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Montag, 3. Februar 2014

Steuersünder müssen zittern 03.02.2

ELBSTANZEIGESteuersünder müssen zittern

exklusivAlice Schwarzer tat es, Uli Hoeneß ebenfalls: Mit einer Selbstanzeige meldeten sie ihre Schwarzgeldkonten. Die aktuellen Vorgaben dafür sind alles andere als lax. Doch schon bald sollen sie deutlich verschärft werden.
Alice Schwarzer erstattete Selbstanzeige wegen eines Kontos in der Schweiz. Quelle: dpa
Alice Schwarzer erstattete Selbstanzeige wegen eines Kontos in der Schweiz.Quelle: dpa
DüsseldorfAm Ende bleibt nur das Geständnis. Als bekannt wurde, dass Alice Schwarzer 200.000 Euro plus Zinsen für ein Schwarzgeldkonto min der Schweiz zurückzahlen musste, wandte sich die Frauenrechtlerin an die Öffentlichkeit. „Ich habe in Deutschland versteuerte Einnahmen darauf eingezahlt in einer Zeit, in der die Hatz gegen mich solche Ausmaße annahm, dass ich ernsthaft dachte: Vielleicht muss ich ins Ausland gehen“, schrieb Schwarzer in ihrem, Internet-Blog.
Heute sähe sie das anders. Bei Alice Schwarzer geht es nicht um Kleingeld. Ein Steueranwalt rechnet auf Grund der Nachzahlung mit „Pi mal Daumen 40.000 Euro Erträge pro Jahr“. Bei einer Rendite von fünf Prozent ergäbe das einen Kontostand von 800.000 Euro. Zu Ihrem Vermögen äußert sich Alice Schwarzer bislang nicht gegenüber Handelsblatt Online. „Mein Konto hat sich in diesen Jahrzehnten durch Zinsen und Zinseszinsen vervielfacht, denn in all der Zeit habe ich nie einen Cent von dem Konto abgehoben. Es war einfach da. Zu meiner Beruhigung,“ schreibt sie in Ihrem Blog.
So oder so ähnlich dürften viele gedacht haben, die ein Schwarzgeld-Konto in der Schweiz besitzen. Wer wie Schwarzer wieder in die Legalität zurück möchte, hat es schwer. Denn eine absolut sichere Sache ist die Selbstanzeige schon heute nicht. Prominentester Beweis: Fußball-Manager Uli Hoeneß, der sich bald vor Gericht wegen seiner Steuerhinterziehung verantworten muss.

Fristen und Verjährung bei Steuerhinterziehung

Der großen Koalition sind die Regeln trotzdem noch nicht scharf genug. Im Koalitionsvertrag heißt es, die Regelungen zur strafbefreienden Selbstanzeige würden weiterentwickelt. Und fernab der Öffentlichkeit diskutieren Steuerexperten schon seit Monaten, wie die Vorschriften überarbeitet werden können.
Wer Steuern hinterzieht, dem droht gleich doppeltes Ungemach. Auf der einen Seite fordert der geprellte Fiskus eine Nachzahlung, auf der anderen Seite verhängt der Staat eine Strafe. Einen legalen Weg, die Nachzahlung zu umgehen, gibt es nicht. Die Strafe allerdings kann mit einer Selbstanzeige verhindert werden – sofern diese wirksam, also fehlerfrei ist. Das System funktioniert, allein im vergangenen Jahr haben sich rund 25.000 Steuersünder selbst angezeigt.
Immerhin: Zur kompletten Abschaffung der strafbefreienden Selbstanzeige wird es sobald wohl nicht kommen. Denn das wäre nach Einschätzung einer Fachgruppe aus Steuerabteilungsleitern von Bund und Ländern nicht sinnvoll und vielleicht sogar verfassungswidrig. Einige Verschärfungen sind aber möglich. Der Bericht liegt Handelsblatt Online vor.
Diskutiert werden darin zahlreiche Änderungen, die es dem reuigen Steuerhinterzieher deutlich schwieriger machen würden, straffrei davon zu kommen. Möglicherweise könnten die Änderungen auch dazu führen, dass weniger Steuersünder den Schritt zur Selbstanzeige wagen.
So zielt ein Vorschlag darauf ab, dass künftig die Steuererklärungen für die vergangenen zehn Jahre korrigiert werden müssen, um straffrei zu bleiben. Dies wäre eine deutliche Verschärfung, denn eigentlich verjährt Steuerhinterziehung laut geltendem Strafrecht schon nach fünf Jahren – ebenso wie Diebstahl, Betrug und Korruption.
Ob und wann die angedachten Änderungen tatsächlich umgesetzt werden, ist noch unklar. Bislang beruhen sie nur auf den Überlegungen einer Arbeitsgruppe, als nächstes muss eine Gruppe von Staatssekretären konkrete Vorschläge vorlegen. Danach ist es an der Bundesregierung, einen Gesetzesentwurf zu erarbeiten, dem am Ende Bundestag und Bundesrat zustimmen müssen. Dieser Ablaufplan erweckt den Eindruck als könne es bis zu einem Gesetz noch sehr lange dauern. Zumindest den Finanzministern der Länder scheint das Thema aber unter den Nägel zu brennen.

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„Wir wollen die Selbstanzeige deutlich verschärfen“, sagt etwa der bayerische Finanzminister Markus Söder (CSU). „Wir haben aus Bayern noch einige Ideen dazu.“ Dazu zählen laut seiner Sprecherin die Erhöhung des Strafzuschlags von fünf auf 7,5 oder zehn Prozent sowie die Verlängerung der abgaberechtlichen Verjährungsfristen für hinterzogene Steuern bei schweren Fällen auf 15 Jahre.
Auch seine Kollegin aus Schleswig-Holstein, Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) kennt kein Pardon: „Steuerhinterziehung ist kriminell und komplett inakzeptabel. Ich begrüße es, wenn die goldene Brücke zur Rückkehr in die Legalität künftig nur noch Steuerbetrügern offen steht, die bereit sind, für die vergangenen zehn Jahre reinen Tisch zu machen. Auch das Vorhaben, Steuersündern in schweren Fällen höhere Zuschläge auf die fälligen Nachzahlungen aufzuerlegen, hat meine volle Unterstützung.“
Norbert Walter-Borjans (SPD), Finanzminister in Nordrhein-Westfalen, setzt dagegen einen anderen Schwerpunkt: „Wir wollen eine internationale Regelung. Das wäre der beste Fall. Die muss schnell kommen“, sagt er. „Gegen Betrug am Gemeinwesen helfen nur klare Ansagen und entschlossenes Handeln, am besten international abgestimmt.“
Vorschläge zur internationalen Zusammenarbeit hat die Fachgruppe nicht erarbeitet. Andere Ideen wirken jedoch schon sehr konkret, wenngleich die Steuerexperten an etlichen Stellen auf die Notwendigkeit einer politischen Entscheidung verweisen. Handelsblatt Online zeigt, wo es für Steuerhinterzieher künftig eng werden könnte.

STEUERRECHT INTERNATIONALDas droht Steuerhinterziehern im Ausland

Noch ist nicht sicher, ob und wie sich die Bedingungen für eine strafbefreiende Selbstanzeige in Deutschland in den nächsten Monaten verändern werden. Doch in manchen Fällen muss ein Steuersünder nicht nur dem deutschen Fiskus, sondern auch Finanzbehörden im Ausland Rechenschaft ablegen. Welche Regeln dabei zu beachten sind, hat Rechtsanwalt Tom Offerhaus, Partner der Steuerberatungsgesellschaft WTS Group, in einer Studie zusammengefasst. Diese ist im Elitebrief erschienen.
Quelle: Elitebrief
Bild: dpa
Die gute Nachricht vorweg: Die strafbefreiende Selbstanzeige wird wohl nicht abgeschafft. In dem Bericht heißt es:
„Nach Abwägung aller verfassungsrechtlichen, fiskalischen und administrativen Aspekte spricht sich die Facharbeitsgruppe für die Beibehaltung des Rechtsinstituts der strafbefreienden Selbstanzeige aus. Eine Abschaffung der Selbstanzeige wäre mit erheblichen tatsächlichen und rechtlichen Unwägbarkeiten verbunden.“
Bei Steuerberatern sorgt dies für Erleichterung: „Die Selbstanzeige ist die letzte Chance des Steuerhinterziehers, straffrei in die Legalität zurückzukehren“, sagt Nora Schmidt-Kesseler, Hauptgeschäftsführerin der Bundessteuerberaterkammer. Zudem seinen die Voraussetzungen für eine Selbstanzeige bereits mit dem Schwarzgeldbekämpfungsgesetz verschärft worden.
Auch der Bund der Steuerzahler (BdSt) wertet diese Nachricht positiv. Der Verband setzt sich zwar üblicherweise nicht für Steuerhinterzieher, sondern für mehr Steuergerechtigkeit ein, „doch die Abschaffung der Selbstanzeige würde weder den ehrlichen Steuerzahlern noch dem Fiskus nutzen“, sagt Steuerexpertin Isabel Klocke vom BdSt. „Ohne dieses Instrument würden viele Steuerhinterzieher nie entdeckt.“ Da ihnen in jedem Fall eine Strafe drohen würden, hätten sie keinen Anreiz, sich zu stellen, sondern würden darauf hoffen, unentdeckt zu bleiben. „Zudem darf nicht vergessen werden, dass der Fiskus mit dem Instrument der Selbstanzeige ohne viel Aufwand an die hinterzogenen Steuern kommt“, so Klocke.

Steuerhinterziehung quer durch die Gesellschaft

Insbesondere Unternehmen dürften sich daneben noch über einen weiteren Vorschlag der Facharbeitsgruppe freuen. Dabei geht es um Umsatzsteuervoranmeldungen:
Umsatzsteuervoranmeldung als wirksame Selbstanzeige
„Allein die Abgabe einer korrigierten Anmeldung dürfe keine Tatentdeckung darstellen (Tatbestandsfiktion).“ Und zur Jahreserklärung heißt es: „Gedacht werden könnte auch daran, statt einer Tatbestandsfiktion eine Rechtsfolgenfiktion in der Weise zu regeln, dass die Abgabe einer korrekten Jahreserklärung als wirksame Selbstanzeige hinsichtlich bedingt vorsätzlicher unrichtiger Anmeldung gilt.“
Diese Ideen finden Zustimmung bei den Steuerberatern. „Es ist positiv, dass der Umgang mit Umsatzsteuervoranmeldungen gesetzlich klargestellt werden soll“, sagt Schmidt-Kesseler. „Das hatten wir auch bereits angeregt.“ Die Hauptgeschäftsführerin der Steuerberaterkammer erklärt das Problem so: „Werden Umsatzsteuervoranmeldungen am 10. des Folgemonats eingereicht, so sind zu diesem Zeitpunkt oft noch nicht alle Geschäftsvorfälle erfasst beziehungsweise abschließend beurteilt worden. Eine Korrektur muss möglich sein, ohne dass dies stets strafrechtlich relevant wird.“

STEUERAFFÄREHoeneß soll in sieben Fällen angeklagt werden

Bayern-Präsident Uli Hoeneß muss sich offenbar in sieben Fällen wegen Steuerhinterziehung verantworten. Die Anklagepunkten müssen bei einer Verurteilung einzeln bestraft werden – das könnte Hoeneß zugute kommen.
Steueraffäre: Hoeneß soll in sieben Fällen angeklagt werden
Positiv bewertet der BdSt auch die Ausführungen zur Umsatzsteuervoranmeldung. „Werden heute fehlerhafte Anmeldungen abgegeben, kann das schnell auch strafrechtliche Folgen für die Unternehmen haben“, sagt Klocke. „Hier ist ein Nachjustieren angedacht und das wäre auch sinnvoll.“
Soweit auch schon die positiven Nachrichten. Besonders intensiv hat sich die Facharbeitsgruppe jedoch damit beschäftigt, wie die Voraussetzungen, unter denen ein Steuerhinterzieher Straffreiheit durch Selbstanzeige erzielen kann, verschärft werden können.

KOALITIONSVERTRAGDas sind die Steuerpläne der Großen Koalition

Bekämpfung von Steuerhinterziehung
Wie genau die neue Regierung Steuerhinterziehung bekämpfen will, bleibt im Koalitionsvertrag noch unklar. Die Parteien haben jedoch erklärt: „Wir sind uns einig, dass die Bekämpfung von Steuerhinterziehung, ein wirksamer Steuervollzug und die konsequente Einhaltung der Schuldenbremse für die Sicherung der Einnahmen und der Handlungsfähigkeit des Staates unerlässlich sind.“ Zudem solle  die Zusammenarbeit „mit allen zuständigen Aufsichts- und Ermittlungsbehörden“ intensiviert werden.
Bild: dpa
1. Verschärfung: Straffreiheit nur bei Berichterstattung über die vergangenen zehn Jahre
„Die Erlangung von Straffreiheit durch eine Selbstanzeige könnte im Gegensatz zur aktuellen Rechtslage davon abhängig gemacht werden, dass der Steuerhinterzieher vollständige Angaben zu dem für die Nachversteuerung relevanten Zeitraum macht, in dem er Steuern hinterzogen hat (zehn Jahre).“
Grundsätzlich gilt: Beim Thema Steuerhinterziehung sind immer zwei Rechtsbereiche betroffen: das Steuerrecht und das Strafrecht. „Die Selbstanzeige wirkt nur im strafrechtlichen Bereich, sie kann also dazu führen, dass eine Steuerhinterziehung nicht bestraft wird. Vor Steuernachzahlungen schützt sie jedoch nicht“, erklärt Martin Wulf, Fachanwalt für Steuerrecht in der Kanzlei Streck Mack Schwedhelm in Berlin. Steuerrechtlich macht es deshalb keinen Unterschied, wie das Finanzamt auf die Steuerhinterziehung aufmerksam wird. Die Steuern müssen nachgezahlt werden, egal, ob sich eine Person selbst angezeigt hat oder Steuerfahnder ihr Haus durchsucht und belastende Dokumente gefunden haben.

Tipps zur Steuererklärung

Je nach der Ursache der Steuerverkürzung gelten im Steuerrecht drei verschiedene Verjährungsfristen: vier, fünf und zehn Jahre. Entscheidend ist, inwieweit die unzutreffende Festsetzung durch den Steuerpflichtigen verschuldet wurde. Die Normalverjährung von vier Jahren gilt beispielsweise für den Fall, dass dem Steuerzahler in seiner Steuererklärung versehentlich ein unbemerkter Zahlendreher passiert ist.
Bei leichtfertiger Steuerhinterziehung verlängert sich die Verjährung auf fünf Jahre. Abgezielt wird dabei auf grob fahrlässiges Verhalten – zum Beispiel, wenn ein Unternehmer seine Buchführung vernachlässigt. Vorsätzliche Steuerhinterziehung – etwa das bewusst nicht angegebene Konto im Ausland – verjährt erst nach zehn Jahren.
Bei einer schweren Steuerhinterziehung gilt seit Ende 2008 auch für die Strafe eine Verjährung von zehn Jahren. Besonders schwerwiegend sind gemäß der BGH-Rechtsprechung insbesondere erschlichene Steuererstattungen von jährlich mindestens 50.000 Euro oder verschwiegene Einnahmen mit einer Steuernachzahlung ab 100.000 Euro pro Jahr. Die Regel ist jedoch eine strafrechtliche Verjährung von fünf Jahren. Bei vorsätzlicher Steuerhinterziehung kann das Finanzamt also die Nachzahlung für die vergangenen zehn Jahre verlangen, eine etwaige Strafe bezieht sich aber im Normalfall nur auf die vergangenen fünf Jahre.

