Erdogan führt Nato-Partner Türkei näher an Russland heran
Trotz wachsender Sorge im Westen treibt der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan die Annäherung des Nato-Partners Türkei an Russland voran. Erdogan und der russische Präsident Wladimir Putin vereinbarten am Dienstag bei einem Treffen in Ankara einen Ausbau der Zusammenarbeit.
(dpa) Trotz wachsender Sorge im Westen treibt der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan die Annäherung des Nato-Partners Türkei an Russland voran. Erdogan und der russische Präsident Wladimir Putin vereinbarten am Dienstag bei einem Treffen in Ankara einen Ausbau der Zusammenarbeit auf zahlreichen Feldern, darunter im Verteidigungsbereich.
Putin sagte, Russland wolle sein Raketenabwehrsystem S400 früher als bisher geplant an die Türkei liefern. «Wir haben die Produktion beschleunigt.» Die USA haben scharfe Kritik an der türkischen Beschaffung des S400-Systems geübt. Die russische Agentur Tass berichtete, ursprünglich sollte die Lieferung 2019 oder 2020 beginnen, nun solle sie bis 2020 abgeschlossen sein.
Erdogan sagte: «Wir haben auch eine Einigung, was frühe Lieferung betrifft. Wir könnten auch in anderen Bereichen der Verteidigungsindustrie zusammenarbeiten, und wir haben gesehen, dass russische Firmen dafür offen sind.» Gespräche darüber fänden statt.
Der «liebe Freund» Putin
Erdogan sagte, dass die erste Auslandreise seines «lieben Freundes» Putin seit dessen Wiederwahl in die Türkei geführt habe, unterstreiche die Bedeutung der bilateralen Beziehungen. Nach russischen Angaben trafen Erdogan und Putin sich im vergangenen Jahr acht Mal, mehr als 20 Mal telefonierten sie.
Vor ihren bilateralen Gesprächen hatten die beiden Staatschefs den Startschuss für den Bau des ersten Atomkraftwerks in der Türkei gegeben, das federführend vom russischen Staatskonzern Rosatom errichtet wird. Erdogan und Putin wohnten dem Baubeginn in der südtürkischen Provinz Mersin per Videoübertragung aus Ankara bei.
Erdogan sprach von einem historischen Moment in den bilateralen Beziehungen. Putin sagte: «Heute wohnen wir nicht nur dem Bau des ersten türkischen Atomkraftwerkes bei, sondern wir schaffen auch die Grundlage für die Atomindustrie in der Türkei.»
Das Atomkraftwerk Akkuyu soll 2023 in Betrieb gehen, zwei Jahre später sollen alle vier Reaktoren am Netz sein. Dann soll das AKW mehr als zehn Prozent des Energiebedarfs der Türkei abdecken. Die Baukosten werden auf 20 Milliarden Dollar geschätzt.
Erdogan kündigte an, die Handels- und Tourismusbeziehungen zu Russland weiter auszubauen. Das Handelsvolumen zwischen beiden Ländern habe im vergangenen Jahr um 32 Prozent auf 22 Milliarden Dollar zugenommen. Ziel sei es, dieses Volumen auf 100 Milliarden Dollar zu steigern. Einen Zeitrahmen dafür nannte Erdogan nicht.
Der türkische Präsident sagte weiter, im vergangenen Jahr seien mehr als 4,7 Millionen russische Touristen in die Türkei gekommen. Sie hätten damit die grösste Gruppe der Touristen gestellt. Man hoffe, dass diese Zahl auf sechs Millionen ansteige.
Syrien-Gipfel vorbereitet
Erdogan und Putin berieten auch über Syrien. Erdogan sagte: «Wir sind uns darin einig, unsere Bemühungen dafür fortzusetzen, eine politische Lösung für die Probleme in Syrien zu finden.»
Anlass für Putins Besuch ist ein Dreier-Gipfel zum Syrien-Krieg in Ankara an diesem Mittwoch, an dem auch der iranische Präsident Hassan Rohani teilnimmt. Russland und der Iran unterstützen den syrischen Präsidenten Bashar al-Asad, die Türkei die Opposition.
Beim Treffen soll es nach Angaben aus türkischen Regierungskreisen um die sogenannten Deeskalationszonen, die humanitäre Lage und die Bemühungen um eine neue Verfassung für Syrien gehen. Aus dem Land sind gut fünf Millionen Menschen geflohen, rund sechs Millionen sind in Syrien auf der Flucht. Etwa 500 000 Menschen wurden getötet.
Zuletzt waren Erdogan, Putin und Rohani im vergangenen November im russischen Schwarzmeerort Sotschi zusammengekommen. Die drei Staaten sind die Garantiemächte im sogenannten Astana-Prozess. Im Rahmen dieses Prozesses hatten sie vier Deeskalationszonen vereinbart.
Darunter war auch die Region Ost-Ghuta, die syrische Truppen mit Unterstützung des Irans und Russlands in den vergangenen Wochen dennoch in blutigen Kämpfen weitgehend erobert haben. Das US-Aussenministerium hatte im Februar mit Blick auf Ost-Ghuta erklärt: «Das zeigt das Versagen des Astana-Prozesses.»
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