Venezuela: PDVSA kooperiert mit US-Unternehmen bei Erdölgewinnung
Venezuela weicht von bisherigen Joint Venture-Modellen ab. US-Unternehmen wirbt mit geopolitischen Interessen für Genehmigung durch eigene Regierung
Von Marta Andujo
amerika21
Caracas. Das staatliche venezolanische Erdöl-Unternehmen PDVSA hat langfristige Service- und Kaufverträge mit der in Delaware, USA, registrierten Gesellschaft Erepla geschlossen, um die Produktion auf den Öl-Feldern Tia Juana und Rosa Mediano zu steigern. Diese liegen am Ostufer des Maracaibo-Sees. Die Umsetzung der Verträge hängt noch von der Erteilung der Lizenz durch das zuständige Büro des US-Finanzministeriums ab, da Venezuela Sanktionen der USA unterworfen ist, die unter anderem die Tätigkeit von US-Unternehmen in dem südamerikanischen Land beschränken.
Die Verträge wurden nicht von der Regierung Venezuelas, sondern erstmals über den oppositionellen Blog infodio öffentlich gemacht. Die in den USA ansässige Finanznachrichtenagentur Bloomberg sowie das linke regierungskritische venezolanische Portal Aporrea haben in der Folge ausführlich berichtet.
Demnach hat Venezuela mit Erepla Verträge mit einer Laufzeit von 25 Jahren und einer Verlängerungsoption von 15 Jahren abgeschlossen, die von bisherigen Geschäftsmodellen mit Joint Ventures erheblich abweichen.
Das gesamte produzierte Öl wird Erepla Trading zunächst von dem venezolanischen staatlichen Energieunternehmen aufkaufen. PDVSA erhält 50,1 Prozent aus jedem nachfolgenden Wiederverkauf, Erepla 49,9 Prozent. Die Vereinbarung gibt der PDVSA die Aufsicht, nicht aber die operative Kontrolle.
Ein Rohölhandelsvertrag sieht vor, dass Erepla Trading die aus den Feldern Rosa Mediano und Tia Juana produzierte Rohölmenge vermarktet. Dabei kann das US-Unternehmen frei an Kunden in den USA, Europa und Asien verkaufen, der Export von Rohöl nach China muss im Einvernehmen mit PDVSA erfolgen. Alle Erlöse aus dem Joint Venture sollen auf nicht-venezolanischen Banken außerhalb Venezuelas hinterlegt werden.
Die Betriebskosten der Felder werden aus den Einnahmen des US-Partners bezahlt. Der Servicevertrag befreit diesen von der Zahlung seines Anteils an der 30-prozentigen Öl-Lizenzgebühr Venezuelas, den PDVSA mit übernehmen soll. Die höheren Produktionskosten, die aus dem erwarteten Anstieg der Produktion in den bewirtschafteten Feldern entstehen, werden zwischen beiden Unternehmen nahezu zu gleichen Teilen aufgeteilt.
Der Servicevertrag soll Erepla außerdem von den Arbeitsgesetzen Venezuelas und anderen lokalen Bestimmungen befreien und dem Unternehmen ermöglichen, mitgebrachte qualifizierte Arbeitskräfte und Ausrüstung unabhängig von der Einkaufsabteilung von PDVSA, die mit Fällen von Korruption in Erscheinung getreten ist, zu nutzen.
Während PDVSA sich zu den Verträgen bisher nicht öffentlich äußerte, nimmt sich erste Kritik in Venezuela zum Thema, dass die Vereinbarungen mit einem Unternehmen getroffen worden sind, das keine Erfahrungen in der Öl-Förderung aufweisen kann. Mit seiner Registrierung in Delaware und einer weiteren auf Malta hat Erepla zwei Standorte gewählt, die als Steuerparadiese gelten. Die Verträge seien bezüglich venezolanischer Kontrolle und Souveränität ein Rückschritt, insbesondere in Hinsicht auf vorige Joint Venture-Modelle und Änderungen im Öl-Sektor des Landes, die der frühere venezolanische Präsident Hugo Chávez durchgesetzt hatte.
Erepla ist indes mit einer für ein Wirtschaftsunternehmen ungewöhnlich politischen Stellungnahme in die Öffentlichkeit getreten. Diese legt offenkundig Argumente für die Genehmigungsbehörde im US-Finanzministerium dar.
Das Unternehmen wolle eine Vereinbarung mit PDVSA bekannt geben, die die venezolanische Ölförderung, "die auf ein historisch niedriges Niveau gefallen ist", wiederbeleben solle. Das Vertragsmodell sei gewählt worden, weil frühere Modelle aus den letzten zwei Jahrzehnten "die beispiellose Korruption und Misswirtschaft auf allen Ebenen innerhalb der Unternehmensstruktur" begünstigt hätten. Dabei wird die übernommene Verantwortung für alle Akquisitionen herausgestellt, die "der korrupteste Bereich" gewesen seien. Das Modell würde es "der PDVSA ermöglichen, mit der Auszahlung ihrer US-Anleihegläubiger zu beginnen und eine starke Beteiligung der USA am venezolanischen Energiesektor sicherstellen".
Schließlich wirbt Erepla für die Genehmigung des Engagements im venezolanischen Erdöl-Sektor durch die US-Behörden mit geopolitischen Argumenten. Das Fehlen einer US-amerikanischen Gesellschaft im Land mit den größten Ölreserven der Welt würde nur zu einer größeren Rolle Russlands und Chinas in diesem Bereich führen. Dies sei wiederum Anlass zu "ernsthaften geopolitischen und wirtschaftlichen Sorgen für die USA" auf und stehe "im Widerspruch zur Monroe-Doktrin, einem Eckpfeiler der US-Außenwirtschaft, einer Politik, die seit den frühesten Tagen als Nation gilt." Venezuela sei eine wichtige Versorgungsquelle nicht nur auf den Weltölmärkten, sondern insbesondere auch im US-amerikanischen Raffineriekomplex.
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