Die schwierige Suche nach dem griechischen Geld
Nach den Reichen leeren jetzt auch einfache Griechen ihre Bankkonten – und versuchen so ihr Erspartes in Sicherheit zu bringen. Doch niemand weiß so recht, wo die Milliarden bleiben.
Rentner warten vor der griechischen Nationalbank. Immer mehr Griechen heben ihr Geld von den Konten abFoto: AFP
Tag für Tag wird in Griechenland neues Vermögen geschaffen. Es funktioniert immer nach dem gleichen Prinzip: Die Menschen nehmen ihr Geld von den Konten, und die Nationalbank druckt neues. Insgesamt sind in den vergangenen Monaten Milliarden Euro zusätzlich in die griechische Volkswirtschaft geflossen. Dass die Europäische Zentralbank und die übrigen Nationalbanken dies mehr oder weniger hinnehmen, hat einen einfachen Grund: Die griechischen Finanzinstitute würden sonst ausbluten.
Doch wo sind die Milliarden geblieben, die die Griechen von ihren Konten geholt haben? Notenbanker werden bei dieser Frage verdächtig schweigsam. Bundesbank und Europäische Zentralbank (EZB) wollen das Phänomen nicht mal kommentieren.
Möglicherweise ist ein Großteil als Bargeld abgehoben worden. Doch die sonst so umfassenden Zahlenfriedhöfe der EZB weisen hier auf einmal große Lücken auf. "Für die Notenbanken ist es schwierig nachzuvollziehen, wohin das Bargeld der Griechen fließt. Sie haben kaum belastbare Daten, um dies zu überwachen", sagt Timo Wollmershäuser vom Münchener Institut für Wirtschaftsforschung (Ifo). Das macht selbst Bankanalysten einsilbig. "Das Geld kann überall sein", heißt es dort unisono.
Geld wird nach Bulgarien oder Albanien geschickt
Im Garten verbuddelt, unter dem Kopfkissen versteckt oder im Schließfach verschlossen – vieles spricht dafür, dass ein Großteil des Geldes hier landet. Denn obwohl die Geschäfts- und Privateinlagen auf 138,55 Milliarden Euro geschrumpft sind – den niedrigsten Stand seit dem Februar 2005 – haben sich die Abflüsse im März auf 1,9 Milliarden Euro verlangsamt. Zum Vergleich: Im Januar und Februar waren es zwölf und acht Milliarden Euro, die griechische Banken an Einlagen verloren.
Der Rückgang bei den Abflüssen im März spricht dafür, dass jetzt vor allem Kleinsparer versuchen, ihr Erspartes in Sicherheit zu bringen. Sie heben es ab und verstecken es bei sich zu Hause
Ein Notenbanker
"Der Rückgang bei den Abflüssen im März spricht dafür, dass jetzt vor allem Kleinsparer versuchen, ihr Erspartes in Sicherheit zu bringen. Sie heben es ab und verstecken es bei sich zu Hause. Sie haben gar nicht die Möglichkeiten, es außer Landes zu bringen", sagt ein Notenbanker. Das seien sehr einfache Leute, deren Vermögen eher gering sei.
Geld wurde laut Daten eines großen Zahlungsdienstleister im März vonGriechenland aus vor allem nach Bulgarien, Albanien und Rumänien geschickt. Dies dürften aber eher verwandtschaftliche Gründe als die Angst vor einer Währungsreform gehabt haben.
Deutschland gilt als sicherer Hafen
Die Reichen sollen dagegen große Teile ihres Vermögens im Ausland in Sicherheit gebracht haben. Und vieles sei in Deutschland gelandet. Die Bundesrepublik gelte als sicherer Hafen, den viele Griechen ansteuerten. Allerdings vertrauen sie wohl nie nur einem Institut ihr gesamtes Vermögen an, sondern verteilten jeweils 100.000-Euro-Beträge auf verschiedene Häuser, berichtet ein Banker. Das ist die Summe, bis zu der Ersparnisse durch den Einlagensicherungsfonds geschützt sind. "Wenn ich wirklich mein Geld in Sicherheit bringen will, schließe ich jedes Risiko aus. Auch die Pleite einer deutschen Bank", sagt er.
Die neue Griechen-Krise
- Januar
- Anfang Februar
- Mitte Februar
- Ende Februar
- Anfang März
- Mitte März
- Ende März
- Anfang April
- Mitte April
- Ende April
Das zeigt sich auch im Datendschungel der EZB: 2012 erreichten die Einlagen der Griechen bei deutschen Finanzinstituten bis zu 3,8 Milliarden Euro. Zuletzt waren sie auf 3,2 Milliarden Euro geschrumpft, allerdings liegen für die ersten drei Monate 2015 noch keine Zahlen vor.
In Notenbankkreisen wird davon ausgegangen, dass die griechischen Einlagen erneut gestiegen sein dürften. Darauf deuten die deutlich höheren Forderungen Deutschlands gegenüber dem Rest des Währungsraums im europäischen Zahlungssystem Target hin; zugleich sind die Verbindlichkeiten Athens stark gestiegen.
Doch viele Griechen wählen einen Umweg, um ihr Vermögen außer Landes zu schaffen: Sie investieren in Fonds ausländischer Firmen. Vor allem die Schweiz galt hier lange als beliebt. Gerade Ärzte oder Anwälte besitzen dem Vernehmen nach viel Schwarzgeld, das sie nicht direkt ins Ausland überweisen, um Nachfragen des Finanzamtes zu vermeiden.
In den Bilanzen der griechischen Notenbank sind diese Kapitalflüsse unsichtbar. So kommt wohl ein Großteil des griechischen Vermögens auf verschlungenem Wege auch dem Ausland zugute. Kein Wunder also, dass einige Notenbanker Kapitalverkehrskontrollen zwar für problematisch halten. Aber für immer noch besser, als noch mehr Geld zu drucken.
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