Etwas verspätet habe ich in den Jahresbericht 2016 des „Beitragsservice“ der Rundfunkanstalten geschaut. Es gibt einen neuen Rekord zu vermelden: 1,46 Mio. Vollstreckungen wurden beantragt. Außerdem wurden 21 Mio. Mahn- und Erinnerungsschreiben an die tatsächlich oder vermeintlich Beitragspflichtigen geschickt. Über die Kosten dieses Wahnsinns kann man nur begründete Vermutungen anstellen. Ich will das hier versuchen.
Als die Vollstreckungsersuchen im Jahr 2014 auf fast eine Million gestiegen waren, hatte der Beitragsservice noch allerlei Sonderfaktoren im Angebot, um zu erklären, warum es zu diesem vorübergehenden Anstieg gekommen war. Als der Wert dann 2015 auf über 1,4 Millionen sprang und 2016 einen noch etwas höheren Rekord erreichte, wurde es still um diese Sonderfaktoren.
Die Anzahl der Erinnerungs- und Mahnschreiben des Beitragsservice ist nur die zweithöchste aller Zeiten. Letztes Jahr waren es noch mehr. Immerhin im Durchschnitt knapp jedes zweite der 44 Mio. Beitragskonten wurde mit einem derartigen Schreiben „bedient“. Die Kölner lassen uns auch wissen, wieviel ihre Dienstleistungen kosten und rechnet das als Prozentsatz der Beitragseinnahmen aus. Das soll suggerieren, dass die Verwaltungskosten für den Beitragswahnsinn sehr bescheiden seien. Nur 3,76 Euro pro Beitragskonto betrug der Aufwand des Beitragsservice. Die Aufwendungen von 169 Mio. Euro machen schlappe 2,1 Prozent der Beitragseinnahmen aus.
Ziel des Beitragsservice ist es, die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gleichmäßig auf alle Schultern zu verteilen und Beitragsgerechtigkeit herzustellen.
Wie kann das sein, bei 21 Mio. Mahnschreiben und 1,5 Mio. eingeleiteten Zwangsvollstreckungen? Ganz einfach. Der Beitragsservice trägt nur einen Teil, wahrscheinlich den deutlich kleineren Teil, der Kosten der Beitragseintreibung. Er ist nicht rechtsfähig, kann also nur Erinnerungen und unverbindliche Mahnungen schicken. Sobald es weitergeht, muss die Rundfunkanstalt selbst tätig werden, Bescheide schicken, die Widersprüche bearbeiten, einen Bescheid zum Widerspruch schicken, Zwangsvollstreckung beantragen und bei Bedarf vor Gericht durchfechten.
Kommt es dann zur Zwangsvollstreckung, dann wälzen die Rundfunkanstalten den größten Teil der Kosten auf die Gemeinden ab, die die Zwangsvollstreckung ausführen müssen. Sie zahlen dafür nur ein paar Dutzend Euro, viel weniger als es die Gemeinden kostet. Deswegen mussten die Rundfunkanstalten schon eine Rationierungsvereinbarung mit den rebellischen Gemeinden treffen. Ob diese heute noch gilt ist unklar. Die zigtausend Gerichtsverfahren um den Rundfunkbeitrag wollen auch bezahlt werden, sowohl was die Gerichtskosten angeht, als auch die Anwaltskosten beider Seiten. Die Meldeämter haben beträchtliche Kosten durch die vorgeschriebene Meldung aller An- und Abmeldungen an die Kölner.
Ich greife jetzt mal ein paar Zahlen. Nehmen wir an, dass die 1,5 Mio. beantragten Vollstreckungen einschließlich der vorher versandten Bescheide und Widerspruchsbescheide und der Gerichts- und Anwaltskosten bei den Fällen, die vor Gericht gehen, im Durchschnitt nur 200 Euro pro Fall an Gesamtkosten verursachen, dann sind wir bei 300 Mio. Euro, nicht ganz das Doppelte der Kosten des Beitragsservice. Damit wären wir bei 6% der Beitragseinnahmen. Geben wir für alle sonstigen Kosten noch ein bis zwei Prozent dazu, sind wir bei 7 bis 8%. Das ist nicht wenig.
Würde man die "Aufwandsentschädigungen" der jeweils 50 Rundfunkräte fürs Kaumetwastun und ihrer jeweils 50 Stellvertreter fürs Überhauptnichtstun der einzelnen Rundfunkanstalten als legalisierte Bestechungsgelder für Vertreter der Parteien und gesellschaftlich relevanten Gruppen eintufen und zu den Kosten hinzuaddieren, wäre es nochmal mehr.
Ich habe versucht, über die Berichte der Rundfunkanstalten mehr herauszufinden, aber über ihre Bemühungen zum Einzug des verhassten Beitrags lassen sie sich nicht so gern aus. Im Jahresbericht des WDR zum Beispiel steht im Text nichts von Gehalt. In der Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben sind die Aufwendungen für das Eintreiben des Rundfunkbeitrags Teil der sonstigen Aufwendungen. Die textliche Erläuterung hat für alle sonstigen Aufwendungen nur einen Absatz und teilt mit, dass auf die Beitragseintreibung 40 Mio. entfallen. Was das beinhaltet, kann man nur raten.
Wie viel das Eintreiben des Rundfunkbeitrags, abseits seines riesigen Beitrags zur Förderung der Staatsverdrossenheit, tatsächlich kostet, könnte man vielleicht herausfinden, wenn Parlamentarier in den großen Ländern die jeweilige Regierung danach fragen würden.
[2.9.2017]