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Mittwoch, 27. Mai 2015

Es ist die kürzeste Verbindung zwischen dem Pazifik und dem Indischen Ozean. Mehr als die Hälfte des weltweiten Tankerverkehrs verläuft durch das Südchinesische Meer.


Chinesischer InselbauEine Seidenstraße im Meer

China baut im Südchinesischen Meer Militärbasen. Weit weg von zu Hause, könnte man denken. Aber jeder zweite Tanker fährt durch das Gebiet. Die Begründung der Chinesen für die Landnahme scheint dabei weit hergeholt.

© DPAVergrößernChinesische Bauarbeiten auf dem Cuarteron-Riff, dass von den Philippinen und China beansprucht wird.
Tag und Nacht, sieben Tage in der Woche wird an den Korallenriffen gebaggert, Sand gepumpt und gebaut. Sieben neue Inseln haben chinesische Bautrupps im letzten Jahr durch Landgewinnung im Südchinesischen Meer aufgeschüttet. Eine davon, das Fiery-Atoll, trägt bereits eine Radaranlage, einen Kontrollturm und eine Flugzeuglandebahn. Das Atoll werde zum „unversenkbaren Flugzeugträger“, sagt die chinesischen Marine.
Das Fiery-Atoll gehört zu den Spratly-Inseln. Es liegt mehr als tausend Kilometer von der Küste der Volksrepublik China entfernt, aber nur etwa 200 Kilometer von der Küste der Philippinen. Wenn die neuen Bauten und Einrichtungen fertig sind, was nach Ansicht amerikanischer Militärbeobachter schon Ende des Jahres der Fall sein könnte, kann es der chinesischen Marine als Vorposten in einem Seegebiet dienen, das strategisch hochbedeutend ist.
Im Südchinesischen Meer liegt Fischgrund, es gibt dort auch Erdgas- und Erdölvorkommen, über deren Größe allerdings die Meinungen auseinandergehen. Dichter Seeverkehr verläuft durch dieses Meer. Schiffe aus vielen Herkunftsländern, nicht nur die der Anrainer, passieren die Gewässer. Es ist die kürzeste Verbindung zwischen dem Pazifik und dem Indischen Ozean. Mehr als die Hälfte des weltweiten Tankerverkehrs verläuft durch das Südchinesische Meer.
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Wichtig sind die Seewege für den Handel mit Japan und China. Auch Europa, Chinas zweitgrößter Handelspartner, wird über diese Wege beliefert. Für China, die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt, sind die Seewege entscheidend, um seine Einflusssphäre und seinen Handel auszudehnen. Und seit Präsident Xi Jinping die Idee einer „Maritimen Seidenstraße“ von China bis nach Afrika aufbrachte, hat die Kontrolle der Seewege für die chinesischen Schiffe nationale Priorität bekommen.

China stützt sich auf historische Aufzeichnungen

China brauche offene Seewege für seine Maritime Seidenstraße, sagt Ye Qiang vom Forschungsinstitut für das Südchinesische Meer in Peking. Ob diese Seewege allerdings noch offen sein werden, wenn China das ganze Südchinesische Meer kontrolliert, daran haben nicht nur die Anrainer Zweifel, sondern auch die Vereinigten Staaten. Washington hat sich mit einer Positionierung im Territorialstreit zurückgehalten und bezieht keine Stellung zu der Frage, wem denn nun welche Inseln gehören. Die amerikanische Regierung beharrt aber darauf, dass die Freiheit der Schifffahrt in dem Gebiet gesichert sein muss.
Infografik / Karte / Umstrittene Seegebiete im Südchinesischen Meer© F.A.Z.Bilderstrecke 
Schon lange belauern sich die Anrainer im Südchinesischen Meer, wo sich die Ansprüche von Brunei, Taiwan, Malaysia, Vietnam und den Philippinen überlappen. Doch das weitaus größte Gebiet beansprucht die Volksrepublik China für sich. Etwa 90 Prozent des Südchinesischen Meers bezeichnet Peking als sein Territorium. Es stützt sich dabei auf eine von der Republik China erstellte Karte mit einer „Neun-Striche-Linie“ des Jahres 1947 und auf historische Aufzeichnungen, die belegen sollen, dass chinesische Fischer schon zu Zeiten des Kaiserreiches in der Nähe der Atolle und Inseln unterwegs waren.
„Von alters her“ seien die Inseln im Südchinesischen Meer chinesisches Territorium gewesen, sagt Ye Qiang. Das ist ein Anspruch, der von vielen angezweifelt wird. Die Anrainerstaaten untermauern ihre Ansprüche mit eigenen Dokumenten oder verweisen auf das internationale Seerecht. Sie sagen, dass die „Neun-Striche-Linie“ aus dem Jahr 1947 keine Gültigkeit habe. Einige der von China beanspruchten Inseln liegen in den Ausschließlichen Wirtschaftszonen anderer Staaten, in denen sie allein über die Bodenschätze verfügen.

