Gesamtzahl der Seitenaufrufe

Dienstag, 1. Juli 2014

Die Lage spitzt sich zu Zu Beginn des Geschäftsjahres 1974 spitzte sich die Lage der Bank dramatisch zu, denn die offenen Devisenpositionen erreichten inzwischen ein Volumen von 8 Mrd. DM. Bei einer Kursschwankung von nur 1% bedeutete dies einen Gewinn oder Verlust von 80 Mio. DM für die Herstatt-Bank

Eine Gewinnwarnung ist ein Albtraum für Aktionäre, aber eine Meldung aus dem Jahr 1973 hat damals den Finanzplatz Deutschland erschüttert.
Anlässlich des 40. Jahrestags der Pleite der Herstatt-Bank haben Sie gestern hier im "Schlussgong" bereits die wichtigsten Fakten über die Anfänge des ehemals in Köln ansässigen Instituts erfahren.
Heute möchte ich Ihnen schildern, wie es zum Zusammenbruch der Herstatt-Bank kam und welche Konsequenzen sich daraus für die deutsche Bankenlandschaft ergeben haben.

Der Anfang vom Ende

Nach der Ölkrise ab November 1973 rechneten die sechs Devisenhändler der Herstatt-Bank mit einem weiter steigenden US-Dollar. Dies war weltweit auch bei vielen anderen Banken der Fall. Bereits Mitte des Jahres 1973 hatte der Devisenhandel bei Herstatt ein Volumen von 63,8 Mrd. DM erreicht.
Die zunehmenden Fehleinschätzungen der Entwicklung des US-Dollar-Kurses führten zu Verlusten, die Mitte 1973 das haftende Eigenkapital der Bank in Höhe von 77 Mio. DM deutlich überstiegen.
Zum Bilanzstichtag 31. Dezember 1973 wies die Bank für das vollständige Geschäftsjahr 1973 einen operativen Verlust von 14 Mio. DM aus, der durch die Gewinne aus dem Eigenhandel mit Devisen in Höhe von 48 Mio. DM zu einem Jahresüberschuss von 34 Mio. DM wurde.
Allerdings bestand eine offene Nettoposition in Höhe von 711 Mio. DM aus Devisentermingeschäften. Diese Summe überstieg zu diesem Zeitpunkt das haftende Eigenkapital um das 23-fache!

Die Lage spitzt sich zu

Zu Beginn des Geschäftsjahres 1974 spitzte sich die Lage der Bank dramatisch zu, denn die offenen Devisenpositionen erreichten inzwischen ein Volumen von 8 Mrd. DM. Bei einer Kursschwankung von nur 1% bedeutete dies einen Gewinn oder Verlust von 80 Mio. DM für die Herstatt-Bank.
Das Volumen der offenen Termingeschäfte betrug mittlerweile das 104-fache des Eigenkapitals. Der Grund dafür war, dass der US-Dollar-Kurs seit Januar 1974 stetig fiel, die Händler der Herstatt-Bank aber nach wie vor auf steigende Kurse spekulierten.
Am 18. März 1974 verbuchte der Devisenhandel bei Herstatt einen Verlust von 250 Mio. DM, der am 16. Juni bereits auf 470 Mio. DM angestiegen war.
Am 11. Juni 1974 teilte Herstatt seinen Kommanditisten (Eigentümern) mit, dass sich bei einer bankinternen Prüfung zum 31. Mai 1974 im Zusammenhang mit Devisentermingeschäften ein Verlust in Höhe von etwa 64 Mio. Euro ergeben habe, wodurch das Eigenkapital zu 89% aufgezehrt sei.
Nach einigem Hin und Her beantragte die Bank schließlich am 26. Juni 1974 die Eröffnung des Vergleichsverfahrens wegen Überschuldung. Die Verluste beliefen sich bis zu jenem Tag auf 480 Mio. DM.

Die Konsequenzen aus der Herstatt-Pleite

Als Folge der Herstatt-Pleite gründeten die deutschen Banken einen Einlagensicherungsfonds, um die Sparer vor dem Komplettverlust ihrer Einlagen in Folge einer Banken-Insolvenz zu schützen. Außerdem wurde das Kreditwesengesetz verschärft und die Bankenaufsicht hat wesentlich mehr Einflussmöglichkeiten erhalten.
Auch wurden die offenen (also nicht glattgestellten) Devisen- und Edelmetallpositionen durch die Bindung an das haftende Eigenkapital eines Kreditinstituts prozentual limitiert. Das bedeutet, dass nicht mehr beliebig große Devisenpositionen (wie bei der Herstatt-Bank geschehen) aufgebaut werden können.

Fazit: Banken sind nicht allzu lernfähig

Im Falle der Herstatt-Bank waren wilde Devisenspekulationen ursächlich für die Pleite verantwortlich. Bei den jüngsten Banken-Pleiten waren größtenteils Zockereien mit Immobilienkrediten die Ursache.
Auch wenn es immer wieder andere Ursachen für Bankenpleiten gibt, so findet sich doch auch stets ein gemeinsamer Nenner: Banken verzocken sich in der Regel vor allem deshalb, weil sie sich für schlauer als die anderen Marktteilnehmer halten und auf einen zu großen Kredithebel setzen.
Für Sie als Anleger bedeutet das, dass Sie - sofern Sie Bankaktien in Ihrem Depot halten - derartige Risiken grundsätzlich mit einkalkulieren müssen. Meine Empfehlung: Bank-Aktien sollten nur als spekulative Depot-Beimischung gehalten werden (konservative Anleger können diese Branche auch ganz meiden).

Rolf Morrien
Chefredakteur "Morrien's Schlussgong"

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen