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Mittwoch, 27. April 2016

Hamburg Wie eine evangelische Kirche zur Moschee wurde Erst kommt es zu großem Protest: Viele ärgern sich, dass in Hamburg eine Kirche zur Moschee wird. Inzwischen leuchtet über der ehemaligen Kapernaumkirche der goldene Schriftzug „Allah“ – und alle sind zufrieden.

HamburgWie eine evangelische Kirche zur Moschee wurde

Erst kommt es zu großem Protest: Viele ärgern sich, dass in Hamburg eine Kirche zur Moschee wird. Inzwischen leuchtet über der ehemaligen Kapernaumkirche der goldene Schriftzug „Allah“ – und alle sind zufrieden.
 von HAMBURG
© © EPD-BILD / STEPHAN WALLOCHAUmbau der ehemaligen Kapernaumkirche: Architekt Ilan Jorge (links) und Daniel Abdin vom islamischen Zentrum Al-Nour.
Eigentlich wollte die Al-Nour-Moschee in Hamburg in diesem Frühjahr ihr neues Gebäude eröffnen - in der früheren Kapernaumkirche von Hamburg-Horn, nahe der Autobahn 24, die dort im Horner Kreisel endet. Aber das Gebäude ist in einem schlechteren Zustand als ursprünglich angenommen. Der Turm muss noch saniert werden. Als dort einst die Glocken der Kirche läuteten, fielen immer wieder Steine herunter. Auch wird der Umbau der Kirche zur Moschee für den Verein Islamischen Zentrum Al-Nour e.V., wie er offiziell heißt, deutlich teurer.
Von einer Million Euro war ursprünglich die Rede, jetzt könnten es 2,5 bis drei Millionen Euro werden. Das Geld muss die Gemeinde aufbringen. Zwar hat der Staat Kuweit 1,1 Millionen Euro für das Projekt gespendet, aber mit dem Geld entstand der Neubau an der alten Kirche. Der Moscheeverein hatte sich nach eigener Aussage selbst nach Kuweit gewandt mit der Begründung: „Der kuweitische Staat ist einer der demokratischsten in der Golfregion.“
Im ehemaligen Kirchenschiff gibt es bereits eine neue Empore für Frauen und eine Gebetsnische für den Imam. Kaum noch etwas erinnert hier an die frühere Kirchennutzung. Der Denkmalschutz hat sich an der Sanierung im Schiff mit etwa 40 000 Euro beteiligt, ein Antrag des Vereins auf Unterstützung auch für den Turm läuft noch. Die evangelische Kirche hatte das Ende der fünfziger Jahre von Otto Kindt errichtete Gebäude bereits 2005 geschlossen. Als 2012 bekanntwurde, dass daraus eine Moschee werden sollte, gab es Protest.

„Im Zeitalter des iPhones weiß jeder auf die Sekunde genau, wann Gebetszeit ist"

Der Fall kam bundesweit in die Schlagzeilen. Seit dem vergangenen Jahr prangt tatsächlich statt des vergoldeten Kreuzes golden leuchtend der Schriftzug „Allah“ an dem 44 Meter hohen Turm, nachts sogar angestrahlt. Zuerst gab es Befürchtungen, irgendwann werde von dort auch der Muezzin rufen. Aber Daniel Abdin, der Vorstandsvorsitzende des Al-Nour-Vereins, konnte die Gemüter schnell beruhigen: „Im Zeitalter des iPhones weiß jeder auf die Sekunde genau, wann Gebetszeit ist, da muss man nicht die Nachbarschaft vergraulen.“
Kapernaumkirche© ACTION PRESSVergrößernStatt eines Kreuz ein Allah-Schriftzug in Gold: Die Al Nour Moschee im Hamburger Stadtteil Horn.
Dass es zu der Umwidmung einer Kirche in eine Moschee kam, hat zwei Gründe. Zum einen hatte die Kirche selbst das Gebäude in Horn verkauft, allerdings keineswegs an den Moscheeverein. Der Verkauf schien sinnvoll, denn die Kirche konnte das Gebäude nicht mehr unterhalten, und der neue Eigentümer wollte hier unter anderem eine Kindertagesstätte einrichten. Dazu kam es jedoch nicht, die Kirche stand abermals zum Verkauf. Zufällig sah der Al-Nour-Verein die Anzeige, meldete sich und bekam den Zuschlag. Die Sache wurde außerhalb von Hamburg kritischer gesehen als in Hamburg selbst. Nikolaus Schneider, damals der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, nannte die Veräußerung ein „Missgeschick“ und eine „geistliche Zumutung für die Menschen, die dort leben und sich mit der Kirche identifiziert haben“. Von einem „Missgeschick“ sprach auch der katholische Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke.
Die Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs wiederum wünschte sich eine „möglichst unaufgeregte Diskussion“. Ein ehemaliger Pastor der Kapernaumkirche hieß Al-Nour sogar ausdrücklich willkommen, weil so das unter Denkmalschutz stehende Gebäude gerettet werden könnte. Die Hamburger CDU kritisierte das Vorhaben vorsichtig. Der Horner SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Hansjörg Schmidt, der sein Wahlkreisbüro schräg gegenüber der künftigen Moschee hat, forderte einen „funktionierenden interreligiösen Dialog“.

Nur ein paar Rechtsradikale, aber 600 Gegendemonstranten

Heute lobt Schmidt die Zusammenarbeit: „Der Verein gibt sich alle Mühe, eine Art gläserne Baustelle zu präsentieren, einschließlich Führungen und Nachbarschaftsfeste.“ Schmidt ließ sich vor ein paar Tagen erst die Baustelle zeigen, zusammen mit dem einflussreichen Hamburger SPD-Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs, zu dessen Wahlkreis Hamburg-Mitte auch Horn gehört. Als 2013 Rechtsradikale ankündigt hatten, gegen das Vorhaben in Horn protestieren zu wollen, kamen zwar nur ein paar von ihnen, aber 600 Menschen zur Gegendemonstration. Danach beruhigte sich die Lage. Abdin spricht heute von großartigen Nachbarn in Horn, die genauso wie seine Gemeinde selbst darauf warteten, dass die Moschee endlich nutzbar sei.
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Die Horner Moschee, so Abdin, soll zudem eine Begegnungsstätte nicht nur für die Gläubigen selbst werden. „In so ein Gebäude trauen sich die Nichtmuslime vielleicht auch eher hinein.“ Und er sagt auch: „Das mit der Kirche ist etwas Besonderes und wird einmalig bleiben.“ Freilich ist die frühere Kirche nun auch für den Moscheeverein zum Problem geworden. Zum einen wegen der hohen Kosten und der langen Bauzeit. Zum anderen würden gerade einmal 300 bis 350 Gläubige in die Moschee passen. Derzeit liegt die Al-Nour-Moschee in einer ehemaligen Tiefgarage nahe dem Steindamm in St. Georg. Dort kommen 2500 Leute zum Freitagsgebet, so dass in zwei Schichten gebetet wird. Zu dem Zeitpunkt, als die Kapernaumkirche gekauft wurde, kamen freitags noch etwa 600 Gläubige in die Tiefgarage.
Abdin sagt: „Da haben wir gerechnet, 300 kommen mit nach Horn, die anderen gehen in andere Gemeinden.“ 50 islamische Gotteshäuser gibt es in Hamburg. Aber nicht zuletzt wegen der vielen Flüchtlinge „platzen die Moscheen aus allen Nähten“, wie Abdin sagt, der auch Vorsitzender der Hamburger Schura ist, des Rats der Islamischen Gemeinschaften in Hamburg. Und nicht nur zu den Freitagsgebeten ist es voll. „Im Ramadan rechnen wir mit großem Andrang, gerade auch von Flüchtlingen abends zum Fastenbrechen.“ So muss der Vorsitzende von Al-Nour nicht nur den Bau in Horn betreuen, sondern hält nach weiteren Grundstücken für Moscheen Ausschau.

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