11. Dezember 2015 WIRTSCHAFT
Bankraub im griechischen Stil
Stolz verkündete der Chef des Euro-Rettungsfonds (EFSF), Klaus Regling, jüngst, dass die angeschlagenen Großbanken Griechenlands nur einen kleinen Teil der vom Fonds reservierten 25 Mrd. Euro an Hilfsgeldern abgerufen haben. Doch diese an sich gute Nachricht hat einen Pferdefuß.
Griechische Banken bekommen derzeit Probleme von allen Seiten: Durch den Wertverfall der von ihnen gehaltenen griechischen Staatsanleihen mussten sie erhebliche Abschreibungen auf der Aktivseite ihrer Bilanzen verbuchen.
Gleichzeitig ist ein Großteil der vergebenen Kredite stark ausfallgefährdet, das heißt es kann nicht mit einer vollständigen Rückzahlung gerechnet werden. Schätzungen zufolge haben die vier größten griechischen Banken (Alpha Bank, Eurobank, Piraeus Bank und die National Bank of Greece) notleidende Kredite von über 100 Mrd. Euro in ihren Büchern, die derzeit nicht bedient werden. Dies liegt an der sehr schlechten wirtschaftlichen Situation im Land und der hohen Arbeitslosigkeit der Bevölkerung.
Stresstest macht Stress
Als Mitte des Jahres erneut Befürchtungen über einen Austritt des Landes aus der Eurozone aufkeimten, zogen außerdem immer mehr Kunden ihre Bankeinlagen ab. Hierdurch wurde auch die Passivseite der Institute stark strapaziert.
Deshalb kündigte die EZB einen Stresstest an, um den Kapitalbedarf der Banken zu ermitteln, wenn sich das Umfeld der Banken weiter verschlechtert. Im Detail wurde eine negative Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und sinkende Häuserpreise angenommen. Im Endergebnis stellte sich bei der entsprechenden Szenariorechnung eine Unterdeckung des Bankeneigenkapitals von 14,4 Mrd. Euro heraus. Um diese Kapitallücke zu schließen, wurden neben der Umwandlung von Anleihen der Banken in Eigenkapital auch Kapitalerhöhungen vorgeschlagen.
Was bisher geschah
Doch woher sollte das neue Kapital kommen? Im Jahr 2013 hat sich der griechische Bankenrettungsfonds HFSF vom europäischen Bankenrettungsfonds EFSF 25 Mrd. Euro geliehen, um die oben genannten vier griechischen Großbanken nach heftigen Schuldenschnitten auf griechische Staatsanleihen vor dem Kollaps zu bewahren. Der HFSF und damit indirekt der EFSF und damit wiederum der europäische Steuerzahler wurden somit zum Großaktionär (teilweise mit Mehrheitsbeteiligung) der vier Banken.
Allerdings dürfte jedem auch bewusst gewesen sein, dass die Banken weitere Unterstützung brauchen werden und diese idealerweise aus dem privaten Sektor kommen sollte. 2014 wurde daher per Gesetz festgelegt, dass Kapitalerhöhungen bei griechischen Banken künftig zu Emissionspreisen durchgeführt werden können, die unter den Preisen früherer Aktienemissonen, gezeichnet vom HFSF, liegen. Die Emissionspreise können auch unter dem Aktienkurs liegen.
Bei Einführung des Gesetzes dürfte nicht zuletzt wegen des Umgangs mit privaten Geldgebern im Zuge des Kapitalschnitts griechischer Staatsanleihen klar gewesen sein, dass derartige Kapitalerhöhungen – gezeichnet von privaten Geldgebern – nur zu sehr günstigen Preisen durchgeführt werden können. Andererseits musste der EFSF auch abwägen, ob tatsächlich nur er bereit ist, das Fass ohne Boden mit neuen Kapitalspritzen ständig zu stopfen.
2015 setzte man dann sogar noch eins oben drauf: Unter Federführung der Syriza Partei wurde ein Gesetz verabschiedet demzufolge der Emissionspreis neuer Aktien über ein Auktionsverfahren ermittelt werden kann. D. h. die jeweiligen Bankinstitute fragen bei Privatinvestoren nach, zu welchen Preisen sie an einer Kapitalerhöhung teilnehmen möchten.
In weiser Voraussicht
Und genau diese neu geschaffene gesetzliche Grundlage kam nun kürzlich zur Anwendung. Die griechischen Banken setzen bei ihrer jüngsten Rekapitalisierung im November auf private Investoren. Um die staatlichen Hilfsmittel des EFSF nicht zu stark in Anspruch nehmen zu müssen (letztlich wurden für die Großbanken nur 5,4 Mrd. Euro EFSF-Hilfsgelder abgerufen), wurde mit rund 10 Mrd. Euro ein Großteil der Aktien bei privaten Investoren platziert. Die Preise, zu denen jene Investmentgesellschaften an die neu emittierten Anteile kamen, hatten es allerdings in sich: Bei der National Bank of Greece lagen sie bei 2 Cent pro neuer Aktie, bei der Piräus Bank gar nur bei 0,3 Cent.
Der griechische Staat hatte laut einem Spiegel-Artikel bei seinen Stützungsmaßnahmen 2012 noch 4,29 Euro respektive 1,70 Euro pro Anteil bezahlt. Bei der Eurobank kamen die Privatinvestoren zu einem Cent pro Aktie zum Zuge, der HFSF musste 2013 1,54 Euro auf den Tisch blättern. Hierbei handelt es sich jedoch keinesfalls um Marktpreise. In der Woche vor Bekanntgabe der festgelegten Ausgabepreise notierte die Aktie der National Bank of Greece beispielsweise zwischen 33 und 45 Cent. Die neuen Aktien wurden also mit einem gewaltigen Kursabschlag von über 90 % emittiert.
Räuber im Namen des Gesetzes
Durch diese äußerst niedrigen Bezugspreise neuer Aktien mussten entsprechend viele Aktien emittiert werden, um den benötigten Mittelzufluss zu erreichen. Damit ging allerdings eine starke Verwässerung der Altaktionäre, insbesondere des griechischen Rettungsfonds und damit indirekt auch der europäischer Steuerzahler einher.
Die neuen Aktien wurden offenbar ohne Bezugsrecht der Altaktionäre in einem sogenannten Private Placement Verfahren ausgegeben. Wie in der Vergangenheit schon öfters praktiziert, kann man wohl auch dieses Mal davon ausgehen, dass vornehmlich Banken und Fonds aus dem angelsächsischen Raum zu Spottpreisen an die neuen Anteile gekommen sind.
Der staatliche Bankenrettungsfonds HFSF muss hingegen seine bisherigen Anteile an den Instituten um rund 20 Mrd. Euro abschreiben, wodurch der europäische Steuerzahler belastet wird, wenn man davon ausgeht, dass der HFSF seine Schulden beim EFSF niemals zurückzahlen wird. Zum Vergleich: Am vergangenen Wochenende wurde im griechischen Parlament der Haushalt für 2016 verabschiedet. Dieser sieht Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen von 5,7 Mrd. Euro vor. Das verdeutlicht die Ausmaße der Abschreibungen, die sämtliche Sparmaßnahmen um ein Vielfaches übertreffen. Und so bewahrheitet sich wieder einmal das bekannte Muster, Gewinne zu privatisieren und Verluste zu sozialisieren!
Griechische Banken bekommen derzeit Probleme von allen Seiten: Durch den Wertverfall der von ihnen gehaltenen griechischen Staatsanleihen mussten sie erhebliche Abschreibungen auf der Aktivseite ihrer Bilanzen verbuchen.
Gleichzeitig ist ein Großteil der vergebenen Kredite stark ausfallgefährdet, das heißt es kann nicht mit einer vollständigen Rückzahlung gerechnet werden. Schätzungen zufolge haben die vier größten griechischen Banken (Alpha Bank, Eurobank, Piraeus Bank und die National Bank of Greece) notleidende Kredite von über 100 Mrd. Euro in ihren Büchern, die derzeit nicht bedient werden. Dies liegt an der sehr schlechten wirtschaftlichen Situation im Land und der hohen Arbeitslosigkeit der Bevölkerung.
Stresstest macht Stress
Als Mitte des Jahres erneut Befürchtungen über einen Austritt des Landes aus der Eurozone aufkeimten, zogen außerdem immer mehr Kunden ihre Bankeinlagen ab. Hierdurch wurde auch die Passivseite der Institute stark strapaziert.
Deshalb kündigte die EZB einen Stresstest an, um den Kapitalbedarf der Banken zu ermitteln, wenn sich das Umfeld der Banken weiter verschlechtert. Im Detail wurde eine negative Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und sinkende Häuserpreise angenommen. Im Endergebnis stellte sich bei der entsprechenden Szenariorechnung eine Unterdeckung des Bankeneigenkapitals von 14,4 Mrd. Euro heraus. Um diese Kapitallücke zu schließen, wurden neben der Umwandlung von Anleihen der Banken in Eigenkapital auch Kapitalerhöhungen vorgeschlagen.
Was bisher geschah
Doch woher sollte das neue Kapital kommen? Im Jahr 2013 hat sich der griechische Bankenrettungsfonds HFSF vom europäischen Bankenrettungsfonds EFSF 25 Mrd. Euro geliehen, um die oben genannten vier griechischen Großbanken nach heftigen Schuldenschnitten auf griechische Staatsanleihen vor dem Kollaps zu bewahren. Der HFSF und damit indirekt der EFSF und damit wiederum der europäische Steuerzahler wurden somit zum Großaktionär (teilweise mit Mehrheitsbeteiligung) der vier Banken.
Allerdings dürfte jedem auch bewusst gewesen sein, dass die Banken weitere Unterstützung brauchen werden und diese idealerweise aus dem privaten Sektor kommen sollte. 2014 wurde daher per Gesetz festgelegt, dass Kapitalerhöhungen bei griechischen Banken künftig zu Emissionspreisen durchgeführt werden können, die unter den Preisen früherer Aktienemissonen, gezeichnet vom HFSF, liegen. Die Emissionspreise können auch unter dem Aktienkurs liegen.
Bei Einführung des Gesetzes dürfte nicht zuletzt wegen des Umgangs mit privaten Geldgebern im Zuge des Kapitalschnitts griechischer Staatsanleihen klar gewesen sein, dass derartige Kapitalerhöhungen – gezeichnet von privaten Geldgebern – nur zu sehr günstigen Preisen durchgeführt werden können. Andererseits musste der EFSF auch abwägen, ob tatsächlich nur er bereit ist, das Fass ohne Boden mit neuen Kapitalspritzen ständig zu stopfen.
2015 setzte man dann sogar noch eins oben drauf: Unter Federführung der Syriza Partei wurde ein Gesetz verabschiedet demzufolge der Emissionspreis neuer Aktien über ein Auktionsverfahren ermittelt werden kann. D. h. die jeweiligen Bankinstitute fragen bei Privatinvestoren nach, zu welchen Preisen sie an einer Kapitalerhöhung teilnehmen möchten.
In weiser Voraussicht
Und genau diese neu geschaffene gesetzliche Grundlage kam nun kürzlich zur Anwendung. Die griechischen Banken setzen bei ihrer jüngsten Rekapitalisierung im November auf private Investoren. Um die staatlichen Hilfsmittel des EFSF nicht zu stark in Anspruch nehmen zu müssen (letztlich wurden für die Großbanken nur 5,4 Mrd. Euro EFSF-Hilfsgelder abgerufen), wurde mit rund 10 Mrd. Euro ein Großteil der Aktien bei privaten Investoren platziert. Die Preise, zu denen jene Investmentgesellschaften an die neu emittierten Anteile kamen, hatten es allerdings in sich: Bei der National Bank of Greece lagen sie bei 2 Cent pro neuer Aktie, bei der Piräus Bank gar nur bei 0,3 Cent.
Der griechische Staat hatte laut einem Spiegel-Artikel bei seinen Stützungsmaßnahmen 2012 noch 4,29 Euro respektive 1,70 Euro pro Anteil bezahlt. Bei der Eurobank kamen die Privatinvestoren zu einem Cent pro Aktie zum Zuge, der HFSF musste 2013 1,54 Euro auf den Tisch blättern. Hierbei handelt es sich jedoch keinesfalls um Marktpreise. In der Woche vor Bekanntgabe der festgelegten Ausgabepreise notierte die Aktie der National Bank of Greece beispielsweise zwischen 33 und 45 Cent. Die neuen Aktien wurden also mit einem gewaltigen Kursabschlag von über 90 % emittiert.
Räuber im Namen des Gesetzes
Durch diese äußerst niedrigen Bezugspreise neuer Aktien mussten entsprechend viele Aktien emittiert werden, um den benötigten Mittelzufluss zu erreichen. Damit ging allerdings eine starke Verwässerung der Altaktionäre, insbesondere des griechischen Rettungsfonds und damit indirekt auch der europäischer Steuerzahler einher.
Die neuen Aktien wurden offenbar ohne Bezugsrecht der Altaktionäre in einem sogenannten Private Placement Verfahren ausgegeben. Wie in der Vergangenheit schon öfters praktiziert, kann man wohl auch dieses Mal davon ausgehen, dass vornehmlich Banken und Fonds aus dem angelsächsischen Raum zu Spottpreisen an die neuen Anteile gekommen sind.
Der staatliche Bankenrettungsfonds HFSF muss hingegen seine bisherigen Anteile an den Instituten um rund 20 Mrd. Euro abschreiben, wodurch der europäische Steuerzahler belastet wird, wenn man davon ausgeht, dass der HFSF seine Schulden beim EFSF niemals zurückzahlen wird. Zum Vergleich: Am vergangenen Wochenende wurde im griechischen Parlament der Haushalt für 2016 verabschiedet. Dieser sieht Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen von 5,7 Mrd. Euro vor. Das verdeutlicht die Ausmaße der Abschreibungen, die sämtliche Sparmaßnahmen um ein Vielfaches übertreffen. Und so bewahrheitet sich wieder einmal das bekannte Muster, Gewinne zu privatisieren und Verluste zu sozialisieren!
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