Abschaffung des 500er-ScheinsTschüs, Bin Laden!
Warum hieß der 500er in Spanien Bin Laden? Hat die EZB eigentlich längst mit der Abschaffung begonnen? Und wie groß müsste Dagobert Ducks Geldspeicher sein?
04.05.2016, von MARTIN HOCK
Servus, Auf Wiedersehen, Adieu - der Euroraum nimmt langsam Abschied vom 500-Euro-Schein. Für die Bürger im allgemeinen, aber besonders für einige Branchen und Einzelpersonen ergeben sich dadurch einige Änderungen. Eine Sammlung von ernsthaften und nicht ganz so ernsthaften Fakten.
Der Abschied hat längst begonnen
Ende des Jahres 2015 waren 613,6 Millionen auf 500 Euro lautende Scheine im Umlauf. Ende März 2016 betrug die Zahl laut Europäischer Zentralbank nur noch 594,4 Millionen. Damit wurden im erstzen Quartal schon drei Prozent aller 500er aus dem Verkehr gezogen. Indes ist die Zahl der 500-Euro-Scheine schon seit November 2011 nicht mehr gestiegen - im krassen Gegensatz zur Entwicklung bei allen anderen Geldscheinen. Offenbar gibt es die Abschaffungspläne also schon länger.
Der Abschied dauert länger
Der 500-Euro-Schein wird nicht etwa mir nichts, dir nichts aus dem Verkehr gezogen. Im Gegenteil kommt der Einstieg in den Ausstieg erst Ende 2018. Ab dann sollen keine Scheine mehr ausgegeben werden.
Irgendwann, frühestens 2025 könnte die EZB dennoch ein Datum festsetzen, ab dem der Schein kein offizielles Zahlungsmittel mehr ist. Umtauschbar dürfte er auch danach noch bleiben.
So wird es wohl Jahrzehnte dauern, bis die Banknote verschwindet, allzumal viele der Scheine außerhalb des Euroraums vermutet werden. Experten gehen von einem Drittel aus. Wahrscheinlich wird es aber auch noch in dreißig Jahren irgendwo 500er geben.
Die Chance des 200ers
„Was dem Ihnen sin Uhl, ist dem andern sin Nachtigall“, heißt es. Oder: Des einen Untergang kann der Höhenflug des anderen sein. Ohne 500-Euro-Schein könnte der 200-Euro-Schein zu neuen Ehren kommen. Bisher fristet dieser ein Schattendasein: Nur 208,6 Millionen Scheine sind im Umlauf – weniger als halb so viel wie 500er und nur ein Sechstel der Anzahl von 5-Euro-Scheinen, von denen es ebenfalls vergleichsweise wenige gibt. Die Zukunft könnte also gelb sein.
Aus für den Kriminellenschein?
Die EZB begründet die Abschaffung des 500-Euro-Scheins damit, dass der Schein bevorzugt für illegale Zwecke genutzt werde. Andere, wie dieBundesbank, äußern Zweifel. Der österreichische Ökonomieprofessor Friedrich Schneider kommt zu dem Schluss, dass man zu wenig über das Finanzvolumen der internationalen Kriminalität und die Details der Geldwäsche wisse, um die Bedeutung quantifizieren zu können. Allerdings sei eine Tatsache, dass Bargeld für viele kriminelle Aktivitäten verwendet werde, da es keine Spuren hinterlasse. Eine Reduzierung könne kriminelle Aktivitäten erschweren, weil die Transaktionskosten stiegen. Da aber die Profite aus kriminellen Aktivitäten sehr hoch seien, fielen die Effekte eher moderat aus und machten höchstens 10 bis 20 Prozent aus.
Der Dauerläufer
Kleine Euro-Geldscheine habe ein kurzes Leben: 5er oder 10er überstehen kaum ein Jahr, selbst einen 20er überleben mit weniger als zwei Jahren die meisten Goldhamster noch. Große Scheine wie der 200er oder eben der 500er leben dagegen lange. Sieben Jahre dauert es im Durchschnitt bis ein 500er wegen Abnutzung vernichtet wird.
„Bin Laden“
Die Spanier haben es auf den Punkt gebracht: Sie bezeichnen den nun verbleichenden Schein schon lange als „Bin Laden”, so das Londoner FinTech-Unternehmen Ebury. Alle wissen, dass der Schein existiert – aber fast niemand hat ihn je gesehen. Interessanterweise befinden sich die meisten 500 Euro-Scheine offenbar dennoch in Spanien im Umlauf. Ein Viertel der Scheine soll dort zirkulieren, obwohl Spanien nur knapp zehn Prozent der Wirtschaftsleistung des Euroraums aufbringt.
Weniger Stress an der Tanke
Im alltäglichen Zahlungsverkehr hat sich der 500-Euro-Schein nie großer Beliebtheit erfreut. Weder erhält man ihn üblicherweise an deutschen Geldautomaten, noch wird er in Geschäften gerne gesehen. Vor allem lehnen die meisten Tankstellen grundsätzlich ab, 500-Euro-Scheine entgegen zu nehmen. Auch englische Wechselstuben akzeptierten diese seit April 2010 nicht mehr, so Ebury. Fachleute nennen den 500-Euro-Schein auch eine „Saving note“. Sie liegt meist in Tresoren oder der sprichwörtlichen Matratze.
Ein Geldkoffer mit fünf Millionen Euro in 500-Euro-Scheinen wiegt etwa 13,7 Kilogramm. Will man dieselbe Summe in 200ern transportieren, so wird es allein durch das Geld schon um 15,55 Kilogramm schwerer. Allerdings lässt sich das Ganze nur noch in drei Koffern transportieren, so dass das Gesamtgewicht auf 34,25 Kilogramm steigt. Zudem braucht man jetzt wohl noch einen zweiten Kofferträger. Beide müssen nun mehr schleppen als der einzige Kofferträger vorher. Schwere Zeiten also für Waffen- und Drogenhändler also – oder für illegale Parteienfinanzierung.
Kein Verlust für Schifffahrt
Wer aus einem Geldschein mal gern ein Papierschiffchen faltete, muss sich auch künftig keine Sorgen machen. Da der 200er nur 7 Millimeter kürzer ist als der 500er fällt auch das Papierschiffchen nur um 3 bis 4 Millimeter kürzer aus.
Billiger koksen
Der eigentliche Grund, warum Kokainschnupfer Geldscheine als Hilfsmittel zum Hochziehen einer Linie bevorzugen, war dass die Droge an (neuen) Geldscheinen kaum haften bleibt und somit die Verluste gering sind. Da aber Kokain mittlerweile eine Droge der Reichen ist, ist dieser Grund heute wohl weniger ausschlaggebend. Vermutlich geht es mehr um „Tradition“ und Status. Allerdings finden sich an 500-Euro-Scheinen weniger Kokainspuren als an kleineren Banknoten. Das dürfte wenig mit Sparsamkeit zu tun haben. Vielmehr entsteht der Großteil der Kontamination in Geldzählmaschinen, in denen sich bereits Scheine mit Spuren des Rauschgifts befinden, so das österreichische Bundeskriminalamt.
Betten werden höher und Tapeten billiger
Wer Geld unter der Matratze hortete, konnte bei einer Standard-Matratze von 1 x 2 Metern bisher 72.000 Euro unterbringen und schlief nur 0,1 Millimeter höher. Künftig bringt er auf derselben Fläche noch nicht einmal halb so viel Geld, nämlich nur noch höchstens 31.200 Euro unter. Wer also 72.000 Euro unter die Matratze legt, schläft künftig bis zu 0,3 Millimeter höher. Noch deutlicher: 7,2 Millionen waren bisher nur ein Zentimeter, künftig sind es schon drei.
Eine Tapete aus 500-Euro-Scheinen an einer vier Meter langen Wand kostete bisher 381.500 Euro. Künftig wird es nur noch maximal 219.200 Euro kosten, die Wand mit Euroscheinen zu tapezieren. Die Schwierigkeiten bleiben, das passende Mobiliar zu jetzt gelb statt rosa zu finden.
Dagobert Duck braucht zwei neue Geldspeicher
Über das sagenumwobene Vermögen von Dagobert Duck existieren verschiedene Schätzungen. Ein Fan bezifferte dies einst auf 606,29026146268 Milliarden Euro. In 500ern betrüge das Volumen gut 1,6 Milliarden Liter. Bei der kolpoltierten Tiefe des Speichers von 30 Metern müsste dieser also eine Grundfläche von 53 Quadratmetern haben, um das Geld in 500-Euro-Scheinen aufzunehmen. Eine Umstellung auf 200-Euro-Scheine würde aber 3,8 Milliarden Liter Raum notwendig. Insofern müssten in Entenhausen bald zwei neue Geldspeicher stehen. Aber Dagobert schwimmt ohnehin lieber in Münzen. Was vermutlich heißt: entweder ist der Geldspeicher größer oder das Vermögen kleiner.
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