Eskalation in der Ukraine
OSZE beobachtet Ausweitung der Kampfzone
In der Ostukraine weiten sich die Kämpfe wieder zunehmend aus, berichtet die OSZE. Zudem ist ein erneuter russischer Truppenaufmarsch zu beobachten.
Die Kämpfe im Donbass haben nach Ansicht von OSZE und Kiew wieder zugenommen. Ein Sprecher der Beobachtermission für die Einhaltung des Minsker Waffenstillstandes beklagte am Donnerstag in Kiew die Ausweitung der Kampfzone. Zu den beiden neuralgischen Punkten Mariupol und Donezk seien die ukrainisch kontrollierte Stadt Awdijiwka mit ihrem grossen Koks- und Chemiewerk sowie die von prorussischen Rebellen kontrollierte Grossstadt Horliwka gekommen. Letztere geht praktisch nahtlos in die Stadt Dserschinsk über, wo immer noch weit über 10 000 Einwohner trotz zunehmendem Beschuss in der Pufferzone ausharren.
Offensive oder Drohkulisse?
Laut der OSZE brechen beide Konfliktparteien den Waffenstillstand. Nach ein paar ruhigen Tagen im hart umkämpften Dorf Schirokine vor Mariupol hätten auch dort die Kämpfe mit schweren Waffen wieder zugenommen, sagte der Vizechef der OSZE-Mission Alexander Hug in Kiew. Laut Angaben der ukrainischen Regierungstruppen haben die Separatisten zudem mit dem Beschuss von zwei Dörfern bei Artemiwsk begonnen. Die Stadt Artemiwsk gilt als letzte ukrainische Festung auf dem Weg zur einstigen Rebellenhochburg Slowjansk im Norden des Donbass. Deren Wiedereroberung ist erklärtes Ziel des Donezker Separatistenführers Alexander Sachartschenko.
Russland scheint gleichzeitig auch wieder mehr Truppen an die Grenze zu verlegen. Laut der Nachrichtenagentur Reuters kommen ganze Eisenbahnzüge mit russischen Soldaten, Militärfahrzeugen, Panzern und Raketenwerfern in der Stadt Chutor Tschalkowa an. Die Fahrzeuge haben keine Nummernschilder, die Soldaten keine Abzeichen an den Uniformen. Dies deutet auf einen geplanten Kampfeinsatz in der Ostukraine hin. Der Kreml verweigerte eine Stellungnahme. Beobachter in Kiew schwanken zwischen Befürchtungen einer unmittelbar bevorstehenden neuen Offensive der Separatisten und der Annahme, der Aufmarsch könnte auch als Drohkulisse für die EU herhalten, die Ende Juni in Brüssel über eine Verlängerung der Wirtschaftssanktionen gegen Russland entscheidet.
Verluste sind Staatsgeheimnis
Putin hat am Donnerstag indes Verluste der Streitkräfte bei Spezialeinsätzen auch in Friedenszeiten zum Staatsgeheimnis erklärt. Das Gesetz aus Jelzins Zeit wurde erstmals seit 20 Jahren abgeändert. Bei Verstössen drohen bis zu sieben Jahre Gefängnis. Bisher fielen nur Verluste bei Militäreinsätzen in Kriegszeiten unter die Geheimhaltungspflicht. Das neue Gesetz wird als Reaktion des Kremls auf Berichte der russischen Opposition sowie des «Komitees der Soldatenmütter» über den Tod russischer Soldaten im Donbass gewertet.
Putin leugnete bisher hartnäckig den Einsatz russischer Truppen in der Ostukraine. Der Kreml räumt einzig ein, dass russische Staatsbürger ohne Wissen der Regierung als Freiwillige in den Reihen der Rebellen kämpfen. Gelingt es der ukrainischen Armee, russische Soldaten zu töten oder wie kürzlich festzunehmen, erklärt der Kreml diese gewöhnlich als bereits aus dem Dienst entlassen oder spricht von Urlaubsfahrten.
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