Gesamtzahl der Seitenaufrufe

Dienstag, 21. April 2015

Die Regierung des im Januar abgewählten Ministerpräsidenten Antonis Samaras hatte die UBS-Bank, mehrere andere Geldhäuser sowie internationale Anwaltskanzleien damit beauftragt, die Privatisierung von Depa vorzubereiten.

Miller bei TsiprasGriechische Gasfreundschaft

Der Chef des russischen Energiekonzerns Gasprom hat sich in Athen mit Ministerpräsident Tsipras getroffen. Es geht um neue Exportrouten - und viel Geld.

© REUTERSVergrößernGasprom-Chef Miller (r.) zu Gast bei Tsipras
Alexej Miller, Chef des russischen Energiekonzerns Gasprom, hat am Dienstag in Athen mit dem griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras und Athens Energieminister Panagiotis Lafazanis Gespräche über die weitere energiepolitische Zusammenarbeit zwischen Russland und Griechenland geführt. In der vergangenen Woche waren namentlich nicht genannte griechische Regierungsmitglieder mit Aussagen zitiert worden, Russland sei bereit, Griechenland bis zu fünf Milliarden Euro an Vorauszahlungen auf erwartete Gewinne aus einer noch nicht gebauten, frühestens 2019 betriebsbereiten Gasleitung zu zahlen, die von der Türkei über Griechenland nordwärts führen solle.
Die teilstaatliche griechische Nachrichtenagentur Ana bestätigte am Dienstag, das zentrale Thema von Millers Gesprächen in Athen sei der Bau einer „neuen Gasleitung“ von Griechenland nach „Zentraleuropa“ gewesen. Der Bau des griechischen Abschnitts dieser Strecke werde voraussichtlich zwei Milliarden Euro kosten. Details über Millers Gespräche mit Tsipras und Lafazanis wurden zunächst jedoch nicht bekannt. Lafazanis wird an diesem Mittwoch in Sofia zu Gesprächen mit den Energieministern Bulgariens und Rumäniens erwartet. Eine Verbindung des griechischen mit dem bulgarischen Gasleitungssystem in Thrakien ist bereits seit Jahren geplant.
Mehr zum Thema
Lafazanis hatte schon Ende März in Moskau Gespräche mit Miller geführt. Gasprom teilte dazu nur mit, Gegenstand des Treffens seien „die Lieferung russischen Gases nach Griechenland und andere Fragen der Zusammenarbeit im Gasbereich“ gewesen. Dabei sei hervorgehoben worden, dass eine „Diversifizierung der Exportrouten“ wichtig sei, wenn die Versorgungssicherheit für Europas Verbraucher erhöht werden soll. Lafazanis bestätigte nach seiner Rückkehr aus Moskau, die griechische Regierung hege Interesse an einer Verlängerung der geplanten Gasleitung „Turkish Stream“, die von Russland unter Umgehung der Ukraine unter dem Schwarzen Meer hindurch in die Türkei führen soll, nach Griechenland.
Infografik / Karte / Gasleistungsprojekte / Turkish Stream© F.A.Z.VergrößernDie geplanten Gasleitungsprojekte stehen und fallen mit der EU-Kommission
Anzeige
BUSINESS COACH

Die besten Apps für die Geschäftsreise

Auf Geschäftsreisen wird das Smartphone zum nützlichen Helfer: Wir haben für Sie eine Auswahl der besten Apps, mit denen sich Geschäftsreisende den Reisealltag wesentlich erleichtern können. mehr...
Die Befürchtung, die EU-Kommission könne dieses Vorhaben wie zuvor schon das gescheiterte russische Projekt „South Stream“ durchkreuzen, weil nach europäischem Recht Betreiber und Lieferant einer Energieleitung nicht identisch sein dürfen, wies Lafazanis mit der sinngemäßen Bemerkung zurück, Griechenland habe das Recht, eine unabhängige Energiepolitik zu betreiben. Es sei „ein Fehler, Russland zu isolieren“. Außerdem profitiere Europa von einer Diversifizierung seiner Versorgungswege, so Lafazanis, der als Wortführer des linksradikalen Flügels in der seit Januar regierenden griechische Linkspartei Syriza gilt.

Gasprom interessiert sich schon lange für Griechenland

Das Interesse von Gasprom an Griechenland ist nicht neu, wurde aber in der Vergangenheit weniger beachtet. Zwischen März und Mai 2013 hielt sich Gasprom-Chef Miller drei Mal zu Verhandlungen in Athen auf, da der russische Konzern Interesse am Kauf des zur Privatisierung ausgeschriebenen, mehrheitlich im Staatsbesitz stehenden griechischen Gasversorgers Depa gezeigt hatte. Depa, das den griechischen Gasmarkt zu etwa 90 Prozent kontrolliert, bezieht Lieferungen nicht nur aus Russland, sondern auch aus Aserbaidschan. Die Regierung des im Januar abgewählten Ministerpräsidenten Antonis Samaras hatte die UBS-Bank, mehrere andere Geldhäuser sowie internationale Anwaltskanzleien damit beauftragt, die Privatisierung von Depa vorzubereiten.
Während Depa für den Gasimport zuständig ist, wird das griechische Netz von einer Tochterfirma Depas namens Desfa betrieben, an der wiederum der aserbaidschanische Energiekonzern Socar Interesse zeigt. Im Dezember 2013 war in Athen sogar schon der Abschluss verkündet worden über den Verkauf von 66 Prozent der Desfa-Anteile für 400 Millionen Euro an Aserbaidschan, doch wird das Geschäft derzeit noch von der EU-Kommission auf seine Vereinbarkeit mit dem europäischen Wettbewerbsrecht geprüft. Während Socar sich um die Kontrolle über Desfa bemüht, versuchte Gasprom, Depa zu erwerben. Alexej Miller verhandelte direkt mit Samaras. Der setzte große Hoffnungen in das Geschäft mit Gasprom, das Griechenland 800 Millionen Euro, Investitionen in die Infrastruktur, Arbeitsplätze sowie niedrigere Gaspreise gebracht hätte. Gasprom zog das Interesse an Depa dann jedoch wieder zurück. Die Begründungen dafür waren widersprüchlich. In Griechenland hieß es, die Russen hätten Bedenken, dass die EU-Kommission einen Erwerb Depas durch Gasprom für ungültig erklären könne, während es aus russischen Quellen hieß, das griechische Angebot sei schlicht unzureichend gewesen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen