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Montag, 17. Dezember 2012
Für wen war der griechische Schuldenrückkauf ein Erfolg?
Für wen war der griechische Schuldenrückkauf ein Erfolg?
Die Gläubiger profitieren, der Staat und die Steuerzahler haben nichts davon / Von Frank Westermann
I n Schwellenländern sind Schuldenkrisen
nichts Ungewöhnliches. In Lateinamerika
zum Beispiel hat sich die Krise
über die gesamten achtziger Jahre hingezogen.
Fast alle denkbaren Instrumente
und Lösungsansätze wurden dort schon
einmal ausprobiert. Nur leider sucht sich
nun die Eurozone gerade diejenigen
Instrumente aus, die sich rückblickend
nicht bewährt haben.
Hierzu zählen insbesondere die Schuldenrückkäufe,
die vor ein paar Tagen in
Griechenland durchgeführt wurden. Mexiko
gab in den Achtzigern auf diese Weise
10 Milliarden Dollar aus, Brasilien 8 Milliarden
Dollar und Chile 1,5 Milliarden
Dollar. Besonders tragisch war der Fall
von Bolivien, das im März 1988 46 Prozent
seiner gesamten Staatsschuld auf Sekundärmärkten
zurückgekauft hatte. Solvenz
haben sie damit nicht erreicht - dafür
aber fast die gesamten Hilfsgelder verausgabt,
die ihnen von anderen Staaten
gewährt wurden.
In einer bemerkenswerten Reihe von
Fachartikeln hat der Harvard-Ökonom
Kenneth Rogoff gezeigt, dass die überschuldeten
Entwicklungsländer mit den
Rückkäufen ihre knappen Ressourcen nur
dazu nutzten, ihre Gläubiger zu subventionieren,
selbst aber keinen Vorteil davon
hatten. Rogoff wurde später Chefökonom
und wissenschaftlicher Direktor des Internationalen
Währungsfonds (IWF). Das
Rückkaufprogramm wurde kurz nach Publikation
des ersten Artikels, 1988 in den
„Brookings Papers on Economic Activity“,
in den meisten Ländern eingestellt.
Sein inhaltliches Argument lief wie
folgt: Er wies darauf hin, dass der Wert
der Schulden auf Sekundärmärkten von
den künftigen Steuereinnahmen des jeweiligen
Landes abhängt. Ist der Barwert
aller erwarteten Überschüsse kleiner als
die Staatsschulden, kann mit einer vollständigen
Rückzahlung nicht mehr gerechnet
werden. Das Land ist überschuldet,
und der Marktwert der Schulden fällt
unter seinen Nennwert.
Was passiert nun, wenn das Land selbst
oder ein helfender Dritter auf die Idee
kommen, diese Schulden am Markt zu kaufen,
zum Beispiel zu 30 bis 40 Prozent wie
im Falle Griechenlands? Zunächst zu den
Griechen: Auf dem Papier (im Nennwert)
sinkt ihre Staatsschuld. Jedoch schulden
sie nach wie vor alles, was sie in der Zukunft
an Steuern jemals erwirtschaften
können. Faktisch ändert sich also nichts,
denn sie werden nur in dem Bereich entlastet,
den sie ohnehin nicht hätten zurückzahlen
können. Was sie leisten können -
unter strikten Auflagen müssen sie
auch abgeben, mit oder ohne den Schuldenrückkauf.
Aus Sicht der Gläubiger
reicht dieser unverändert hohe Rückzahlungsbetrag
nun aber, einen höheren Anteil
des verbleibenden Nennwertes zurückzuzahlen.
Es entsteht daher ein Kursgewinn,
der sofort - nicht erst in Zukunft -
von den Gläubigern realisiert wird.
......
Frank Westermann ist Professor für Volkswirtschaftslehre
im Fachgebiet Internationale Wirtschaftspolitik
an der Universität Osnabrück
FAZ Print Mo 17.12.2012
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