STEUERHINTERZIEHUNGDiese Promis wurden schon verurteilt

900.000 Euro hinterzogene Steuern: Der Sänger Freddy Quinn hatte seinen Hauptwohnsitz jahrelang in der Schweiz, lebte aber überwiegend bei seiner Hamburger Lebensgefährtin Lilly Blessmann. Die deshalb in Deutschland fälligen Steuern, zwischen 1998 und 2002 immerhin rund 900.000 Euro, hat der Österreicher nach eigenem Eingeständnis aber nie bezahlt. Er habe sich nie mit finanziellen Dingen beschäftigt, rechtfertigte sich der Musiker vor Gericht. Außerdem beglich er sofort seine Steuerschuld, so dass im Prozess 2004 die verhängte Haftstrafe von zwei Jahren zur Bewährung ausgesetzt wurde. Hinzu kam ein Bußgeld über 150.000 Euro.
Bild: ap
Bisher hat diese Regelung zur Folge, dass der Steuerhinterziehe im Regelfall auch nur die Steuererklärungen für die vergangenen fünf Jahre ergänzen oder korrigieren muss, um Straffreiheit zu erlangen. Für den strafrechtlich bereits verjährten Zeitraum muss er keine Unterlagen einreichen. Für diese Jahre schätzt das Finanzamt die Steuerschuld – es sei denn der Hinterzieher macht dazu von sich aus Angaben. „In der Praxis ist es tatsächlich so, dass wohl 90 Prozent der Betroffenen schon heute die kompletten zehn Jahre nacherklären, denn die Schätzungen der Finanzämter sind meist sehr hoch gegriffen“, sagt Anwalt Wulf.
Ginge es nach der Facharbeitsgruppe, soll den Steuerhinterziehern diese Wahlmöglichkeit genommen werden. Bedingung für die Straffreiheit soll sein, dass sie vollständige Angaben zu den vergangenen zahn Jahren machen. Dadurch werde die Festsetzung „inhaltlich zutreffender und weniger verwaltungsaufwendig“, zudem würde „die Verdeckungsmöglichkeit der Kapitalstammentstehung (wesentlich) erschwert“, so die Arbeitsgruppe.

Im Visier der Steuerfahnder

Steueranwalt Wulf hält eine solche Regelung für unsinnig und fürchtet ungewollte Folgen: „Es gibt Hunderte von Fehlern, bei denen es höchst streitig ist, ob diese vorsätzlich begangenen wurden“, so der Anwalt. Diese Fälle offenzulegen und mit dem Finanzamt zu erörtern werde unnötig verkompliziert. Außerdem seien insbesondere bei großen Unternehmen die Vorgänge oft so komplex, dass eine lückenlose Aufklärung nach zehn Jahren kaum möglich sei. Und: „Wenn die Unterlagen nicht mehr vorliegen oder nicht eindeutig sind, kann daran auch eine solche Regelung nichts ändern, dann muss das Finanzamt trotzdem schätzen.“
Auch von der Bundessteuerberaterkammer kommt Kritik: „Je komplexer ein Steuerfall, desto größer ist das Risiko eine fehlerhafte Selbstanzeige abzugeben“, sagt auch Schmidt-Kessler. „Dies wird durch eine Verlängerung des zu berücksichtigenden Zeitraums weiter erschwert. Soll die Selbstanzeige tatsächlich als funktionierendes Element im Besteuerungsverfahren erhalten bleiben, muss sie auch praxistauglich ausgestaltet sein.“
2. Verschärfung: Sofortige Nachzahlung auch für den steuerrechtlich unverjährten Zeitraum
Soll die „sofortige Nachzahlung für den steuerrechtlich unverjährten Zehnjahreszeitraum Bedingung für die strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeige sein“?
Diese Idee knüpft an den ersten Verschärfungsvorschlag an. Sie klingt zunächst schlimmer als sie ist – wäre aber trotzdem nachteilig für Hinterzieher. „Gemeint ist damit wohl nicht, dass der Steuersünder gleich mit der Selbstanzeige auch einen Scheck über die Nachzahlung einreichten soll“, sagt Wulf. Vielmehr sei es bislang so, dass das Finanzamt für die Zahlung eine Frist setzen kann. Nur wer rechtzeitig zahlt, kommt straffrei davon. Die Arbeitsgruppe regt nun an, dass bei einer längeren Berichterstattungspflicht die Nachzahlung für den gesamten Zeitraum zur Bedingung für die Straffreiheit gemacht wird.
3. Verschärfung: Straffreiheit in schweren Fällen nur bei Strafzahlung
„Die Selbstanzeige könnte für weitere Fälle der schweren Steuerhinterziehung ausgeschlossen werden. Bislang ist sie nur bei Steuerhinterziehung in großem Ausmaß ab einem Hinterziehungsvolumen von mehr als 50.000 Euro unzulässig. In den Fällen der schweren Steuerhinterziehung käme dann stets nur ein Absehen von Strafe nach § 398a AO in Betracht, sofern der Täter zusätzlich zur Nachzahlung 5 % der hinterzogenen Steuer entrichtet.“
An dieser Stelle nimmt die Facharbeitsgruppe Bezug auf zwei verschiedene Paragraphen der Abgabenordnung. Bislang werden in der Abgabenordnung (§370, Abs. 3) fünf verschiedene Varianten beschrieben, die eine Steuerhinterziehung zu einem besonders schweren Fall machen.
1. „Wenn der Täter in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt“
2. „Wenn der Täter seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger missbraucht“
3. „Wenn der Täter die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht.“
4. „Wenn der Täter unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt“ oder
5. „Wenn der Täter als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt.“

Wer muss eine Einkommensteuererklärung machen?

In diesen Fällen kann der Steuerhinterzieher zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zehn Jahren verurteilt werden. „Noch kann in diesen Fällen die Strafe durch eine Selbstanzeige verhindert werden“, sagt Wulf. Die Facharbeitsgruppe schlägt jedoch vor, dass eine Straffreiheit in diesen Fällen künftig nur noch dann gewährt wird, wenn der Hinterzieher zusätzlich eine Strafe in Höhe von fünf Prozent des hinterzogenen Betrags zahlt.
Die mögliche Neuregelung wird angelehnt an den § 371 Abs 2 Nr.3, in dem die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aufgegriffen wird. Straffreiheit ist demnach nicht möglich, wenn pro Jahr mindestens 50.000 Euro Steuern hinterzogen wurden. Von einer Strafe muss das Gericht jedoch dann absehen, wenn zusätzlich zur Steuernachzahlung ein Betrag von fünf Prozent der hinterzogenen Steuern in die Staatskasse eingezahlt wird (§ 398a AO).

STEUERZAHLER HABEN GEWÄHLTDas kundenfreundlichste Finanzamt steht in...

Bald fängt sie wieder an, die heiße Phase für die Finanzämter. Sobald alle Bescheinigungen der Arbeitgeber, Banken und Versicherungen vorliegen, reichen Millionen Steuerzahler ihre Einkommensteuererklärungen ein. Die Akademische Arbeitsgemeinschaft hat die Nutzer ihres Onlineportals Steuertipps.de befragt, welches das kundenfreundlichste Finanzamt der Republik ist. Zur Wahl standen insgesamt 572 Ämter.
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4. Verschärfung: Keine Straffreiheit auch bei niedrigerem Hinterziehungsvolumen
„Die Selbstanzeige könnte auch für Fälle mit einem Hinterziehungsvolumen von weniger als 50 000 Euro ausgeschlossen werden, möglich wäre dann auch in "kleineren" Fällen nur noch ein Absehen von Strafe bei gleichzeitiger Zahlung des Zuschlags von 5 % nach § 398a AO. Anhaltspunkte dafür, wo diese Betragsgrenze zu ziehen wäre, sind indes kaum vorhanden. Im Ergebnis ist diese Frage politisch zu entscheiden.“
Eine solche Änderung könnte den Kreis derer, die durch Selbstanzeige einer Strafe entgehen können, deutlich verkleinern. Die Grenze von 50.000 Euro orientiert sich bislang an der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Laut Arbeitsgruppe sei dies aber rechtlich nicht zwingend. „Denkbar wäre auch eine Herabsetzung dieses Betrags und damit ein früheres Eingreifen des § 398a AO“, so die Experten.
Dass eine solche Änderung tatsächlich kommt, erscheint aber aufgrund der Formulierung der Steuerexperten aber fraglich. Denn: „Anhaltspunkte für eine derartige Betragsgrenze sind jedoch kaum vorhanden. Die durchschnittliche Größenordnung einer Selbstanzeige kann nicht beziffert werden.“ Unter bestimmten Voraussetzungen könne eine solche Grenze aber dennoch möglich sein. Letztlich sei die Frage einer Absenkung der Ausschlussgrenze politisch zu entscheiden.

Was sich alles von der Steuer absetzen lässt - und was nicht

5. Verschärfung: Straffreiheit nur bei Zahlung der Hinterziehungszinsen
„Die Erlangung der Straffreiheit durch Selbstanzeige könnte zusätzlich an die sofortige Entrichtung der Hinterziehungszinsen in Höhe von 6 % p.a. geknüpft werden. Bislang ist nur die Nachzahlung der hinterzogenen Steuer Wirksamkeitsvoraussetzung. Auch die Voraussetzungen eines Absehens von Strafe nach § 398a AO könnten entsprechend verschärft werden.“
Rechtlich, so die Erklärung der Arbeitsgruppe, sei es möglich, die sofortige Entrichtung von sogenannten Nebenleistungen zur Voraussetzung für eine wirksame Selbstanzeige zu machen. Als Vorteil nennen die Steuerexperten, „dass die Hinterziehungszinsen vom Finanzamt nicht (mit zusätzlichem Verwaltungsaufwand) im Rahmen der Vollstreckung eingetrieben werden müssten“.
„Wie bei der Nachzahlung der Steuern für den verjährten Zeitraum ist hier aber wohl nicht gemeint, dass die Zahlung zeitgleich zur Selbstanzeige erfolgen muss“, erklärt Anwalt Wulf. Vielmehr ginge es darum, dass das Finanzamt eine Frist für die Zahlung setzen und diese zur Bedingung für die Straffreiheit machen könne.
Die Praxistauglichkeit einer solchen Regelung sehen die Steuerexperten jedoch selbst kritisch: „In Anbetracht der Tatsache, dass Selbstanzeigen nicht nur bei Hinterziehung von Kapitalerträgen abgegeben werden, sondern häufig auch von kleinen und mittleren gewerblich Tätigen, wurde aber die Gefahr gesehen, dass eine weitere ‚Verteuerung’ der Selbstanzeige diese praktisch nur noch für solvente Personen zuließe“, heißt es in dem Bericht.

