ReservenDie Notenbanken der Welt kaufen zusätzlich Gold
Lange waren die Notenbanken mehr als 20 Jahre lang als Netto-Goldverkäufer auf dem Weltmarkt aufgetreten. Mittlerweile hat sich das aber ins Gegenteil verkehrt. Was steckt dahinter?
27.08.2016, von CHRISTIAN SIEDENBIEDEL
© DPAWir befinden wir uns in einer Phase, in der die Notenbanken der Welt deutlich mehr Gold kaufen als abgeben.
Wladimir Putin bleibt seiner Linie treu, jedenfalls, was das Gold betrifft: Auch im ersten Halbjahr 2016 hat die russische Notenbank im großen Stil Gold gekauft und lag mit Netto-Zukäufen von 84 Tonnen im Wert von umgerechnet rund drei Milliarden Euro an der Spitze der Notenbanken der Welt. Allerdings musste Russland, aufgrund umfangreicher eigener Goldvorkommen, diese Barren nicht zu Weltmarktpreisen erwerben. Auf Platz zwei der Netto-Goldkäufer lag in diesem Zeitraum China, das Land hat seine Goldreserven um gut 61 Tonnen aufgestockt.
Insgesamt befinden wir uns in einer Phase, in der die Notenbanken der Welt deutlich mehr Gold kaufen als abgeben. Das war nicht immer so. Bis 2009 waren die Notenbanken mehr als 20 Jahre lang als Netto-Goldverkäufer auf dem Weltmarkt aufgetreten. Mittlerweile hat sich das aber ins Gegenteil verkehrt. Je nachdem, wen man mitzählt und wie man rechnet, haben die Notenbanken in den Monaten Januar bis Juni 2016 netto rund 185 Tonnen Gold hinzugekauft. Das geht aus Zahlen des World Gold Councils hervor, einer Vereinigung der Goldminenbranche in London. Nach einer Studie des australischen Finanzdienstleisters Macquarie bewegen sich die Goldkäufe vieler Notenbanken tendenziell in der Größenordnung früherer Jahre, aber zum Teil unter dem Niveau von 2015.
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Der wichtigste Verkäufer von Gold unter den Notenbanken war dabei ein armes Land, das im Augenblick mit dem niedrigen Ölpreis, einer hohen Inflation und zerrütteten Staatsfinanzen zu kämpfen hat: Venezuela trennte sich im ersten Halbjahr von immerhin 79 Tonnen Gold, nachdem es bereits im Jahre 2015 rund 59 Tonnen verkauft hatte. Das Land macht das, um seine Staatsschulden noch irgendwie bedienen zu können und um Importe zu finanzieren. Die Zollverwaltung in der Schweiz hat unterdessen Zahlen publiziert, die zumindest vermuten lassen, dass der Banco Central de Venezuela (BCV), die Zentralbank von Venezuela, das Gold in erheblichem Maße in die Schweiz zum Verkauf transportieren lässt. So sollen allein im Januar mehr als 35 Tonnen Gold aus Venezuela die Grenze der Schweiz überschritten haben.
Die Goldreserven Venezuelas sind erheblich geschrumpft
Bemerkenswert dabei ist: Ähnlich wie in Deutschland hatte es in dem südamerikanischen Land vor einigen Jahren eine politische Initiative gegeben, die Goldreserven des Landes heimzuholen. Der damalige, mittlerweile verstorbene Präsident Hugo Chávez hatte das 2011 angeordnet. Die schlechte wirtschaftliche Lage des Landes machte es aber notwendig, zumindest einen Teil des Goldes in London zu verpfänden. Weitere Teile des Goldschatzes mussten jetzt also offenbar von Caracas ins Ausland gebracht werden, um sie zu verkaufen. Von einst 366 Tonnen dürften dem Land nach Berechnungen der „Badischen Zeitung“ mittlerweile nur noch 188 Tonnen zur Verfügung stehen – wenn überhaupt.
Auch Deutschland gehörte im ersten Halbjahr zu den Ländern, deren Notenbank sich von Gold getrennt hat. Die Bundesbank verkaufte Macquarie zufolge etwa drei Tonnen Gold; eine Größenordnung also, die mit Venezuela überhaupt nicht zu vergleichen ist. Hinter den deutschen Goldverkäufen steckt auch nicht die Absicht, den attraktiven Goldpreis zur Reduzierung der Reserven zu nutzen: „Die Bundesbank verkauft lediglich in geringem Umfang Gold an das Bundesfinanzministerium zur Prägung der Euro-Goldmünzen“, sagte eine Bundesbanksprecherin: „Darüber hinaus tätigt die Bundesbank keine Goldverkäufe.“ Ähnlich hieß es in früheren Jahren.
Bundesbank hat den zweitgrößten Goldschatz der Welt
Im Ranking der Notenbanken mit den größten Goldschätzen steht die Bundesbank immerhin auf Platz zwei hinter der amerikanischen Notenbank Federal Reserve (Fed). Auf etwa 8134 Tonnen Gold sollen die Amerikaner kommen, auf 3378 Tonnen die Bundesbank. Das hat historische Gründe: Die Goldvorräte stammen überwiegend aus dem früheren Währungssystem von Bretton Woods und stellten einen Gegenwert zu deutschen Exportüberschüssen der Nachkriegszeit dar. Nazi-Gold soll sich in den Beständen nicht mehr befinden.
Auch Deutschland hatte seinerzeit beschlossen, seine Goldreserven stärker im eigenen Land zu konzentrieren. Einer entsprechenden politischen Initiative hatte die Bundesbank nachgegeben, zumal auch der Bundesrechnungshof die frühere Praxis der Bilanzierung und Überprüfung der im Ausland gelagerten Goldvorräte kritisiert hatte. Zugleich wollte man damit allen Verschwörungstheorien entgegentreten, das Gold im Ausland existiere womöglich gar nicht mehr, sei verliehen oder gar durch unechte Goldbarren ersetzt worden.
Bis 2020 soll die Hälfte des deutschen Goldes in Deutschland lagern
Mittlerweile ist nach Angaben der Bundesbank mehr als die Hälfte des Goldes, das aus New York und Paris nach Frankfurt gebracht werden soll, hierzulande schon eingetroffen. Über die Umstände des Transports wird allerdings aus Sicherheitsgründen Stillschweigen bewahrt. 2013 war beschlossen worden, dass spätestens bis zum Jahr 2020 die Hälfte des Goldschatzes in Deutschland lagern soll. Das wären also mindestens 1689 Tonnen. „Seit Beginn der Verlagerungen im Jahr 2013 wurden insgesamt rund 366 Tonnen Gold nach Frankfurt gebracht, davon 177 Tonnen aus Paris und 189 Tonnen aus New York“, sagte eine Bundesbanksprecherin: „Das entspricht etwa 54,4 Prozent der zu verlagernden Menge.“ Seit Ende vergangenen Jahres soll Frankfurt mit annähernd 1403 Tonnen Gold vor New York die größte Goldlagerstätte der Bundesbank sein.
Einige weitere Notenbanken haben sich von Gold getrennt, beispielsweise Jordanien (7 Tonnen), Moçambique (3 Tonnen), Ukraine (2 Tonnen), Malaisia (2 Tonnen), Kanada (2 Tonnen) und Weißrussland (1,4 Tonnen). Gold gekauft haben hingegen die Notenbanken von Kasachstan (16 Tonnen), Mauritius (3 Tonnen) und Tadschikistan (1 Tonne).
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