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Griechenland hat noch einen weiten Weg zu gehen - doch sollte das Land seine Ausgaben soweit heruntergefahren haben, dass es mit den eigenen Ausgaben auskommt, dann kann es mit einem Schuldenschnitt auch der öffentlichen Gläubiger hoffen. Das hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dem Krisenland in Aussicht gestellt: "Wenn Griechenland eines Tages wieder mit seinen Einnahmen auskommt, ohne neue Schulden aufzunehmen, dann müssen wir die Lage anschauen und bewerten", sagte Merkel der "Bild am Sonntag". Dieser Fall wird nicht von heute auf morgen eintreten, ist aber auch nicht endlos weit entfernt.
Nach den Planungen der Euro-Zone soll Griechenland bereits im übernächsten Jahr einen Primärüberschuss (Einnahmen minus Ausgaben ohne Zinszahlungen). Eine Auffasssung, die Merkel teilt: Eine Neubewertung der Lage sei "nicht vor 2014/15 der Fall, wenn alles nach Plan läuft".
Dagegen erteilte der Parlamentarische Staatssekretär im Finanzministerium, Steffen Kampeter (CDU), einem weiteren Schuldenschnitt für Griechenland erneut eine Absage. Dieser "würde kein nachhaltiges Vertrauen in die Anlageklasse Staatsfinanzen schaffen", sagte er dem Magazin "Focus". "Je länger wir den Druck auf dem Kessel halten, umso preiswerter wird es für den deutschen Steuerzahler."
Über einen Schuldenschnitt für Griechenland wird in der Eurozone heftig diskutiert. Befürworter argumentieren damit, dass Athen nur durch eine solche Maßnahme wieder auf die Beine kommen könne. Zu den vehementen Gegnern zählte bisher die Bundesregierung.
Unter Ökonomen und auch in der Politik gilt jedoch als Sicher, dass Griechenland auf Dauer nicht ohne Schuldenerlass überlebensfähig ist. Matthias Kullas vom "Centrum für Europäische Politik" weist zudem darauf hin, dass der vereinbarte Schuldenrückkauf wie ein Schuldenschnitt wirkt. Da aber nur noch ein kleiner Teil der griechischen Schulden von Privaten gehalten werden müssten bald auch die öffentlichen Gläubiger ran. Ein rascher Schuldenschnitt würde jedoch den Reformdruck mindern - in Griechenland, aber auch in anderen Krisenstaaten.
Den Schuldenrückkauf muss Griechenland in der kommenden Woche angehen. Die griechische Regierung soll eigene Anleihen zurückkaufen, um so die Schuldenlast zu drücken. Finanzminister Ioannis Stournaras will beim Treffen der Euro-Finanzminister an diesem Montag in Brüssel über das Anfang dieser Woche startende Programm berichten.
Für einen Erfolg müssten sich genügend Anleger von griechischen Schuldscheinen trennen. Dies ist wiederum Voraussetzung für die Freigabe weiterer Hilfen an Athen.
Zweifel am Erfolg des Rückkaufprogramms
Griechenland will Staatsanleihen von privaten Investoren zu einem Preis zurückkaufen, der deutlich unter dem geschuldeten Nennwert zum jeweiligen Laufzeitende liegt. Für den Schuldenrückkauf sollen rund zehn Milliarden Euro in die Hand genommen werden.
Diese werden aus dem laufenden Programm finanziert, eventuell auch über eine Vorfinanzierung durch den Rettungsfonds EFSF. Zuletzt hielten Privatanleger griechische Staatsanleihen von etwa 62 Milliarden Euro. Ihnen soll nun ein Rückkaufangebot gemacht werden.
Die Ergebnisse der Rückkaufaktion werden Mitte Dezember erwartet. Dann wollen die Euro-Finanzminister - voraussichtlich am 13. Dezember - und der Internationale Währungsfonds (IWF) über die Auszahlung weiterer Hilfen von rund 44 Milliarden Euro aus dem laufenden Rettungspaket entscheiden. Ökonomen zweifeln nach einem Bericht der "Welt am Sonntag" am Erfolg des geplanten Rückkaufs.
Für Hedgefonds bestünden große Anreize, ihre Anleihen weiter zu behalten und auf weitere Kursgewinne zu setzen, sagte Jürgen Michels, Europa-Chefvolkswirt der Citigroup (NYSEArca:BUW - Nachrichten) .
Der frühere Deutsche-Bank-Chefökonom Thomas Mayer sagte: "Wenn es in der Tat so wäre, dass Griechenlands Schulden nun tragfähig wären, dann gäbe es für die Besitzer von griechischen Staatsanleihen keinen Grund, sich jetzt von diesen Anleihen unter pari zu trennen." Seien die Schulden aber nicht tragfähig sind, müsste der IWF eigentlich aussteigen.
Opposition kritisiert Merkels-Griechenland-Kurs
Die Kanzlerin bescheinigte in dem Interview am Sonntag der derzeitigen griechischen Regierung den Willen zu durchgreifenden wirtschaftspolitischen Reformen. "Ich nehme in der griechischen Regierung endlich eine Entschlossenheit wahr, das Land umzukrempeln, moderne Strukturen zu schaffen", sagte Merkel. "Deutschland wird sich da mit Rat und Tat beteiligen." Mit Blick auf vorherige Regierung in Athen sagte Merkel, Griechenland habe "seine Partner in den vergangenen Jahren oft enttäuscht".
Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) sprach sich dafür aus, die Mittel aus einer Finanztransaktionssteuer für Wachstumsimpulse in den Euro-Krisenländern zu nutzen. Er sei "seit langem ein Anhänger der Finanztransaktionssteuer" und hätte nichts dagegen, "wenn man einen Teil dieser Steuereinnahmen in den Sorgenländern einsetzen würde, um dort Wachstumsimpulse zu generieren", sagte Seehofer dem "vbw-Unternehmermagazin", das in der kommenden Woche erscheint. Zur Eindämmung der Schuldenkrise in Europa seien "die Weichen richtig gestellt", sagte Seehofer.
Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, warf der Bundesregierung vor, bei der Unterstützung Griechenlands "permanent die Unwahrheit" zu sagen. Die Aussage von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), die neuen Griechenlandhilfen kosteten den Steuerzahler nichts, sei "schlicht falsch", erklärte Oppermann am Samstag in Berlin.
Der Linken-Vorsitzende Bernd Riexinger äußerte Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der am Freitag vom Bundestag verabschiedeten Griechenland-Hilfe. Eine große Mehrheit des Bundestages habe sich mit dem Beschluss der "Veruntreuung von Steuergeldern schuldig gemacht", sagte Riexinger der "Mitteldeutschen Zeitung" vom Samstag.
Für das Griechenland-Paket stimmten am Freitag 473 Abgeordnete, mit Nein votierten 100, elf Parlamentarier enthielten sich. Das Paket umfasst unter anderem ein Schuldenrückkaufprogramm, Zinssenkungen und längere Kreditlaufzeiten. Verbunden damit ist die grundsätzliche Freigabe von Hilfszahlungen in Höhe von insgesamt 43,7 Milliarden Euro an Griechenland.
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