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Donnerstag, 17. März 2016

Mittelverwendungskontrolleur haftet Kapitalanlegern von Dubai-Immobilienfonds für Zeichnungsschaden

Gericht/Institution:OLG Koblenz
Erscheinungsdatum:16.03.2016
Entscheidungsdatum:19.02.2016
Aktenzeichen:8 U 1268/14
Quelle:juris Logo

Mittelverwendungskontrolleur haftet Kapitalanlegern von Dubai-Immobilienfonds für Zeichnungsschaden


Das OLG Koblenz hat entschieden, dass eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die als Mittelverwendungskontrolleur tätig war, auf Schadensersatz wegen Zeichnung einer Fondsbeteiligung haftet, wenn sie den Anleger nicht auf erhebliche regelwidrige Auffälligkeiten und prospektwidrige Umstände hingewiesen hat.
Hunderte von Anlegern aus ganz Deutschland hatten sich an geschlossenen Immobilienfonds beteiligt, die Gewinne durch An- und Verkauf von Immobilien in den Vereinigten Arabischen Emiraten, insbesondere im Emirat Dubai, erzielen sollten. Die beklagte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft war für die Fondsgesellschaften als Mittelverwendungskontrolleur tätig. Ein Mittelverwendungskontrolleur ist eine Person, die zu überwachen hat, ob die Einlagen der Anleger von der Fondsgesellschaft gemäß den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages verwendet werden. In den mit den Fondsgesellschaften geschlossenen Mittelverwendungskontrollverträgen war nur die Kontrolle der deutschen Fondskonten vorgesehen, wohingegen die Emissionsprospekte der Fondsgesellschaften mit einer doppelten und objektbezogenen Mittelverwendungskontrolle warben ("alle finanziellen Transaktionen der Fondsgesellschaft … bis hin zur Investition in die konkreten Zielobjekte … durchgängig in Deutschland und den Vereinigten Arabischen Emiraten"). Der Mittelverwendungskontrolleur kontrollierte die Fondsgelder auf den deutschen Konten nur eingeschränkt; eine Mittelverwendungskontrolle in Dubai fand nicht statt.
Alle beteiligten Unternehmen – mit Ausnahme des beklagten Mittelverwendungskontrolleurs – sind mittlerweile insolvent. 
Der Initiator der Unternehmensgruppe wurde vom LG Koblenz wegen Veruntreuung von Anlegergeldern in Millionenhöhe rechtskräftig zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. 
Das Landgericht hatte in zahlreichen Fällen die Schadensersatzklagen bereits deshalb abgewiesen, weil die Anleger keine eigenen Rechte aus den Mittelverwendungskontrollverträgen herleiten könnten. Gegen die Entscheidungen legten die Anleger Berufung ein.
Das OLG Koblenz hat den Mittelverwendungskontrolleur nunmehr verurteilt, den Anlegern Schadensersatz zu zahlen (OLG Koblenz, Urteile v. 15.01.2016 und v. 19.02.2016 - 8 U 1265/14, 8 U 1266/14, 8 U 1267/14, 8 U 1268/14 u.a.).
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts schützen die Mittelverwendungskontrollverträge aufgrund ihres konkreten Wortlautes und ihres Zwecks (auch) die Anleger. Der Mittelverwendungskontrolleur hätte die Anleger vor der Zeichnung darüber aufklären müssen, dass ihm die mit den Fondsgesellschaften vereinbarte Mittelverwendungskontrolle von vornherein keine ausreichende Handhabe bieten konnte, eine Veruntreuung der Einlagen zu verhindern. Es bestanden erhebliche regelwidrige Auffälligkeiten und prospektwidrige Umstände (Widersprüche zwischen Mittelverwendungskontrollvertrag und Emissionsprospekt, nur widerrufliche Kontovollmacht des Mittelverwendungskontrolleurs, keine Einflussmöglichkeit des Mittelverwendungskontrolleurs auf die Fondsgelder in Dubai). Während der Mittelverwendungskontrolleur den konzeptionell angelegten Widerspruch zwischen Emissionsprospekt und Mittelverwendungskontrollvertrag kennen musste, konnte der durchschnittliche Kleinanleger auch bei sorgfältiger Lektüre des Emissionsprospekts die Widersprüche und Unklarheiten nicht hinreichend deutlich erfassen.
Infolge der unterlassenen Aufklärung habe der Mittelverwendungskontrolleur die geschädigten Anleger so zu stellen, wie sie stünden, als ob sie den Fondsgesellschaften nicht beigetreten wären (sog. Zeichnungsschaden: Einlagesummen abzüglich etwaiger Ausschüttungen).
Quelle: Pressemitteilung des OLG Koblenz v. 16.03.2016

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