Internationaler KapitalmarktRussland kehrt zurück an den Anleihemarkt
Zuletzt hatte sich Russland 2013 auf den Anleihemarkt gewagt. Nun ist das Land mit einer neuen Staatsanleihe zurück. Welchen Zins können Anleger erwarten?
23.05.2016, von BENJAMIN TRIEBE, MOSKAU
Russland wagt sich zum ersten Mal seit Beginn der Ukraine-Krise mit einer Staatsanleihe an den internationalen Kapitalmarkt. Wie das Finanzministerium in Moskau am Montag mitteilte, ist eine Tochter der staatlich kontrollierten Großbank VTB mit der Plazierung beauftragt worden. In den vergangenen Monaten hatte Russland auch von zwei Dutzend westlichen Banken Vorschläge zur Bildung eines internationalen Konsortiums eingeholt, doch kam keine Emission zustande. Auch die Deutsche Bank war laut Presseberichten interessiert. Am Markt hieß es jedoch, die Institute seien auf Drängen europäischer und amerikanischer Behörden wieder auf Abstand zum Kreml gegangen.
Der russische Staat ist nicht direktes Ziel der Finanzsanktionen, welche die EUund die Vereinigten Staaten im Sommer 2014 wegen Moskaus Aggression im Ukraine-Konflikt verhängten. Betroffen ist allerdings die VTB, das zweitgrößte Kreditinstitut des Landes. Sie darf keine neuen Aktien oder Anleihen im westlichen Ausland emittieren – doch die Tätigkeit als Vermittler von Papieren einer Drittpartei ist der VTB nicht untersagt. Zum Volumen der Anleihe machte Moskau keine Angaben. Marktteilnehmer sprachen von mindestens 500 Millionen Dollar. Der laufende Haushalt erlaubt Eurobonds-Emissionen von bis zu 3 Milliarden Dollar.
Letzte Staatsanleihe im September 2013 plaziert
Die neue Obligation soll auf Dollar lauten, eine Laufzeit von zehn Jahren und einen Zins zwischen 4,65 und 4,9 Prozent haben. Das wäre ein Aufschlag von mindestens einem halben Prozentpunkt auf die Marktrendite einer existierenden, vergleichbaren russischen Staatsanleihe. Analysten erwarten, dass die Plazierung auf ausreichend Interesse stößt, besonders bei spezialisierten Schwellenländerinvestoren. Als der staatliche Erdgasriese Gasprom im März einen Bond über 500 Millionen Schweizer Franken zum Kupon von 3,4 Prozent herausgab, war die Emission vierfach überzeichnet. Gasprom ist ebenfalls nicht mit Finanzsanktionen belegt.
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Moskau will das Haushaltsdefizit im laufenden Jahr auf 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu begrenzen. 2015 war ein Minus von 2,6 Prozent der wirtschaftlichen Jahresleistung angefallen. Die Einnahmenausfälle sind wegen des niedrigen Erdölpreises jedoch weitaus größer als die Ausgabenkürzungen. Zur Deckung des Defizits stehen dem Kreml Emissionen am inländischen Kapitalmarkt offen, die aber weitaus höher verzinst werden müssen, oder die allmählich schwindenden Rücklagen in zwei Staatsfonds. Die letzte Staatsanleihe am internationalen Kapitalmarkt hatte Russland im September 2013 plaziert.
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