InformationsaustauschFür Steuerflüchtlinge wird es eng
Für hartnäckige Steuerhinterzieher wird es immer schwieriger, ihr Geld zu verstecken. Der globale Standard zum automatischen Informationsaustausch über Kapitalerträge steht.
21.07.2014, von MANFRED SCHÄFERS, BERLIN
Das Netz um Steuerhinterzieher zieht sich zusammen. Es wird bald keine Anlageplätze von Bedeutung mehr geben, um Schwarzgeld und Kapitalerträge vor dem heimischen Fiskus zu verstecken. Wie die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) berichtet, liegt die komplette Version des globalen Standards zum automatischen Informationsaustausch in Steuersachen vor. 67 Länder und juristische Gebiete ziehen mit, 40 wollen schon im Jahr 2017 mit dem Austausch der Daten beginnen. Wer sich diese Liste anschaut, stellt fest, dass es für hartnäckige Steuerhinterzieher kaum noch Möglichkeiten des Abtauchens geben wird.
Ein Fall wie der des Fußballmanagers Uli Hoeneß, der wegen Steuerhinterziehung im Gefängnis sitzt, dürfte künftig kaum noch möglich sein. Bankplätze wie die Schweiz, Liechtenstein und Luxemburg haben sich ebenso zum Datenaustausch verpflichtet wie Singapur, die Britischen Jungferninseln und die Bermudas. Zwar sind wenige afrikanische Länder dabei. Aber wer möchte sein Geld schon in Staaten anlegen, bei denen man nicht weiß, ob man je wieder daran kommen wird?
Auf internationaler Ebene hat man in kurzer Zeit geschafft, was die Europäische Union über Jahrzehnte nicht hinbekommen hat: einen vollständigen Austausch über sämtliche Kapitalerträge. Auslöser war Druck aus Washington. Das amerikanische „Fatca“-Gesetz verpflichtete Banken jenseits der eigenen Grenzen, Informationen über Kunden zur Verfügung zu stellen, die in den Vereinigten Staaten steuerpflichtig sind. In bilateralen Abkommen ist das festgezurrt worden. Daraus entstand die Initiative der fünf Länder Deutschland, Frankreich, Spanien und Italien. Ihre Finanzminister meinten, man dürfe in Europa nicht hinter dem zurückbleiben, was mit den Vereinigten Staaten möglich ist.
Ende Oktober soll das Werk unter Dach und Fach gebracht werden
Auf verschiedenen internationalen Formaten ist das Projekt in der Folge vorangetrieben worden. Im September wird der komplette Standard den Finanzministern der zwanzig wichtigsten Wirtschaftsnationen vorgestellt. Ende Oktober soll das Werk in Berlin unter Dach und Fach gebracht werden. Das werde die größte und bedeutendste Steuerkonferenz in Deutschland, die es je gegeben hat, heißt es im Bundesfinanzministerium.
Der Bankenverband bereitet sich schon auf den neuen Standard vor. „Wir gehen fest davon aus, dass der OECD-Standard kommt“, sagte Hauptgeschäftsführer Michael Kemmer. „Die deutschen Banken sind darauf eingestellt, ihn umzusetzen.“ Die im März 2014 verabschiedete erweiterte EU-Zinsrichtlinie sei allerdings durch die viel weitergehenden internationalen Initiativen überholt. Sie dürfe daher keineswegs national isoliert umgesetzt werden, sondern müsse in ein international einheitliches System zum Informationsaustausch integriert werden.
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Die Aufgabe, viele Milliarden Daten, die für die Finanzbehörden relevant sein können, automatisch über Grenzen hinweg auszutauschen, gilt als extrem komplex. Schon früher wurde festgelegt, dass alle Arten von Kapitalerträgen wie Zinsen, Dividenden, Einkünfte aus Versicherungsverträgen, aber auch Veräußerungsgewinne zu melden sind. Neben Banken werden Makler, Investmentfonds und Versicherungen einbezogen. Zudem werden nicht nur die Konten natürlicher Personen erfasst, sondern auch Trusts und Stiftungen einschließlich der natürlichen Personen, die sie beherrschen. Als letztes folgten nun Leitlinien zur Umsetzung und Spezifika zur sicheren Übertragung von Daten.
Das alles sollte ein weiterer Grund für hartnäckige Steuerhinterzieher sein, alsbald zur strafbefreienden Selbstanzeige zu greifen.Wenn künftig Kapitalerträge im Ausland dem Fiskus bekannt werden und nicht in den Steuererklärungen angegeben wurden, wird das Finanzamt nachhaken. Da die Bedingungen für die Selbstanzeige Anfang nächstes Jahr verschärft werden, ist damit zu rechnen, dass in den nächsten Monate einige Extraarbeit auf die Finanzämter zukommt.
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