DüsseldorfGriechenlands Mitgliedschaft in der Euro-Zone war von Anfang an mit Betrug und Intransparenz verbunden. Und von Anfang an waren die Partner in der Euro-Zone Mittäter - weil sie ganz bewusst wegschauten, als Athen die Schuldenstatistiken frisierte. Spätestens in der vergangenen Nacht sind aus den Mitläufern Täter geworden: Bei dem Kompromiss über die Finanzierung der Griechenland-Hilfe geht es vor allem darum, die unausweichlichen Lasten für die Steuerzahler zu verschleiern
Das ganze Konstrukt dient dazu, die Lasten für den Steuerzahler zu kaschieren,“ urteilt der Commerzbank-Ökonom Christoph Weil. Statt Griechenland einen offenen Schuldenschnitt zu gewähren gibt es ein Bündel verschiedener Maßnahmen, die den Steuerzahler alle Geld kosten werden, die aber nicht so leicht zu durchschauen sind.
Die Ausgangslage war klar: Die Griechen können ihre in früheren Hilfsprogrammen vorgegebenen Schuldenziele nicht erreichen, weil die Wirtschaft noch viel stärker einbrach, als zunächst befürchtet. Daher soll das Land mehr Zeit bekommen, die Gesamtverschuldung auf ein Niveau zurückzuführen, das als tragfähig gilt.
Aber das kostet Geld - das aber keiner der Partner auf den Tisch legen will. Die Bundesregierung unter Führung von Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble schon gar nicht, denn sie muss sich 2013 einer Wahl stellen.
Ohne finanzielle Zugeständnisse der Gläubiger würde die griechische Schuldenlast nach den Planungen der Troika im Jahr 2020 bei 144 Prozent der Wirtschaftsleistung liegen. Als tragfähig gilt jedoch nur ein Niveau von höchstens 120 Prozent. Zwischen beiden Werten klafft eine Lücke von 40 Milliarden Euro.
Die muss finanziert werden. Das ist auch den Euro-Retter klar, doch wollen sie um jeden Preis vermeiden, diese Wahrheit den Steuerzahlern einzugestehen.
In der vergangenen Nacht haben sich die Euro-Finanzminister und der IWF nun auf einen neuen Schulden-Kompromiss verständigt. Konkret wollen sie die Finanzlücke der Griechen durch den Rückkauf von Anleihen, durch niedrigere Zinsen und durch einen Rückgriff auf Gewinne der EZB finanzieren.
Außerdem wurde das Ziel verrückt: die griechischen Schulden sollen bis 2020 nicht auf 120, sondern nur auf 124 Prozent der Wirtschaftsleistung fallen.
Aber wo sollen nun die 40 Milliarden Euro aufgetrieben werden?
Der erste Baustein des Kompromisses sind günstigere Kreditkonditionen für Griechenland. Die Zinsen für bilaterale Hilfskredite werden um 100 Basispunkte gesenkt. Außerdem stundet der Rettungsschirm EFSF den Griechen für zehn Jahre die Zinsen und verlängert die Laufzeit seiner Kredite um 15 Jahre. Insgesamt soll das die Schuldenquote 2020 um fünf Prozentpunkte senken - auf Kosten des EFSF und seiner Anteilseigner. Das sind am Ende die Steuerzahler aller beteiligten Länder.
Zweitens wollen die Euro-Länder die Gewinne aus den Griechenland-Anleihen der EZB an Griechenland weiterreichen. Die EZB hält griechische Anleihen mit einem Nominalwert von etwa 45 Milliarden Euro. Die darauf anfallenden Erträge zahlt sie derzeit an die Euro-Regierungen aus. Diese sollen künftig die Mittel an Griechenland weiterleiten. Das würde Athens Schuldenquote um 2,5 Prozentpunkte senken, erneut auf Kosten der Haushalte der Euro-Länder.
Drittens soll Griechenland rund die Hälfte der 40 Milliarden Euro durch einenAnleiherückkauf aufbringen. Dahinter steht folgende Logik: Zurzeit halten private Gläubiger griechische Staatsanleihen mit einem Nominalwert von etwa 67 Milliarden Euro. An den Finanzmärkten notieren diese Papiere aber nur noch bei etwa 30 Prozent dieses Wertes. Kauft Griechenland für 10 Milliarden Euro eigene Staatsanleihen zurück, könnte es so den Schuldenstand um netto 23 Milliarden Euro drücken.
Hört sich genial an, hat allerdings ein paar Haken. Zum einen ist nicht klar, ob genug Gläubiger mitmachen. Für Kleinanleger könnten die Kosten eines Umtauschs zum Beispiel zu hoch sein. Zum anderen halten griechische Banken etwa ein Drittel der Schulden. Wenn sie sich beteiligen, müssten sie Abschreibungen treffen und bräuchten eventuell neues Kapital.
Die Griechen sollen den privaten Investoren bis zum 13. Dezember ein Angebot über den Rückkauf von Anleihen machen, damit die Euro-Finanzminister am selben Tag die Auszahlung der Hilfsgelder von 43,7 Milliarden Euro beschließen können.
Der IWF, der selbst zu den wichtigsten Gläubigern Griechenlands zählt, hegt selbst Zweifel daran, dass dieser Rückkauf klappt. IWF-Chefin Lagarde setzte in den nächtlichen Verhandlungen durch, dass der Währungsfonds seine nächsten Kredittranchen an Griechenland erst auszahlen, wenn dieser Anleiherückkauf tatsächlich erfolgreich war.
Sollte der Rückkauf jedoch scheitern, steht die nächste Finanzierungsrunde an. Und der Schuldenschnitt für öffentliche Gläubiger (im Klartext: Steuerzahler) rückt einen weiteren Schritt näher.
Für Christoph Weil ist der Fahrplan klar. „Wir werden mit hoher Wahrscheinlichkeit 2014 wieder über die Schuldentragfähigkeit Griechenlands diskutieren,“ sagt er voraus. Einen Grund, die Stunde der Wahrheit so lange hinauszuzögern, sieht der Ökonom nicht: „Im Sinne der Transparenz für den Steuerzahler wäre ein klarer Schnitt besser gewesen.“
na ja....der schuldenrückkauf hat ja wohl bestens geklappt....
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