DüsseldorfAuch aufgewärmte Geschichten sind nicht von gestern: Vor einem Jahr zahlte die Credit Suisse in Deutschland eine Geldbuße von 149 Millionen Euro. Nach der außergerichtlichen Einigung wurde ein Verfahren gegen die Schweizer Großbank vor dem Landgericht Düsseldorf wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung eingestellt. Doch erst jetzt schlägt die Strafzahlung hohe Wellen.
Der Beschluss des Landgerichts wurde erst vor kurzem veröffentlicht – mehr als ein Jahr nach der Einigung und dazu mit aktuellem Datum. Die Credit Suisse beschwert sich deshalb über die Vorgehensweise der deutschen Justiz. Sie vermutet eine gezielte Attacke: Der Inhalt des Beschlusses gibt nämlich den Gegnern des Steuerabkommens mit der Schweiz neue Nahrung. Er enthält pikante Details zu den Schwarzgeld-Tricks der Bank.
Die Credit Suisse habe „in großem Umfang Kunden bei deren Steuerhinterziehungen“ unterstützt, heißt es in dem Beschluss (Az. 10 KLs 14/11). Die Richter schildern darin, wie die Credit Suisse Jagd auf deutsches Schwarzgeld machte. Die Bank soll deutschen Kunden unter anderem angeboten haben, keine Ertragsaufstellungen zuzuschicken. Die Kunden sollten diese lediglich in der Schweiz einsehen, um keinen Verdacht zu erregen.
Außerdem sollen nach Auffassung der Düsseldorfer Richter Termine zur Geldübergabe zwischen Kunden und Beratern der Credit Suisse in Deutschland gemacht worden sein. Danach hätten die Berater das Geld der Kunden über die Schweizer Grenze geschmuggelt, geht aus dem Beschluss hervor. Mit Versicherungsmänteln habe die Bank ferner versucht, „Vermögenswerte vor dem deutschen Fiskus zu verschleiern“. Kunden seien Nummern- und Tarnkonten angeboten worden, die dann hinter einem „offiziellen“ Konto geführt worden seien.
Vor dem Hintergrund der bevorstehenden Verhandlungen über das Schweizer Steuerabkommen im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat nutzt NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) das Papier des Landgerichts, um seine ablehnende Haltung zu untermauern. „Da wird glasklar festgestellt, wie diese Bank ihren Dienst am Kunden verstanden hat“, sagte Walter-Borjans, der als der größte Gegner des Abkommens gilt. „Dass wir diesen Institutionen keinen Vertrauensvorschuss geben, ist doch wohl verständlich.“
Eingabefehler beim Upload durch NRW-Justiz
Beim Upload auf die Justizseiten passierte den Behörden jedoch ein Fehler. Der Beschluss des Landgerichts stammt vom 21. November 2011, er wurde jedoch mit dem Datum 21. November 2012 in den vergangenen Tagen ins Internet gestellt. „Ein Eingabefehler“, wie der in Sprecher des Landgerichts versichert. Doch dieser schmerzt der Credit Suisse umso mehr, da der Eindruck entstand, es handle sich um ein aktuelles Verfahren und eine neue Strafzahlung. Der Beschluss wurde deshalb am Montagmittag ganz von den Internetseiten der NRW-Justiz entfernt. Er findet sich nur noch im Portal „Openjur“.
Ob die Vorwürfe zutreffen oder nicht, Walter-Borjans hält das Steuerabkommen mit der Schweiz ohnehin für gescheitert. „Wenn es nach dem Abkommen mit der Schweiz geht, sollen diese Banken demnächst die Besteuerung sicherstellen. Und die deutschen Finanzbehörden sollen weder prüfen dürfen noch mit dem Kauf von CDs drohen können“, sagte der NRW-Finanzminister. Das sei „grotesk“.
THEMA STEUEROASEN
Die schwarz-gelbe Bundesregierung hatte in der vergangenen Woche den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat angerufen, um doch noch die Zustimmung der Länder zum Steuerabkommen zu erreichen. Im Bundesrat war das Abkommen am Widerstand der von SPD und Grünen geführten Länder gescheitert.
