und die Schweizer Banken – auch aufgrund der Rechtssicherheit – von den Vorkommnissen in Zypern im Privatkundengeschäft nur profitieren und keinesfalls von der Zypernkrise negativ getroffen werden könnten, wäre jedoch zu optimistisch. Ein Ausfall Zyperns oder Griechenlands könnte gemessen an den direkten Engagements von Schweizer Banken sicherlich verkraftet werden. Doch bei der Beurteilung der Risiken sollte man auch die enge Verbundenheit der Schweizer Banken mit dem europäischen Geld- und Kapitalmarkt durch das stark vernetzte Interbankengeschäft berücksichtigen.
Eine Untersuchung der Daten des vierteljährlichen bankenstatistischen Reporting an die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) per 30. September 2012 hat gezeigt, dass sich zwar die gefährdeten Positionen der Schweizer Banken gegenüber Griechenland und Zypern im lediglich einstelligen Milliardenbereich bewegen und verglichen zum Reporting per Ende 2011 sogar weiter reduziert wurden. Jedoch ist die starke Vernetzung der Schweizer Banken mit französischen, italienischen und spanischen, aber auch deutschen und UK- bzw. US-Banken durchaus weiterhin gegeben.
Unterkapitalisierte Banken
Szenario-Analysen, die von möglichen, unterschiedlich starken Ansteckungseffekten («contagion») der Zypern- bzw. Griechenlandkrise sowohl auf europäische als auch auf globale Finanzinstitute ausgehen, belegen ein nicht zu unterschätzendes Gefahrenpotenzial auch für Schweizer Banken: In dem im heutigen Marktumfeld durchaus nicht unrealistischen Verlustszenario, mit Wertberichtigungen von 5% der gewichteten Positionen gegenüber Banken in den obenerwähnten Staaten, ergäbe sich für Schweizer Banken ein erwarteter Verlust von etwa 23 Mrd. Fr., in einem pessimistischen Ausblick mit Wertberichtigungen in Höhe von 10% dieser rapportierten Interbanken-Positionen sogar Verluste von etwa 34 Mrd. Fr. Unter der Annahme, dass ein Grossteil dieser Interbanken-Geschäfte von den zwei Schweizer Grossbanken getätigt wurde und diese daher auch hauptsächlich diese Verluste zu tragen hätten, drängt sich die Frage der Widerstandsfähigkeit («resilience») bzw. ausreichenden Eigenmittelausstattung der Grossbanken auf. Die Analyse des CET-1-Kapitals («Common Equity Tier 1») beider Grossbanken unter der vollständigen Anwendung von «Basel III», welches von einer engeren Definition des «harten, völlig verlusttragenden Kernkapitals» ausgeht, zeigt, dass sich die CET-1-Ratio von durchschnittlich 8,4% auf 4,6% im realistischeren Szenario und gar auf 2,8% im pessimistischen Szenario verschlechtern würde.
Bedenkt man, dass Banken unter «Basel III» die Minimalanforderung von 7% CET-1-Ratio erfüllen müssen und dass für die Schweizer Grossbanken aufgrund der «Too big to-fail»-Regulierung noch höhere Vorgaben gesetzt wurden, erkennt man schnell, dass eine Bankenkrise im EU-Raum auch jederzeit auf die Schweiz übergreifen könnte und beide Grossbanken erneut vor grosse Herausforderungen stellen würde. Aufgrund eines dringenden Bedarfs an zusätzlichem, verlusttragendem Eigenkapital wäre dann die Möglichkeit einer Umwandlung von Fremdkapital der Banken (d. h. im «worst case» bis hin zu nichtprivilegierten Einlagen) in Eigenkapital bei einer allfälligen Bankensanierung auch in der Schweiz in Betracht zu ziehen.
Suzanne Ziegler-Peter leitet die Abteilung Banking, Finance, Insurance der ZHAW School of Management and Law. Sandra Schreiner ist Dozentin an der Fachstelle für Accounting und Controlling derselben Abteilung.
Hohe Verluste für vermögende Einleger zypriotischer Krisen-Banken
Zypern sucht weiter nach Wegen aus seiner Bankenkrise. Dabei werden die Abschläge, welche vermögende Sparer bei den beiden grossen zypriotischen Krisen-Banken hinnehmen sollen, immer grösser. Einlagen bis zu 100 000 € sollen zwar geschützt bleiben, doch bei darüber liegenden Beträgen droht Einlegern bei der in Sanierung begriffenen Bank of Cyprus laut neuesten Angaben von Zyperns Finanzminister Michalis Sarris ein Verlust von bis zu 60%.
Noch schlimmer ist die Situation für die Sparer der zweitgrössten Bank, der Laiki-Bank. Diese soll abgewickelt werden. Einlagen sollen dort bis zu einem Betrag von 100 000 € gesichert werden, indem sie an die Bank of Cyprus übergeführt werden. Dafür, dass die Sparer vom Rest ihrer Gelder in Zukunft wenigstens einen Teil zurückerhalten, soll eine Insolvenzverwalterin sorgen. Sie will nun Immobilien verkaufen.
Die Aussicht, einen Grossteil ihrer Bankeinlagen zu verlieren, macht auch vielen Unternehmen zu schaffen. Zahlreiche kleinere Unternehmer hätten bereits Angestellte entlassen. Andere handelten neue Arbeitsverträge mit ihren Angestellten aus – mit 30% weniger Lohn, wie es aus Kreisen des Händler- und Kleinunternehmer-Verbandes hiess.
Die zypriotische Justiz prüft derweil Vorwürfe zu angeblichen Kredit-Begünstigungen für Politiker. Griechische Medien hatten eine Liste mit Namen von Politikern veröffentlicht, die zwischen 2007 und 2012 Darlehen von den zwei in Schieflage geratenen Banken erhalten haben sollen. Viele der Beschuldigten wiesen die Vorwürfe indes zurück.
Ausserdem soll eine aus Richtern zusammengesetzte Kommission Gerüchten nachgehen, laut denen Insider kurz vor der mehrtägigen Bankenschliessung grosse Summen von ihren Konten abgehoben oder ins Ausland überwiesen haben.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen