Die Abschaffung des Bargeldes gehört zu den Themen, die in den vergangenen Wochen für viel mediale Aufmerksamkeit sorgten. Die Europäische Zentralbank (EZB) erwägt derzeit, 500-Euro-Scheine abzuschaffen und in der Bundesregierung gibt es Pläne, Bargeldzahlungen in Höhe von mehr als 5.000 Euro zu verbieten. Auch wird von einigen gefordert, Euro-Münzgeld ganz oder zumindest teilweise abzuschaffen.
Als Grund für diese Forderung wird immer wieder die Bekämpfung von Steuerhinterziehung und sonstiger Kriminalität ins Feld geführt. So wird auch in den Medien darüber berichtet, dass die Europäische Zentralbank (EZB) mit der Abschaffung des 500-Euro-Scheins die Kriminalität bekämpfen will.
Zu diesem „heißen“ Thema sagt der EZB-Präsident Mario Draghi, dass die EZB noch überlege, wie sie ihre Absicht am besten kommunizieren solle. Was also sind die wahren Hintergründe der Forderung nach der Abschaffung der 500-Euro-Banknote?
Hans-Werner Sinn, ein Querdenker unter den deutschen Ökonomen, macht sich eigene Gedanken zu diesem Thema und nennt Motive, die in der Politik und in der EZB-Zentrale so nicht laut ausgesprochen werden. Einige Überlegungen von Professor Sinn möchte ich heute für Sie im „Schlussgong“ zusammenfassen.
Warum die EZB keine 500-Euro-Scheine mehr will
Es geht nicht nur um die Bekämpfung der Kriminalität, sondern zusätzlich um den Wunsch der EZB, die Einlagenzinsen noch weiter in den negativen Bereich zu drücken. Aktuell verlangt die EZB einen Strafzins von 0,3% für das Geld, welches Banken bei ihr parken. Am liebsten würde die EZB noch höhere „Strafgebühren“ dafür verlangen, doch kann sie nicht weiter gehen, weil die Banken dann Bargeld horten würden.
Das Einzige, was Banken derzeit davon abhält, Bargeld zu horten und ihr Geld nicht gegen eine „Strafgebühr“ bei der EZB zu parken, sind die Kosten der Aufbewahrung des Bargeldes – also die Tresorkosten. Die Tresorkosten bilden damit – wenn Sie so wollen – die natürliche Obergrenze für den Strafzins.
Ende Dezember 2015 wurden 307 Mrd. Euro, also 28% des Euro-Bargelds, in Form von 500-Euro-Scheinen gehalten. Wenn die Banken nun gezwungen werden, statt der 500-Euro-Scheine die nächst kleineren 200-Euro-Scheine zu halten, steigen folglich die Tresorkosten etwa auf das Zweieinhalbfache. Der Grund: Die Banken müssten 2,5 x mehr Scheine aufbewahren.
Unter der Annahme, dass der derzeitige Strafzins von 0,3%, den die Banken für ihre Einlagen bei der EZB zahlen, bereits durch die Tresorkosten limitiert wurde, könnte die EZB den Strafzins nach Abschaffung der 500-Euro-Scheine rechnerisch also auf 0,75% erhöhen.
Die Folge: Auch Sie müssten Strafzinsen zahlen
Werden die Strafzinsen erhöht, werden die Geschäftsbanken diesen Kostenblock auf ihre Kunden abwälzen. Die mehr als wahrscheinliche Folge: Nahezu alle Bankkunden müssten ebenfalls Strafzinsen auf ihre Guthaben zahlen – und damit sehr wahrscheinlich auch Sie.
Wenn die EZB dies allerdings so kommunizieren würde, wäre ein Proteststurm bei den Sparern gewiss. Daher ist es in der Tat geschickter, die Bekämpfung von Steuerhinterziehung und sonstiger Kriminalität als Begründung ins Feld zu führen.
Übrigens wären die Abschaffung der 500-Euro-Scheine und eine Obergrenze für Bargeldzahlungen aus meiner Sicht nur der erste Schritte hin zu einer kompletten Abschaffung des Bargelds. Diese Abschaffung wird es aber nicht über Nacht geben. Ich bin vielmehr überzeugt davon, dass Bargeld schrittweise abgeschafft wird.
Panik ist daher der falsche Ratgeber. Niemand muss über Nacht sein Vermögen neu ordnen. Wie Sie gezielt auf den schrittweisen Rückzug des Bargeldes reagieren können, erfahren Sie u.a. in meinen Börsendiensten „Einsteiger-Depot“, „Depot-Optimierer“ und „Power-Depot“.
Rolf Morrien Chefredakteur "Morrien's Schlussgong" |
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