Das Abkommen sieht vor, dass deutsche Anleger einmalig eine Pauschalsteuer zwischen 21 und 41 Prozent auf das bei Schweizer Banken liegende Schwarzgeld an den deutschen Fiskus überweisen. Dies soll anonym und rückwirkend für zehn Jahre geschehen. Ab 2013 sollen künftige Erträge dann genauso besteuert werden wie in Deutschland. Vor allem die Regel für Alt-Schwarzgeld lehnen SPD und Grüne ab.
- Seite 1: Krach um Schwarzgeld-Buße für Credit Suisse
- Seite 2: Credit Suisse hat „massive Bedenken gegen die Begründung“
- Seite 3: Eingabefehler beim Upload durch NRW-Justiz
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Selbstanzeigenberatung
Daten der CSLB: Verfügung der OFD Karlsruhe über die Tatentdeckung
von RA Dr. Florian Bach, FA für StrR und StR, Kullen Müller Zinser Partnerschaftsgesellschaft, Sindelfingen
| Nach einer aktuelle Verfügung der OFD Karlsruhe ist im Zusammenhang mit den Daten der Credit Suisse Life Bermuda Ltd. (CSLB) spätestens zum 1.1.12 von einer Tatentdeckung auszugehen. Begründung ist, dass die Kundendaten der CSLB seit Februar 2011 einer Steuerfahndungsstelle in NRW vorgelegen hätten und dieses Datenmaterial im Verlauf des Jahres 2011 gesichtet worden sei. Im Ergebnis stehe einer strafbefreienden Selbstanzeige mithin der Sperrgrund des § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO entgegen. |
1. Verfügung der OFD Karlsruhe vom 18.7.12
Die OFD Karlsruhe (18.7.12, S20702/4 - St 413 liefert folgende Begründung: Spätestens zum 1.1.12 sei von einer Tatendeckung auszugehen, weil die Kundendaten der CSLB bereits seit Februar 2011 einer Steuerfahndungsstelle in NRW vorgelegen haben und dieses Datenmaterial im Verlauf des Jahres 2011 gesichtet worden sei.
Zudem habe das LG Düsseldorf (21.11.11, 10 KLs 14/11, Abruf-Nr. 122847) festgestellt, dass die mit der CSLB abgeschlossenen Lebensversicherungsverträge dem Zweck gedient hätten, Steuerquellen zu verschleiern. Die Art und Weise der Verschleierung stelle ein signifikantes Indiz für die unvollständigen und/oder unrichtigen Angaben des Steuerpflichtigen dar. Ein Abgleich der in NRW vorliegenden CSLB-Daten mit der persönlichen Steuerakte des jeweiligen Betroffenen sei mithin für die Annahme einer Tatentdeckung nicht vonnöten. Als Stütze für diese Einschätzung wird auf den Beschluss des BGH vom 20.5.10 (1 StR 577/09, PStR 11, 55, 244) verwiesen.
Der Verfügung ist ferner zu entnehmen, dass die Steuerpflichtigen bereits mit der ersten Berichterstattung über die Ermittlungen gegen die Mitarbeiter der CS und deren Kunden ab dem 14.7.10 mit einer Entdeckung der Tat rechnen mussten. Im Ergebnis ist eine strafbefreienden Selbstanzeige mit Blick auf den Sperrgrund des § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO nicht mehr möglich.
2. Tatentdeckung
Mit dem vom LG Düsseldorf (21.11.11, a.a.O) getroffenen – seit dem 29.11.11 rechtskräftigen – Beschluss wurde gegen die Credit Suisse Group AG ein nennenswertes Bußgeld nach § 30 Abs. 4 OWiG verhängt. Es trifft zu, dass hierin auch die Lebensversicherungsmäntel Erwähnung gefunden haben. Insoweit heißt es: „ ... wurden … Lebensversicherungsmäntel … angeboten, die keine Lebensversicherungspolicen im eigentlichen Sinne beinhalten, sondern in erster Linie dem Zweck dienten, Vermögenswerte vor dem deutschen Steuerfiskus zu verschleiern”.
