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Dienstag, 29. Januar 2019

Vielen Anlegern steckt noch der Schock vom griechischen Schuldenschnitt 2012 in den Knochen. Damals mussten die privaten Gläubiger auf 53,5 Prozent ihrer Forderungen verzichten.

ANLEIHEEMISSIONErstmals seit 2014 wagt sich Griechenland wieder an den Kapitalmarkt

Das Land will wohl zwei bis drei Milliarden Euro bei Investoren einsammeln. Schon am Dienstag könnte die Auktion starten. Doch sie wäre nur ein erster Schritt auf dem Weg zurück zur Normalität.
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Experten erwarten, dass Athen die Papiere des neuen Bonds zu einer Rendite zwischen 3,5 und 3,75 Prozent am Markt platzieren kann. Quelle: dpa
Börse Athen
Experten erwarten, dass Athen die Papiere des neuen Bonds zu einer Rendite zwischen 3,5 und 3,75 Prozent am Markt platzieren kann.
(Foto: dpa)
AthenErstmals seit dem Ende des Hilfsprogramms vor fünf Monaten wagt sich Griechenland wieder an den Kapitalmarkt. Athen sondiert den Appetit der Anleger mit der Emission einer gut fünfjährigen Anleihe. Die staatliche Schuldenagentur PDMA bestätigte am Montag die Pläne.
Der neue Bond wird bis April 2024 laufen. Die Auktion für die Emission könnte bereits am Dienstag stattfinden, hieß es in Finanzkreisen. Zum Volumen machte die PDMA bisher keine Angabe. Marktbeobachter rechnen mit zwei bis drei Milliarden Euro.
Experten erwarten, dass Athen die Papiere zu einer Verzinsung zwischen 3,5 und 3,75 Prozent am Markt platzieren kann. Das wäre zwar der höchste Wert für einen Fünfjahresbond in der Euro-Zone, aber dennoch ein politischer Erfolg für Premierminister Alexis Tsipras.
Zuletzt begab Griechenland im April 2014 eine fünfjährige Anleihe. Das Papier hatte einen Kupon von 4,75 Prozent. Wenn Athen den Anlegern jetzt rund 100 Basispunkte weniger zahlen muss, zeigt das die Fortschritte, die das Land auf dem Weg aus der Krise gemacht hat.
Griechenland verließ Ende August des vergangenen Jahres den Euro-Rettungsschirm. Aber die Rückkehr an den Kapitalmarkt ist für das südeuropäische Land schwieriger als erwartet. Die immensen Staatsschulden von mehr als 180 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, das immer noch schwache Wachstum, die hohen Kreditrisiken der griechischen Banken und Zweifel am Reformwillen der Regierung belasten noch immer die Bonität des Landes.
Die großen Ratingagenturen bewerten Hellas-Bonds tief im sogenannten Ramsch-Bereich. Bei Fitch trennen das Land noch drei Stufen von der Liga der vergleichsweise sicheren Schuldner (Investment Grade), bei Standard & Poor’s sind es vier Stufen und bei Moody’s sogar sechs.
Dennoch sind die Bedingungen für eine Emission jetzt recht günstig. Nach der Beilegung des Haushaltsstreits zwischen Italien und der EU sind die Bond-Renditen der Euro-Problemländer gefallen. In Griechenland hat sich die innenpolitische Lage nach dem Vertrauensvotum für Premier Tsipras und der Ratifizierung des Mazedonien-Abkommens stabilisiert.
Die politische Beruhigung spiegelt sich auch in den Kursen der griechischen Staatsanleihen. Die Rendite des fünfjährigen Bonds fiel vergangene Woche erstmals seit sechs Monaten wieder unter die Marke von drei Prozent. Die Rendite für Schuldtitel mit einer Laufzeit von zehn Jahren ging am Montag auf ein Viermonatstief zurück.
Für Entspannung sorgt auch, dass Athen aktuell eigentlich gar kein frisches Geld benötigt. Nach dem Abschluss des Rettungsprogramms verfügt Griechenland über einen aus Hilfskrediten und eigenen Geldern gebildeten Liquiditätspuffer von rund 26,5 Milliarden Euro. Das deckt den Refinanzierungsbedarf des Landes bis etwa Ende 2020.
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Dennoch ist es wichtig, dass Athen nun in regelmäßigen Intervallen Geld am Kapitalmarkt aufnimmt, um Vertrauen bei den internationalen Investoren aufzubauen. Vielen Anlegern steckt noch der Schock vom griechischen Schuldenschnitt 2012 in den Knochen. Damals mussten die privaten Gläubiger auf 53,5 Prozent ihrer Forderungen verzichten.
Diese Vorgeschichte macht Griechenlands Rückkehr an den Kapitalmarkt so schwierig. Die jetzt eingeleitete Emission des Fünfjahresbonds ist nur ein Schritt auf diesem steinigen Weg.
Es gibt noch einen weiteren Grund für den Athener Finanzminister, sich jetzt frisches Geld zu besorgen. Denn damit kann er teure Kredite des Internationalen Währungsfonds (IWF) vorzeitig tilgen. Griechenland schuldet dem IWF noch 9,7 Milliarden Euro, die in monatlichen Raten bis 2024 fällig werden. Die Zinsen für diese Kredite sind mit, je nach Laufzeit, vier bis fünf Prozent sehr hoch.

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