Plan der BundesregierungBar zahlen künftig nur noch bis 5000 Euro
Die Bundesregierung dringt auf ein gemeinsames Limit für Bargeldzahlungen in Europa. Andernfalls erwägt Berlin eine Bargeldgrenze in Deutschland. Ist das der Anfang vom Ende des Bargelds?
02.02.2016, von MANFRED SCHÄFERS, HENDRIK KAFSACK UND CHRISTIAN SIEDENBIEDEL
© MAURITIUS IMAGESWare nur gegen Bares: Beim Gebrauchtwagenkauf wollen sich Käufer und Verkäufer durch Barzahlung absichern.
Teure Dinge werden die Deutschen bald nicht mehr unbegrenzt in bar bezahlen können. Denn die Bundesregierung ist nach Informationen dieser Zeitung dazu bereit, ein Bargeld-Limit zu setzen: Im Gespräch ist im Bundesfinanzministerium ein Betrag von 5000 Euro. Als aktueller Grund für den Eingriff wird die Bedrohungslage durch den internationalen Terrorismus genannt, vor allem in Form des sogenannten Islamischen Staats (IS). Doch wird schon länger auch aus anderen Gründen über die Einschränkung von Bargeld diskutiert.
Autor: Manfred Schäfers, Wirtschaftskorrespondent in Berlin.Autor: Hendrik Kafsack, Wirtschaftskorrespondent in Brüssel.Autor: Christian Siedenbiedel, Redakteur in der Wirtschaft.
Treffen würde ein Verbot großer Bargeldzahlungen in Deutschland unter anderem den Handel. „Wir sehen die Pläne eher kritisch, da ein negatives Signal auf die Verwendung von Bargeld ausgehen könnte“, sagte Ulrich Binnebößel vom Handelsverband Deutschland (HDE). Bargeld werde im Handel nach wie vor uneingeschränkt akzeptiert. „Dies sollte auch solange so bleiben, wie der Kunde die Zahlung mit Noten und Münzen wünscht“, sagte Binnebößel. „Neben Autohandel und Juwelieren sind unter anderem der Möbelhandel, der Cash-und-Carry-Großhandel und bestimmte Textilhändler und Fachgeschäfte im Luxussegment von der geplanten Regelung betroffen.“
Bevölkerung hängt am Bargeld
Auch in der deutschen Bevölkerung zeigen Umfragen eine große Anhänglichkeit zum Bargeld. Im vergangenen Jahr hatten sich in einer Erhebung drei Viertel der Befragten dagegen ausgesprochen, dass Deutschland dem Weg Dänemarks folgt, das Händlern die Annahme von Bargeld künftig freistellt. Der Münchener Volkswirtschaftsprofessor Gerald Mann meinte: „Der ‚Krieg gegen das Bargeld’ nimmt auch in Deutschland an Schärfe zu. Die Interessengemeinschaft aus Politik, Noten- und Geschäftsbanken möchte wohl mittelfristig das Bargeld loswerden. Sichtlich wird eine Salamitaktik angewendet.“
Kritisch äußerte sich zudem Deutschlands oberster Verbraucherschützer, Klaus Müller vom Verbraucherzentrale Bundesverband: „Bargeld ist gelebter Datenschutz. Und der darf nicht aufs Spiel gesetzt werden.“ Sogar die Banken äußerten sich auf Anfrage zurückhaltend zu den Plänen für ein Bargeld-Limit, obwohl ihnen aus einem größeren Kartengeschäft theoretisch zusätzliche Umsätze erwachsen könnten. „Wenn das politisch gewollt ist, sollte es europäisch geregelt werden“, sagte ein Sprecher des Bundesverbands deutscher Banken.
Die Bundesbank hat sich bislang allen Versuchen, das Bargeld in Deutschland zurückzudrängen, energisch widersetzt. Bundesbankpräsident Jens Weidmann hatte sich im Gespräch mit dieser Zeitung entsprechend skeptisch zu den Vorstößen geäußert, den 500-Euro-Schein abzuschaffen und eine Obergrenze für Barzahlungen einzuführen. „Glauben Sie, dass kriminelle Handlungen deshalb unterblieben, weil es den 500-Euro-Schein nicht mehr gibt? Inwieweit ein Verbot von größeren Bargeldtransaktionen illegale Aktivitäten unterbindet, ist ebenfalls eine offene Frage“, sagte Weidmann.
