AsylgesetzSchweiz nimmt Flüchtlingen ihr Geld ab
Dänemark wird international für sein Asylgesetz kritisiert, das den Vermögenseinzug bei Flüchtlingen erlauben will. In der Schweiz ist das schon seit längerem gängige Praxis.
15.01.2016, von CARSTEN KNOP UND DIETRICH CREUTZBURG
Das dänische Parlament will es alsbald beschließen: Flüchtlingen soll bei der Einreise ihr Geld bis auf einen Selbstbehalt von rund 1000 oder 1200 Euro abgenommen werden. Vergleichbar geht die Schweiz schon viel länger vor, bekannt wurde das allerdings erst jetzt. Denn in der Schweiz sind Asylsuchende dazu verpflichtet, bei der Einreise persönliche Vermögenswerte von mehr als 1000 Franken (umgerechnet 914 Euro) abzugeben, um sich an den Kosten für ihren Aufenthalt zu beteiligen. Dies schreibt das Asylgesetz vor, wie das Schweizer Fernsehen (SRF) Donnerstagabend berichtete. Alles, was darüber hinaus geht, fließt an den Schweizer Staat, wenn es nicht zuvor schon für die Kosten der Flucht selbst ausgegeben werden musste.
Autor: Carsten Knop, verantwortlicher Redakteur für Wirtschaftsberichterstattung und Unternehmen. Autor: Dietrich Creutzburg, Wirtschaftskorrespondent in Berlin.
Im Gesetz steht dazu wörtlich: „Sind Sie bei Ihrer Ankunft im EVZ (Empfangszentrum) im Besitz von Vermögenswerten von umgerechnet über 1000 Schweizer Franken, so sind Sie verpflichtet, diese finanziellen Mittel gegen Erhalt einer Quittung abzugeben.“ Die SRF-Sendung „10 vor 10“ zeigte dazu exemplarisch einen syrischen Vater. Er hat das Haus seiner Familie verkauft, um deren Flucht zu finanzieren – und die Schlepperbanden bezahlen zu können. Bei der Ankunft in der Schweiz habe er noch rund 2000 Franken bei sich gehabt. „Ich durfte 1000 Franken behalten, musste aber den Rest des Geldes abgeben und bekam eine Quittung dafür“, berichtete der Syrer in dem Beitrag. Zwar versprachen die Polizisten ihm, dass er das Geld später wieder zurückbekomme. Bis jetzt aber sei das noch nicht passiert.
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Die Praxis kann der Syrer nicht nachvollziehen: „Ich hätte das Geld gebraucht für Kleider für meine drei Kinder. Wir haben nur das dabei, was wir auf der Flucht anhatten.“ Das Staatssekretariat für Migration (SEM) in Bern bestätigte die Vorgehensweise. Das Gesetz schreibe vor, dass Flüchtlinge sich an Verfahrens- und Vollzugskosten beteiligen sowie Sozialhilfegelder zurückzahlen, soweit dies für sie möglich sei. So müssten Flüchtlinge im Falle einer Arbeitsaufnahme 10 Prozent ihres Lohns abgeben. Dies gelte für maximal zehn Jahre beziehungsweise bis zu einer Gesamthöhe von 15 000 Franken, sagte eine Sprecherin der SEM. Wer freiwillig innerhalb von sieben Monaten wieder ausreise, bekomme das eingezogene Geld zurück. Von Menschenrechtsorganisationen in der Schweiz wird die Praxis als unmenschlich kritisiert.
Über 100 Fälle
Die Regelung habe im vergangenen Jahr in 112 Fällen zu einem Einbehalt geführt, hieß es von der zuständigen die Behörde. Insgesamt seien auf diesem Weg 210.000 Franken, also gut 190.000 Euro, zusammengekommen, so dasSchweizer Fernsehen. Beim SEM rechtfertigte man diese Praxis gegenüber dem SRF. Das Asylgesetz sehe vor, dass Asylsuchende oder Flüchtlinge dazu beitragen, die Verfahrens- und Vollzugskosten und auch allfällig erhaltene die Sozialhilfegelder zu decken.
Auch in Deutschland gilt, dass Asylbewerber, falls möglich, mit eigenen Mitteln zur ihrem Lebensunterhalt beitragen müssen. Die Leistungen für Asylbewerber seien ebenso wie jene des Hartz-IV-System „nachrangig“ gegenüber eigenem Vermögen, erläuterte eine Sprecherin des Bundesarbeitsministeriums. Grundsätzlich muss der Staat also nicht zahlen, wenn das vorhandene Vermögen größer als das sozialrechtlich erlaubte Schonvermögen ist.
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Derzeit werde im Bundesarbeitsministerium in dieser Hinsicht aber kein zusätzlicher Regelungsbedarf gesehen. Für die Umsetzung der Vorschriften, die in der Praxis nicht immer einfach sein dürfte, sind bei Asylbewerbern indes die Bundesländer zuständig. Beobachter gehen aber davon aus, dass es in Deutschland wohl eher nicht vorkommt, dass Asylbewerbern von der Polizei Geld abgenommen wird. Formal ist das Vermögen zu prüfen, wenn der Sozialleistungsantrag gestellt wird. Ob die Behörde dann ein Häuschen in Syrien ermitteln könne, sei eine andere Frage. In Paragraph 7 des Asylbewerberleistungsgesetzes heißt es dazu wörtlich: „Einkommen und Vermögen, über das verfügt werden kann, sind von dem Leistungsberechtigten und seinen Familienangehörigen, die im selben Haushalt leben, vor Eintritt von Leistungen nach diesem Gesetz aufzubrauchen.“
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