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Mittwoch, 5. Februar 2014

Die Angst vor einem Crash in den Schwellenländern geht um. Im Interview erklärt Christophe Bernard, Chefstratege von Vontobel, warum die Türkei besonders gefährdet ist und im schlimmsten Fall eine Staatspleite droht.

CHRISTOPHE BERNARD IM INTERVIEW„Es ist schon fast zu spät“

exklusivDie Angst vor einem Crash in den Schwellenländern geht um. Im Interview erklärt Christophe Bernard, Chefstratege von Vontobel, warum die Türkei besonders gefährdet ist und im schlimmsten Fall eine Staatspleite droht.
Der Franzose Christophe Bernard ist Chef-Anlagestratege der Zürcher Privatbank Vontobel.
Der Franzose Christophe Bernard ist Chef-Anlagestratege der Zürcher Privatbank Vontobel.
Herr Bernard, die Währungen vieler Schwellenländer stehen massiv unter Druck. Was ist der Grund?
Der kreditfinanzierte Boom in zahlreichen Ländern stößt an seine Grenzen. Besonders anfällig sind Länder wie die Türkei, Südafrika oder Indonesien, die hohe Leistungsbilanzdefizite angehäuft haben. Hinzu kommen politische Unruhen in Thailand oder der Ukraine. Wir haben im Moment viele Krisenherde.
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Welches Land ist besonders gefährdet?
Die Türkei. Es spricht einiges dafür, dass sich das Land auf dem Weg in eine Krise befindet.
Die türkische Lira verliert drastisch an Wert. Die Notenbank reagiert darauf, indem sie die Leitzinsen verdoppelt. Lässt sich die Kapitalflucht damit stoppen?
Das Land könnte tiefer in die Krise rutschen, wenn sich die Politik nicht grundlegend ändert. Es scheint fast zu spät zu sein. Die Verzweiflungstat der Notenbank, die die Zinsen massiv angehoben hat, zeigt bisher kaum Wirkung.
Was muss passieren?
Die Türkei ist per se ein Land guter Unternehmer – gegenwärtig stellt sich jedoch die Frage, ob die Wirtschaftspolitik angemessen ist. Die Türkei sollte ihr Leistungsbilanzdefizit von sieben Prozent substanziell abbauen. Dazu sind umfassende Reformen notwendig.

Währungsturbulenzen in Schwellenländern

  • Türkei
    Mit einer drastischen Zinserhöhung hat sich die türkische Notenbank gegen den Kursverfall der heimischen Währung Lira gestemmt. Der Satz, zu dem sich die Banken über Nacht Geld bei der Zentralbank leihen können, wurde am Dienstagabend von 7,75 auf 12,0 Prozent angehoben. Der eigentliche Leitzins wurde auf 10 Prozent angehoben von zuvor 4,5 Prozent. Damit soll der Abfluss an ausländischem Kapital gestoppt werden, der die Lira auf ein Rekordtief zum Dollar gedrückt hatte.
  • Südafrika
  • Brasilien
  • Indonesien
  • Indien
  • Thailand
  • Ungarn
  • Russland
Darunter würde die Konjunktur leiden.
Die Regierung geht von einem Wirtschaftswachstum von vier Prozent in diesem Jahr aus. Das erachte ich als unwahrscheinlich. Im günstigsten Fall werden es vielleicht zwei Prozent sein. Wobei das eine konservative Schätzung ist. Auch eine Rezession wäre denkbar.
Glauben Sie, dass Ministerpräsident Erdogan die nötigen Reformen einleiten wird? Erdogan hat bereits angekündigt, dass er zu außergewöhnlichen Maßnahmen greifen will.
Die türkische Regierung war prinzipiell gegen Zinserhöhungen und wird beobachten, ob die Zentralbankpolitik zu einer stabilen Türkischen Lira führt. Ansonsten würde man zu außergewöhnlichen Maßnahmen greifen. Angekündigt wurde die Einführung von Kapitalverkehrskontrollen. Sollte dies der Fall sein, wäre das Vertrauen in die Türkei als Schuldner sicherlich stark beschädigt. Dann könnten wir unter Umständen einen ähnlichen Fall wie den Argentiniens erleben.

http://www.handelsblatt.com/finanzen/boerse-maerkte/anlagestrategie/christophe-bernard-im-interview-es-ist-schon-fast-zu-spaet/9426228.html
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