Die Welt sei nach den Anschlägen von Paris aber nicht mehr dieselbe wie vorher, heißt es zur Begründung für den Vorstoß im Bundesfinanzministerium. „Sie dürfen ja auch keine größeren Mengen Flüssigkeit mehr in das Flugzeug mitnehmen.“ Im Grunde könne niemand etwas dagegen haben, wenn jemand Geld von der Bank abhebe, um einen schicken Gebrauchtwagen damit zu kaufen. Doch müsse man zur Kenntnis nehmen, dass Bargeld neben Pre-Paid-Karten ein wichtiges Vehikel für Terroristen sei.
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Ist das tatsächlich der Anfang vom Ende des Bargelds? Nordrhein-Westfalens Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) zumindest lobt die Berliner Überlegungen. „Ich finde gut, dass es in diesem Punkt Bewegung gibt“, sagte er dieser Zeitung. Wo die Grenze für Bargeldzahlungen liegen sollte, darüber könne man reden. „Ich habe 3000 Euro ins Gespräch gebracht. Der saarländische Kollege von der CDU hat von 5000 Euro gesprochen, der Bundesfinanzminister sieht es offenbar ähnlich“, hob der SPD-Politiker hervor. Ihm gehe es nicht um die Abschaffung des Bargeldes, sondern um die Bekämpfung von Geldwäsche und Steuerbetrug im großen Stil. „Von mir aus kann jeder sein Geld bar in den Keller legen. Nur hohe Rechnungen zu begleichen sollte an die Pflicht zur Banküberweisung gekoppelt sein.“
Die SPD fordert schon länger offen die Obergrenze für Barzahlungen von 5000 Euro. „Über dieser Grenze gibt es unseres Erachtens keine plausiblen – legalen – Gründe mehr, ein Geschäft mit Bargeld abwickeln zu wollen“, heißt es in einem Entwurf für ein Positionspapier der SPD-Bundestagsfraktion. Mit einer solchen Obergrenze könnten nicht nur Schwarzgeldgeschäfte und Steuerhinterziehung besser unterbunden werden. Auch Geldwäsche werde erheblich erschwert, weil hohe Summen nur noch über nachvollziehbare Konto- und Bankverbindungen getätigt werden können. Deutschland sei schon für die internationale Organisierte Kriminalität und die Mafia ein beliebtes Ziel. „Alleine in der Bundesrepublik werden schätzungsweise fast 60 Milliarden Euro jährlich gewaschen“, heißt es in dem Papier. In der Unionsfraktion ist man hingegen noch nicht völlig von der Bargeldgrenze überzeugt, auch wenn das Problem der Geldwäsche ernstgenommen wird. Man dürfe die Menschen nicht zu weit gängeln, mahnt der stellvertretende Vorsitzende Ralph Brinkhaus. Die Beschränkung des Bargeldverkehrs wertet er als Einstieg in eine umfassende Kontrolle der Bürger: „Das endet irgendwann im ,Big Brother’.“
Wo das Recht auf Privatheit endet, wird derzeit in Brüssel diskutiert. Viele Mitgliedstaaten haben schon Obergrenzen für Bargeldgeschäfte. Im Vergleich damit wirkt der in Berlin diskutierte Betrag sogar recht hoch. Gleichwohl hat man im Bundesfinanzministerium die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass man sich am Ende auf einen nicht zu niedrigen gemeinsamen Wert verständigen kann. Zumindest hat Italien schon einmal seine Obergrenze erhöht: Begonnen hat Rom mit einer Obergrenze von 1000 Euro, hat dann aber einsehen müssen, dass das zu niedrig ist. Nachdem man den Betrag verdreifacht hat, soll man dort nun sogar 5000 Euro für angemessen halten. Die Europäische Kommission plant allerdings derzeit keine konkreten Vorschläge für neue EU-weite Bargeld-Obergrenzen. Man habe über einen solchen Vorstoß im Rahmen des Aktionsplans gegen die Terrorfinanzierung diskutiert, ihn aber verworfen, hieß es am Dienstag aus der Behörde. Es gebe im Kampf gegen die Terrorfinanzierung wichtigere und effizientere Schritte.
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