Keine multilateralen Gespräche

Besonders heftig ist der Streit zwischen China und den Philippinen sowie China und Vietnam. In Vietnam ist es bereits zu gewalttätigen antichinesischen Demonstrationen gekommen, als China in einem von Vietnam beanspruchten Gebiet eine Ölbohrinsel festmachte. Die Philippinen protestieren vergeblich gegen Chinas Besetzung einer Insel vor der philippinischen Küste. Die Philippinen haben den Fall vor die UN gebracht und wollen eine Schlichtung. Peking hat bereits wissen lassen, dass es das nicht akzeptieren will.
Denn China will Lösungen nur in bilateralen Gesprächen erzielen. Mit Vietnam hat es mittlerweile ein Abkommen über Fischerei im umstrittenen Golf von Tonkin erreicht. Es verweigert sich aber multilateralen Gesprächen über das Südchinesische Meer. China hat sich zwar schon 2001 mit der Gemeinschaft der Südostasiatischen Staaten Asean darauf geeinigt, einen Verhaltenskodex für das Südchinesische Meer zu erstellen, durch den Zwischenfälle vermieden werden können. Doch der Kodex ist bislang nicht fertiggestellt geworden. Mittlerweile hat China im umstrittenen Seegebiet eine neue Stadt gegründet und verlangt von Fischerbooten, die in die von ihm beanspruchten Gebiete fahren, sich zu identifizieren.
Dieser Artikel ist aus der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Wenn Sie mehr davon lesen wollen, testen Sie die F.A.S. doch einfach als digitale Zeitung. Wie es geht, erfahren Sie hier ...
Seit aber durch Satellitenaufnahmen bekannt wurde, dass China im Südchinesischen Meer nun auch noch neue Inseln wachsen lässt, die sich militärisch nutzen lassen, steigen die Spannungen in der Region. Peking hat nach ersten Protesten versucht zu beschwichtigen. Die aufgeschütteten Inseln sollten nicht nur dem Militär dienen, sondern auch zur Seenotrettung und zur Meeresforschung. Kritiker wie die Philippinen verweisen darauf, dass diese angeblichen Forschungsstationen die Korallenriffe zerstören, auf denen sie gebaut sind, und sich damit erheblich auf die Ökosysteme auswirken. Erstmals hat kürzlich auch die Organisation Asean, die sonst darauf bedacht ist, China nicht herauszufordern, in einer Stellungnahme ihre Besorgnis über die Landgewinnung ausgedrückt.

Washington soll helfen

Peking entgegnet dem, dass auch andere Staaten bereits auf Inseln gebaut haben, die von ihnen beansprucht werden. Seine Bauten seien nur eine Reaktion auf diese Vorstöße und nicht gegen andere gerichtet. Ansonsten besteht die Volksrepublik aber darauf, dass ihr Anspruch auf das Territorium unbestritten sei. China sei entschlossen, seine territoriale Integrität zu wahren.
Die Anrainer suchen nun Schutz und Hilfe in Washington. Präsident Obama kritisierte öffentlich, dass China im Südchinesischen Meer seine Muskeln spielen lasse, anstatt eine diplomatische Lösung mit den Nachbarn zu suchen. Der stellvertretende amerikanische Außenminister prangerte an, dass Peking Frieden und Stabilität gefährde. Washington beließ es nicht bei Worten: Es schickte in der vergangenen Woche eines seiner Kriegsschiffe bis kurz vor eine der neugewonnenen Inseln.
Vor einigen Tagen lud das amerikanische Militär eine Crew des Nachrichtensenders CNN ein, mit einem Aufklärungsflugzeug in die Nähe von drei Inseln zu fliegen, die China erweitert. Auf den Aufnahmen, die dabei entstanden, sieht man rege Aktivitäten mitten im Meer, eine riesige Landebahn, Gebäude, die aussehen wie Tower, und viele Schiffe, auch der chinesischen Marine.
Das amerikanische Flugzeug wurde dann, so jedenfalls zeigt es der Film, den CNN am Donnerstag veröffentlichte, dazu aufgefordert, den Luftraum zu verlassen: „Hier ist die chinesische Marine, gehen Sie weg.“ Und dann: „Hauen Sie sofort ab!“ Insgesamt acht solcher Funksprüche wurden empfangen - und nicht befolgt. Amerikanische Militärs glauben, dass China vorhat, eine Luftverteidigungs- und Identifizierungszone einzurichten, wie es das schon über dem Ostchinesischen Meer gemacht hat. Der chinesische Außenminister sagte, dass China dazu zwar das Recht habe, es aber unter den gegebenen Umständen nicht ausüben würde. Seine Entschlossenheit, territoriale Interessen und Integrität zu verteidigen, sei aber „hart wie ein Fels“.

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