Betrachtet man die vom BGH (20.5.10, a.a.O) getroffene Entscheidung, ist die bloße Kenntnis von einer Steuerquelle bei den Finanzbehörden als solches allerdings noch nicht geeignet, eine Tatentdeckung zu begründen. Hierfür bedarf es weiterer Umstände, wobei sich keine schematischen Grundsätze aufstellen lassen (Rn. 28). „In der Regel ist eine Tatendeckung bereits dann anzunehmen, wenn unter Berücksichtigung der zur Steuerquelle oder zum Auffinden der Steuerquelle bekannten weiteren Umstände nach allgemeiner kriminalistischer Erfahrung eine Steuerstraftat … nahe liegt.” Eine Tatentdeckung ist mithin auch schon einem Abgleich mit den Erklärungen des Steuerpflichtigen denkbar, beispielsweise „bei verschleierten Steuerquellen, wenn die Art und Weise der Verschleierung nach kriminalistischer Erfahrung ein signifikantes Indiz für unvollständige oder unrichtige Angaben ist.”
Der vom LG Düsseldorf getroffene Beschluss als solches vermag eine Tatentdeckung ohne Abgleich mit den Erklärungen desjeweiligen Steuerpflichtigen aber genauso wenig zu begründen, wie die in diesem Beschluss zu den Lebensversicherungen enthaltene Aussage. Dies umso mehr, als die dieser Feststellung zugrunde liegen Informationen bislang unbekannt geblieben sind.
3. Mediale Berichterstattung = Rechnen-Müssen?
Mit der Tatentdeckung rechnen muss derjenige, der „bei verständiger Würdigung” der ihm – nachweislich – bekannt gewordenen Umständen darauf schließen muss, dass seine Tat entdeckt ist. Zweifel im Zusammenhang mit der Tatentdeckung, der Kenntnis des Täters hiervon oder dem damit Rechnen-Müssen wirken zugunsten des Täters (FGJ/Joecks § 371 Rn. 201; Klein/Jäger § 371 Rn. 71 f.). Die bloße Berichterstattung in den Medien über steuerstrafrechtliche Ermittlungen gegen Bankmitarbeiter und Kunden einer bestimmten Bank sind nicht geeignet ein Rechnen-Müssen mit der Tatentdeckung zu begründen. Dies gilt so lange, als dort nicht ausdrücklich und zutreffend vermerkt ist, dass die Daten aller der in Deutschland ansässigen steuerpflichtigen Kunden eines konkreten Bankhauses abhandengekommen sind.
Rufen wir uns an dieser Stelle die im Jahr 2010 erfolgte Berichterstattung ins Gedächtnis: Obwohl bei der CS 1.500 Datensätze abhanden gekommen sein sollen – die CS hatte damals deutlich mehr in Deutschland steuerpflichtige Kunden –, musste kein einziger dieser Kunden allein aufgrund der Presseberichte den Schluss ziehen, dass konkret seine Steuerhinterziehung entdeckt ist. Vielmehr durfte damals und darf auch heute noch jeder CS-Kunde nach dem Grundsatz in dubio pro reo davon ausgehen, dass sich gerade sein Namen bzw. seine Geschäftsbeziehung nicht unter den abhandengekommenen Daten befindet. Ferner bleibt die Verfügung der OFD Karlsruhe insoweit unverständlich, als die Steuerpflichtigen aufgrund der im Jahr 2010 erfolgten Berichterstattung über die bei der CS abhandengekommenen Daten auch mit der Entdeckung einer zu einer Tochtergesellschaften wie beispielsweise der CSLB unterhaltenen Geschäftsbeziehung rechnen müsse.
Darüber hinaus können nur strafprozessual verwertbare Erkenntnisse zu einer Tatentdeckung führen bzw. muss der Steuerpflichtige bei einer Unverwertbarkeit der Daten von vornherein nicht mit seiner Tatendeckung rechnen. Für die konkrete Verteidigung wird dieser Punkt wohl nicht sonderlich erfolgversprechend sein, zumal die Daten der CSLB nicht von der deutschen Finanzverwaltung angekauft worden sind. Nachdem die OFD-Verfügung vom 18.7.12 im Hinblick auf den Zeitpunkt des Rechnen-Müssens aber auf die im Jahr 2010 erfolgte Berichterstattung über die Daten der CS abstellt, soll an die Erlangung dieser Daten und hierbei insbesondere der Berichterstattung über die am 15.12.11 vor dem Bundesstrafgericht Bellinzona in der Schweiz erfolgte Hauptverhandlung (NZZ vom 17.12.11) erinnert werden.
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Angeklagt war der ehemalige CS-Mitarbeiter, der die Daten – über einen Mittelsmann – der Finanzverwaltung in NRW angeboten und nach mehreren Treffen in den Jahren 2008 und 2009 auch an diese verkauft hatte. Der Vermittler habe dabei detaillierte Bestellungen der Steuerbehörden entgegengenommen und an den CS-Mitarbeiter weitergeleitet. Aus der zur strafprozessualen Verwertbarkeit von angekauften Bankdaten am 9.11.10 ergangenen Entscheidung des BVerfG (2 BvR 2101/09, PStR 11, 3 f.) kann man m.E. darauf schließen, dass die aktive Beschaffung von ausländischen Bankdaten unzulässig ist. Dies deshalb, weil das Gericht im Hinblick auf den der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalt ausführt: „AG und LG sind davon ausgegangen, dass der BND die Daten im Wege der Amtshilfe lediglich entgegengenommen und weitergeleitet habe. Weder der BND noch die Strafverfolgungsbehörden hätten veranlasst, dass die Daten hergestellt, beschafft oder in sonstiger Weise erfasst worden seien.”
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Nach Einschätzung der StA Wuppertal bzw. Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf hätten sich die mit dem Ankauf der Bankdaten betrauten Personen zwar nicht strafbar gemacht, die Frage, ob die bei einem illoyalen Bankmitarbeiter in der Schweiz bestellten und dann von diesem angekauften Daten strafprozessual verwertbar sind, bleibt aber nach wie vor zu klären. Insbesondere aus dem Umstand der Bestellung kann man m.E. darauf schließen, dass der Beweismittelgewinnung eine durch Ermittlungsbeamte begangenen Straftat zugrunde liegt, was eine Unverwertbarkeit der Daten zur Folge hätte.
4. Einstellung nach § 153a Abs. 1 StPO
Die Verfügung der OFD Karlsruhe hat sogar dazu geführt, dass die von den Straf- und Bußgeldsachenstellen versandten Schreiben, wonach eine Offenbarung des Steuerpflichtigen dem Grunde nach als Selbstanzeige i.S. von § 371 AO zu qualifizieren sei, wiederrufen und dahingehend korrigiert wurden, dass sowohl die Sachverhaltsaufklärung als auch die Nachentrichtung der Steuer ein positives Strafzumessungskriterium darstellen würden. Auch diese Strafverfahren sollten sich aber allein aufgrund der – nach der Einschätzung der OFD Karlsruhe – dann zumindest missglückten Selbstanzeige nach § 153a StPO einstellen lassen. Neben der Steuernachzahlung als solches dürfte hierfür allenfalls noch ein Obolus zu entrichten sein, wobei regelmäßig die Staatskasse begünstigt werden wird. Damit ist aber auch schon der wesentliche Gesichtspunkt der Verfügung angesprochen: Der moderne Ablasshandel soll jetzt eben auch einmal den Landeshaushalt in Baden-Württemberg füllen.
Quelle: Praxis Steuerstrafrecht, Ausgabe 10/2012, Seite 248
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