Zinsentscheid der NotenbankDie Fed traut sich noch nicht
Die amerikanische Notenbank hält den Leitzins weiter nahe null. Die noch vor ein paar Monaten fest erwartete Anhebung fällt wieder einmal aus. Dafür gibt es vor allem zwei Gründe.
17.09.2015, von WINAND VON PETERSDORFF, WASHINGTON
Die Märkte haben Recht behalten. Die Wetten standen zuletzt 70 zu 30 gegen eine Leitzinserhöhung. Der für die Geldpolitik maßgebliche Offen-Markt-Ausschuss der Fed hat die Leitzinsen bei nahe null gelassen, wo sie schon seit Dezember 2008 stehen. Noch im Frühsommer war von den professionellen Marktbeobachtern erwartet worden, dass die Fed die Zinswende im September einleitet. Dann kam zweierlei dazwischen: China und die Nicht-Inflation.
Der chinesische Börsencrash an sich dürfte noch nicht einmal so schwer eingeschlagen haben wie Prognosen einer neuen Wachstumsschwäche der
Schwellenländer mit Ausnahme Indiens. Chinas Wachstum schein sich nahezu zu halbieren, andere Schwellenländer leiden am Ende der Rohstoffe-Hausse und stagnieren. Brasilien rutscht sogar in die Rezession, in der Russland bereits steckt.
Schwellenländer mit Ausnahme Indiens. Chinas Wachstum schein sich nahezu zu halbieren, andere Schwellenländer leiden am Ende der Rohstoffe-Hausse und stagnieren. Brasilien rutscht sogar in die Rezession, in der Russland bereits steckt.
Der zweite Faktor, der die Fed naturgemäß umtreibt, ist die Inflation. Sie ist nicht zu hoch, sondern auf eine gerade starrsinnige Weise niedrig, nicht nur in den Vereinigten Staaten, sondern auf der ganzen Welt.
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Man könnte das als normaler Beobachter des Weltgeschehens prima finden. Aber Zentralbanker sind in dieser Hinsicht nicht normal: Sie müssen das Unheil
wittern können. Eine andauernd sehr niedrige Inflation bei einer seit sieben Jahren ausgeübten extrem expansiven Geldpolitik ist ungewöhnlich, um das Mindeste zu sagen: als ob die makroökonomischen Naturgesetze aufgehoben wären, der zufolge Nullzins die Wirtschaft befeuert und damit Inflation produziert. Es ist aber nicht passiert.
wittern können. Eine andauernd sehr niedrige Inflation bei einer seit sieben Jahren ausgeübten extrem expansiven Geldpolitik ist ungewöhnlich, um das Mindeste zu sagen: als ob die makroökonomischen Naturgesetze aufgehoben wären, der zufolge Nullzins die Wirtschaft befeuert und damit Inflation produziert. Es ist aber nicht passiert.
Zinswende noch in diesem Jahr wahrscheinlich
Das beunruhigt die Zentralbanker, die darin ein Zeichen erblicken, dass die amerikanische Konjunktur doch noch nicht so schwungvoll ist wie die blanken Konjunkturdaten vermuten lassen könnten. Die Arbeitslosenrate von 5,1 Prozent entspricht fast dem, was die Fed als Vollbeschäftigung definiert hat. Doch in ihrer aktuellen Stellungnahme hat sie klar gemacht, dass sie noch weitere Verbesserungen am Arbeitsmarkt sehen möchte und zugleich das sichere Gefühl haben will, dass die Inflation endlich auf die 2-Prozent–Marke zusteuert.
Diese Bedingungen könnten schon bald eintreten. Nach Fed-Prognose sinkt die Arbeitslosigkeit 2016 weiter unter die 5 Prozent-Marke, das Wachstum bleibt robust mit einer Rate von 2,2 bis 2,6 Prozent. Und die für die Fed-Entscheidungen sehr wichtige Kerninflation, bei der Benzin- und Lebensmittelpreise herausgerechnet sind, soll 2016 auf bis zu 1,8 Prozent steigen, um dann 2017 die Zwei-Prozent-Marke zu touchieren. Vor diesem Hintergrund halten die Experten eine Zinswende noch in diesem Jahr für wahrscheinlich, am ehesten im Dezember.
Fed-Offizielle haben in Interviews und Reden darauf hingewiesen, dass der erste Schritt eine Anhebung der Leitzinsen um 25 Basispunkte wäre. Man käme von einer extrem expansiven Geldpolitik zu einer sehr expansiven Geldpolitik, wie es der stellvertretende Fed-Chef Stanley Fischer in diesem Jahr formuliert hat. Aber es wäre ein erster Schritt hin zu einem Zinsniveau, dass die Fed selbst als normal ansieht. Janet Yellen, die Chefin der Fed, hatte in diesem Jahr mehrmals klargestellt, sie wolle in diesem Jahr noch die Normalisierung der Geldpolitik einleiten. Das kann ihr noch gelingen.
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