EWiR 2014, 771
Zur Kündigung einer Anleihe in Insolvenznähe
BGB § 305c Abs. 2, § 307 Abs. 1, §§ 314, 490 Abs. 1; SchVG §§ 5 ff.
OLG Frankfurt/M., Urt. v. 17. 9. 2014 – 4 U 97/14 (rechtskräftig; LG Frankfurt/M.), ZIP 2014, 2176 = DB 2014, 2521
Leitsatz des Verfassers:
Clemens Just,
Dr. iur., LL.M. (London), Solicitor (England & Wales),
Rechtsanwalt, Partner – McDermott Will & Emery Rechtsanwälte
Steuerberater LLP, FrankfurtM.
1. Die
Beklagte ist ein Solarunternehmen, das 2010 eine Anleihe begeben hat.
Die Anleihebedingungen sahen Kündigungsmöglichkeiten u. a. für den Fall
vor, dass die Beklagte „eine allgemeine Schuldenregelung zu Gunsten
ihrer Gläubiger anbietet“, bzw. bei Bekanntgabe der Zahlungsunfähigkeit
oder allgemeiner Einstellung ihrer Zahlungen. Am 24. 1. 2013
veröffentlichte die Beklagte eine Ad-hoc-Mitteilung, wonach gravierende
Einschnitte bei den Verbindlichkeiten der Gesellschaft, vor allem den
Anleihen, notwendig seien. Die Klägerin erwarb danach die
streitgegenständlichen Schuldverschreibungen zum damaligen Marktpreis
i. H. v. 22 % des Nennwerts. Im April und Mai 2013 veröffentlichte die
Beklagte weitere Ad-hoc-Mitteilungen, in denen allgemein bekanntgegeben
wurde, dass wesentliche Beschlüsse hinsichtlich einer finanziellen
Restrukturierung der Beklagten durch die Hauptversammlung der
Gesellschaft und die Gläubiger der ausgegebenen Anleihen im August 2013
geplant seien. Die Gläubigerversammlung der Beklagten beschloss am
5. 8. 2013, dass die Finanzgläubiger, darunter die Anleihegläubiger, auf
ihre Forderungen i. H. v. 55 % verzichten und dafür neue Aktien der
Beklagten erhalten sollten. Die Klägerin sprach jeweils Kündigungen mit
Schreiben vom 31. 5., 18. 7., 8. 8. sowie 13. 8. 2013 aus. Die Parteien
streiten über die Wirksamkeit der Kündigungen. Das LG wies die auf
Rückzahlung eines Teils des Nennbetrags der Anleihen gerichtete Klage
ab.2. Das OLG hat die Klage im Wesentlichen als begründet angesehen; die Anleihen der Klägerin seien wirksam außerordentlich gekündigt worden, so dass ihr die eingeklagte Summe gegen Aushändigung der substituierten Wertpapiere zustehe.
Hinsichtlich der Kündigung vom 31. 5. macht das OLG deutlich, dass die vorangegangenen Ad-hoc-Meldungen, die Zahlungsunfähigkeit sei nur durch den geplanten Schuldenschnitt zu erhalten, noch keine Bekanntgabe einer Zahlungsunfähigkeit sei. Die Zahlungsfähigkeit bestehe zu diesem Zeitpunkt gerade noch und könne daher auch keine Kündigung rechtfertigen. Auch könne noch kein Anbieten einer allgemeinen Schuldenregelung angenommen werden, da die Ad-hoc-Mitteilungen vom April und Mai noch keine konkreten Angaben enthielten, in welcher Weise eine Änderung der Anleihebedingungen von der Beklagten beabsichtigt sei. Die Kündigung vom 31. 5. könne auch nicht auf § 314 BGB gestützt werden. Dessen
http://ewir-online.de/c92af9d18ca75d3fa16195e9affa7497?referer_id=Uvonepavo210
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen