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Sonntag, 20. Juli 2014

Washington geht fest davon aus, dass die ukrainischen Separatisten das Passagierflugzeug mit einer russischen Rakete abgeschossen haben. Außenminister Kerry forderte Europa auf, die Sanktionen gegen Moskau zu verschärfen.


Scharfe Kritik an Russland„Das ist der Augenblick der Wahrheit für Putin“

Washington geht fest davon aus, dass die ukrainischen Separatisten das Passagierflugzeug mit einer russischen Rakete abgeschossen haben. Außenminister Kerry forderte Europa auf, die Sanktionen gegen Moskau zu verschärfen.

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Das malaysische Verkehrsflugzeug mit der Flugnummer MH17 ist nach Einschätzung des amerikanischen Außenministers John Kerry mit einem Raketensystem abgeschossen worden, das den prorussischen Separatisten im Osten der Ukraine von Russland gestellt wurde. „Es ist ziemlich klar, dass dieses System von Russland in die Hände der Separatisten gelangte“, sagte Kerry am Sonntag dem Nachrichtensender CNN. „Wir haben Bilder vom Raketenabschuss, wir wissen über die Flugbahn Bescheid“, sagte Kerry dem Sender NBC.
Bei dem Absturz der malaysischen Boeing am Donnerstag in der Ostukraine kamen alle 298 Insassen ums Leben. Das Verhalten der prorussischen Rebellen am Absturzort der Boeing nannte Kerry „grotesk“. Sie behinderten die Arbeit der Ermittler.
In mehreren Talkshows rief Kerry die Europäer auf, dem Beispiel Washingtons zu folgen und ihre Sanktionen zu verschärfen. Es wäre enorm hilfreich, wenn einige europäische Länder, die bisher „ein wenig abgeneigt“ seien, sich den Vereinigten Staaten anschlössen, sagte Kerry am Sonntag dem Sender CNN. Die Vorgänge um den mutmaßlichen Flugzeugabschuss sollten als „Weckruf“ dienen.
In einem Interview des Senders ABC fügte Kerry hinzu, dass Amerika „absolut darauf vorbereitet“ sei, selbst „noch einen Schritt weiter“ zu gehen und mehr Strafmaßnahmen zu verfügen, wenn dies nötig würde. „Das ist der Augenblick der Wahrheit für Putin“, sagte Kerry CNN. Es sei an der Zeit, dass Russland „Teil der Lösung und nicht länger Teil des Problems“ sei, fügte er bei ABC hinzu.
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Drohung mit weiteren Sanktionen

Bundeskanzlerin Angela Merkel, der französische Präsident François Hollande und der britische Premierminister David Cameron drohten Russland derweil mit einer Verschärfung der EU-Sanktionen. Der russische Präsident Wladimir Putin müsse umgehend Druck auf die prorussischen Separatisten in der Ostukraine ausüben, um den Ermittlern einen ungehinderten Zugang zur Absturzstelle von Flug MH17 zu gewährleisten, forderten die französische und die britische Regierung nach Telefonaten am Sonntag.
Sollte Russland nicht „unverzüglich die nötigen Maßnahmen ergreifen“, werde dies beim EU-Außenministerrat am Dienstag Konsequenzen haben, hieß es in Paris weiter. Die britische Regierung erklärte in London, Cameron habe am Morgen mit Merkel und Hollande gesprochen. „In beiden Anrufen ging es um zwei wichtige Fragen: Den Zugang zur Absturzstelle und die Haltung der EU zu Russland in Anbetracht der Tatsache, dass alles darauf hindeutet, dass die Rakete von prorussischen Separatisten abgeschossen wurde“, sagte ein Sprecher.
Infografik / Ukraine / Flugabwehrsystem Buk© DPAVergrößernSchematische Darstellung des Flugabwehrsystems „Buk“
„Sie waren sich alle einig, dass die EU ihre Haltung zu Russland überdenken muss und dass die Außenminister bereit sein sollen, weitere Sanktionen gegen Russland zu verhängen, wenn sie sich am Dienstag treffen.“ Ein Sprecher des Bundespresseamtes bestätigte zwar, dass die Kanzlerin mit Cameron und Hollande telefoniert habe, konnte zu den Inhalten aber zunächst nicht Stellung nehmen.
Zuvor hatten die Niederlande nachdrücklich an Russland appelliert, für die Herausgabe der sterblichen Überreste der Opfer zu sorgen. Der russische Präsident Wladimir Putin müsse bei den prorussischen Rebellen eingreifen, forderte Ministerpräsident Mark Rutte in Den Haag. „Er muss nun den Niederlanden und der Welt beweisen, dass er tut, was von ihm erwartet wird: seinen Einfluss ausüben.“ Er hatte zuvor nach eigenen Worten ein „sehr intensives“ Telefongespräch mit Putin geführt.
Zutiefst schockiert zeigte sich Außenminister Frans Timmermans über die Bilder und Berichte von der Bergung der Opfer. „Der Umgang mit den Toten ist widerlich“, sagte der Minister. Er war in der Nacht zum Sonntag aus Kiew zurückgekehrt. Priorität habe nun die Rückführung der 193 niederländischen Opfer. „Die Familien wollen ihre Angehörigen begraben.“ Timmermans hatte ein Team von 15 niederländischen Experten begleitet. Sie sollten die Opfer identifizieren.

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