SteuersünderHandel mit Steuer-CDs floriert
04.02.2014 · Trotz rechtlicher Bedenken sind Steuer-CDs eine der effektivsten Waffen zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung. Die Qualität der erbeuteten Daten ist aber sehr unterschiedlich.
Von KARSTEN RANDT
Nach wie vor erreichen die Kanzlei Flick Gocke Schaumburg Meldungen über den Ankauf neuer Daten-CDs, die Steuersünder enttarnen. Trotz aller rechtlichen Bedenken floriert der Datenhandel und ist wahrscheinlich eine der effektivsten Waffen zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung. Trotz erheblicher Verbesserung der IT-Sicherheit und der Beschränkung der Zugriffsmöglichkeiten auf die entsprechenden Bankdaten will ein effektiver Schutz nicht gelingen. Experten gehen davon aus, dass mittlerweile die Daten nicht nur durch Indiskretionen von innen heraus abgezogen werden, sondern dass auch eine Durchbrechung der Firewalls von außen erheblich zugenommen hat.
Die Qualität der erbeuteten Daten ist höchst unterschiedlich. Teilweise werden den Fahndern Originaldokumente geliefert, die sowohl Aufschluss über die Person des Steuerpflichtigen geben und konkret die verwalteten Vermögenswerte ausweisen. Manchmal beziehen sich die Informationen auf einige Monate, manchmal nur auf Stichtage. Es kommt vor, dass das Datenmaterial aus alter Zeit herrührt; es kann aber genauso gut Informationen über Vermögensstände aus den Jahren 2010 oder 2011 betreffen. Teilweise werden den Fahndern nur übertragene Namenslisten zur Verfügung gestellt. Der Datendieb hat dann seine Informationen seinerseits handschriftlich übernommen und in Tabellen eingefügt oder, was neuerdings beliebter wird, entsprechende Screenshots mit einer Digitalkamera vom Computerbildschirm getätigt.
Für die Fahnder fängt die Arbeit mit Erhalt der Rohdaten erst an. Sie müssen sich einen Eindruck verschaffen, ob das Datenmaterial tatsächlich werthaltig ist. Dazu gehört, dass sie die Identität der Personen feststellen und im Abgleich mit der Steuerakte prüfen, ob der Genannte überhaupt Steuern verkürzt hat. In vielen Fällen erweist sich dann, dass der Steuerpflichtige zwischenzeitlich schon eine Selbstanzeige abgegeben hat. Als Faustformel lässt sich heute aber festhalten, dass die Fahnder jeder Spur nachgehen. Lässt sich aus dem Datenmaterial nicht eindeutig ein Rückschluss ziehen, dass der Steuerpflichtige zum Beispiel sämtliche Kapitaleinkünfte erklärt hat, werden die Fahnder tätig.
Wenn das Schreiben der Steuerbehörde ins Haus flattert
Dies geschieht in unterschiedlichen Intensitäten. Ist das Datenmaterial hinreichend valide und lässt den Schluss zu, dass der Steuerpflichtige einen größeren Betrag hinterzogen hat, wird im Regelfall eine Durchsuchungsmaßnahme vorbereitet. Das heißt, der Steuerpflichtige erfährt erst morgens mit Erscheinen der Fahnder zur Durchsuchung von dem gegen ihn laufenden Strafverfahren. In dieser Situation ist eine Selbstanzeige nicht mehr möglich. Der Steuerpflichtige kann sich allenfalls Strafmilderungsgründe erarbeiten. An einer Bestrafung wird er aber nicht vorbeikommen. Ist das gefundene Datenmaterial hingegen lückenhaft oder bezieht es sich auf länger zurückliegende Veranlagungszeiträume, wählt der verantwortliche Steuerbeamte zum Teil einen anderen Weg.
Der Steuerpflichtige bekommt nicht am frühen Morgen einen Hausbesuch, sondern lediglich einen Brief zugestellt. Hierin informiert die Behörde darüber, dass man Anhaltspunkte für Auslandsvermögen vorliegen hat, und fordert den Steuerpflichtigen auf, hierzu Stellung zu nehmen. Dieses Schreiben bietet dem Steuersünder eine letzte Chance, da die Selbstanzeige in dieser Situation noch möglich ist. Da die Behörde gegen ihn kein Strafverfahren eingeleitet hat und daher auch noch nicht zu dem Schluss gekommen ist, dass die Tat entdeckt ist, kann er den Kopf noch aus der Schlinge ziehen. Er sollte dann allerdings schnell reagieren und reinen Tisch machen.
Ob die Behörde jedoch wie beschrieben verfährt, ist stets eine Frage des Einzelfalls. In vielen Fällen wird diese Einladung zur Selbstanzeige nicht gewährt, sondern sogleich ein Strafverfahren eingeleitet. Wer daher Post vom Finanzamt bekommt, sollte durch den Steueranwalt prüfen lassen, welche Optionen ihm verbleiben. Aber selbst dann, wenn ein Verdacht nicht naheliegt, nehmen die Finanzbehörden ihnen vorliegendes Material zum Anlass, bei den Steuerpflichtigen nachzufragen.
Daten werden akribisch ausgewertet
Ein in Hessen wohnhafter Steuerpflichtiger hatte im Jahr 2009 eine Selbstanzeige abgegeben und seine ausländischen Kapitaleinkünfte nachbesteuert. Im Jahr 2010 hat er sodann die Erträge seines Auslandsvermögens im Rahmen der Steuererklärung angegeben und ist auch entsprechend veranlagt worden. Nachdem der Steuerfahndung jetzt zusätzliches Kontrollmaterial einer Schweizer Großbank vorliegt, das den Vermögensstand zum 31. Dezember 2010 ausweist, hat man ihn im Nachhinein aufgefordert, den entsprechenden Kontoauszug für Überprüfungszwecke zur Verfügung zu stellen.
Bemerkenswert an dieser Anfrage ist, dass in dem abschließenden Absatz darauf hingewiesen wird, dass für den Fall der Nichtbeantwortung der Anfrage die Finanzbehörde auf der Basis des Deutsch-Schweizer Doppelbesteuerungsabkommens eine Individualanfrage an die Schweiz richten wird. Wenn der Depotauszug nicht geliefert wird, so werden die Schweizer Behörden ersucht, einen entsprechenden Auszug auf den 1. Januar 2011 - ab diesem Zeitpunkt ist eine Amtshilfe möglich - über das Geldinstitut vorzulegen. Auf einem zweiten Blatt steht sicherlich, ob diese Form des Auskunftsersuchens rechtmäßig ist.
Ein entsprechender Depotauszug hätte von der deutschen Finanzbehörde bereits bei Einreichung der Steuererklärung für das Jahr 2010 verlangt werden können. Ob daher auch in diesen Fällen die Schweizer Behörde Amtshilfe leistet, müsste abgewartet werden. Dieser Einzelfall zeigt aber, wie akribisch die Auswertung erlangter Daten erfolgt. Ein weiterer Schritt in Richtung Steuerfahndung ohne Grenzen.
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