STEUERURTEILEErben bekommen Schonfrist

Erbschaftssteuer kann vorläufig ausgesetzt werden
Viele Erben in Deutschland können sich nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs vorläufig von der Erbschaftssteuer befreien lassen. Bis zu einer Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts über das geltende Erbschaftssteuergesetz müssten die Erbschaftssteuerbescheide auf Antrag des Steuerzahlers ausgesetzt werden, teilte das oberste deutsche Steuergericht mit (Az.: II B 46/13). Voraussetzung dafür ist aber ein berechtigtes Interesse des Steuerpflichtigen. Dies liegt nach Auffassung der Richter auch dann vor, wenn der Erbe die fällige Steuer nicht aus seinen flüssigen Mitteln zahlen kann, sondern zum Beispiel ein geerbtes Haus verkaufen müsste, um seiner Steuerpflicht nachzukommen. Allerdings müssen die Erben nach Angaben eines Sprechers des Bundesfinanzhofs in diesem Fall sechs Prozent Zinsen pro Jahr für die fällige Erbschaftssteuer zahlen. In den meisten Fällen dürfte die Aussetzung der Steuer daher für die Steuerpflichtigen nicht attraktiv sein, erläuterte er.
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6. Verschärfung: Höhe des Zuschlags könnte steigen
„Der in den Fällen des Absehens von Strafe nach § 398a AO zu entrichtende Zuschlag von 5 % könnte betragsmäßig im Rahmen von 2 % bis 10 % gestaffelt werden; diese Staffelung würde sich insbesondere bei gleichzeitiger Absenkung der Betragsgrenze, bis zu der eine Selbstanzeige noch möglich ist, anbieten. Alternativ wäre eine generelle Anhebung des Zuschlags auf 7,5 % in allen Fällen des Absehens von Strafe nach § 398a AO denkbar.“
Ein ähnlicher Vorschlag war auch aus dem bayerischen Finanzministerium zu hören. Minister Markus Söder nannte ebenfalls eine Steigerung auf 7,5 oder zehn Prozent. Der Zuschlag bezieht sich auf die Summe der hinterzogenen Steuern. Wenn ein Steuerhinterzieher diesen Zuschlag zugunsten der Staatskasse zahlt, kann er auch dann straffrei davon kommen, wenn er eine schwere Steuerhinterziehung begangen hat.
„Eine Staffelung wäre meiner Meinung nach allemal besser als die geltende Regelung, allerdings sollte sich diese nicht allein an der hinterzogenen Summe orientieren, sondern auch an der Schwere der Steuerhinterziehung und insbesondere danach, ob der Betroffene zu eigenen Gunsten gehandelt hat“, sagt Steueranwalt Wulf.

Diese Steuerklassen gibt es

Fazit
Letztlich zielen all diese Vorschläge darauf ab, die Einnahmen für den Fiskus zu erhöhen. Steueranwalt Wulf sieht in den Verschärfungen aber mehrere Gefahren: „Zum einen wird bei solchen Maßnahmen verkannt, dass nicht hinter jeder Steuerhinterziehung kriminelle Energie steckt.“ Zudem bestehe die Gefahr, dass verschärfte Strafen die Hinterzieher von einer Selbstanzeige abhalten könnten: Wenn die Chancen auf Straffreiheit sinken, könnte zugleich die Bereitschaft steigen, das Risiko einzugehen entdeckt zu werden.“
Schmidt-Kessler von der Steuerberaterkammer fürchtet vor allem um die Rechtssicherheit für Unternehmen: „Die bereits erfolgten gesetzlichen Änderungen am Rechtsinstitut der Selbstanzeige verkennen, dass der Unternehmensalltag sehr vielschichtig ist. Außerdem lassen sie die Komplexität des Steuerrechts unberücksichtigt“, so die Hauptgeschäftsführerin. „Die Selbstanzeige, die dem Staat unbekannte Steuerquellen erschließt und dem Steuerpflichtigen die Rückkehr in die Steuerehrlichkeit ermöglicht, birgt bereits jetzt ein schwer kalkulierbares Risiko. Werden die Voraussetzungen für eine wirksame Selbstanzeige weiter verschärft, führt dies in vielen Fällen zu weiterer Rechtsunsicherheit.“
Vor dem Hintergrund der drohenden Gesetzesänderung könne eine baldige Selbstanzeige für Steuerhinterzieher besonders sinnvoll sein. „Wenn die Nachforschungen zukünftig noch weiter in die Vergangenheit gehen müssen, macht es natürlich Sinn, eine Selbstanzeige unter der jetzt noch geltenden Gesetzeslage abzugeben“, sagt Schmidt-Kesseler. „Das Gesetzgebungsverfahren läuft noch nicht. Wir gehen davon aus, dass es nicht zu einer rückwirkenden Änderung kommen wird.“

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