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Dienstag, 8. März 2016

Klagen von Gläubigern griechischer Staatsanleihen gegen die Hellenische Republik wegen der Umschuldung im Jahr 2012 sind in Deutschland unzulässig



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Sent: Tuesday, March 8, 2016 4:26 PM
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Subject: [BGH-Pressemitteilungen] Klagen von Gläubigern griechischer 
Staatsanleihen gegen die Hellenische Republik wegen der Umschuldung im Jahr 
2012 sind in Deutschland unzulässig

Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle

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Nr. 051/2016 vom 08.03.2016

Klagen von Gläubigern griechischer Staatsanleihen gegen die Hellenische 
Republik wegen der
Umschuldung im Jahr 2012 sind in Deutschland unzulässig



VI ZR 516/14 – Urteil vom 8. März 2016

Die Kläger machen gegen die Republik Griechenland Schadensersatzansprüche im 
Zusammenhang mit der Entnahme griechischer Schuldverschreibungen aus ihren 
Wertpapierdepots geltend.

Die Kläger erwarben in den Jahren 2010 und 2011 über eine deutsche Bank von 
der Beklagten begebene ISIN GR Anleihen. In den Anleihebedingungen, in denen 
keine Umschuldungsklauseln (sog. Collective Action Clauses) enthalten waren, 
wurde bestimmt, dass diese Anleihen griechischem Recht unterfallen und es 
sich um dematerialisierte Wertpapiere handelt, die als Wertrechte ausgegeben 
werden und im Girosystem der griechischen Zentralbank registriert sind. Das 
Girosystem der griechischen Zentralbank basiert auf Konten im Namen der 
jeweiligen Systemteilnehmer, die daran nur mit Zulassung durch die 
griechische Zentralbank teilnehmen können. Nach Art. 6 Abs. 4 des 
griechischen Gesetzes 2198/1994 wird eine Anleihe durch Gutschrift auf dem 
bei der Zentralbank geführten Konto des Teilnehmers übertragen. Da weder die 
deutsche Bank noch die Kläger Teilnehmer des Girosystems der griechischen 
Zentralbank waren, erwarb die Bank die Anleihen im Auftrag der Kläger auf 
dem Sekundärmarkt.

Im Zuge der Restrukturierung des griechischen Staatshaushaltes wurde durch 
das griechische Gesetz 4050/2012 vom 23. Februar 2012 geregelt, dass 
Anleihebedingungen nachträglich durch Mehrheitsentscheidungen der 
Anleihegläubiger geändert und dann durch Beschluss des Ministerrates der 
Republik Griechenland für allgemeinverbindlich erklärt werden können. Nach 
dem Gesetz bewirkt der Ministerratsbeschluss, dass die überstimmte 
Minderheit der Anlagegläubiger an den Mehrheitsbeschluss gebunden ist. 
Anders als die Kläger stimmten die Gläubigerversammlungen dem Angebot 
mehrheitlich zu, die Anleihen gegen andere Anleihen mit einem um 53,5 % 
verringerten Nennwert und mit längerer Laufzeit umzutauschen. Durch 
Ministerratsbeschluss vom 9. März 2012 wurden diese Mehrheitsentscheidungen 
allgemeinverbindlich. Sodann wurden die alten Anleihen eingezogen und die 
neuen Anleihen in das Girosystem der griechischen Zentralbank eingebucht. 
Daraufhin ersetzte die deutsche Bank die griechischen Anleihen der Kläger im 
Wege einer Umbuchung durch die um 53,5 % abgewerteten Titel anderer 
Stückelung und Laufzeit.

Die Kläger verlangen den Schaden ersetzt, der ihnen durch den Umtausch der 
Anleihen entstanden sei. Sie stützen die Klage darauf, dass die Beklagte 
deren Ausbuchung gegen ihren Willen durch Anweisung an die depotführende 
Bank veranlasst und dadurch Eigentum und Besitz der Kläger an den 
Schuldverschreibungen verletzt habe. Das Landgericht hat die Klage als 
unzulässig abgewiesen. Die Berufung der Kläger hatte keinen Erfolg.

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die vom Berufungsgericht 
zugelassene Revision der Kläger zurückgewiesen. Im Streitfall ist die Klage 
schon deswegen unzulässig, weil die deutsche Gerichtsbarkeit nicht eröffnet 
ist. Ihr steht der völkergewohnheitsrechtlich anerkannte Grundsatz der 
Staatenimmunität entgegen (§ 20 Abs. 2 GVG, Art. 25 GG). Dieser besagt, dass 
ein Staat nicht fremdstaatlicher nationaler Gerichtsbarkeit unterworfen ist, 
weil dies mit dem Prinzip der souveränen Gleichheit von Staaten und dem 
daraus folgenden Rechtsprinzip, dass Staaten nicht übereinander zu Gericht 
sitzen, nicht vereinbar wäre. Staatenimmunität besteht aber grundsätzlich 
nur für solche Akte, die hoheitliches Handeln eines Staates darstellen

Die Kapitalaufnahme durch Emission von Staatsanleihen stellt zwar ein 
nicht-hoheitliches Handeln dar. Für die Frage der Immunität kommt es aber 
nicht auf die Rechtsnatur des Grundverhältnisses an, sondern auf die Natur 
der staatlichen Handlung, über deren Berechtigung die Parteien streiten. 
Deshalb geht es im Streitfall nicht um die Rechtsnatur der Kapitalaufnahme 
durch Emission von Staatsanleihen, sondern um die Rechtsnatur der Maßnahmen 
der Beklagten, die letztlich zur Ausbuchung der Schuldverschreibungen aus 
dem Wertpapierdepot der Kläger führten. Maßgeblich sind insoweit der Erlass 
des Gesetzes 4050/2012 vom 23. Februar 2012 und der Beschluss des 
Ministerrats vom 9. März 2012, aufgrund derer die Mehrheitsentscheidung der 
Gläubiger allgemeinverbindlich wurde. Denn Wirkung gegenüber den Gläubigern, 
die wie die Kläger der Änderung der Anleihebedingungen nicht zugestimmt 
hatten, entfaltete diese erst durch diese beiden – als hoheitlich 
einzustufenden - Maßnahmen. Ohne sie wäre die Mehrheitsentscheidung der 
Gläubiger für die überstimmte Minderheit privatrechtlich wirkungslos 
geblieben. Der anschließende Umtausch der von den Klägern gehaltenen 
Anleihen ist nur eine Folge der sich daraus ergebenden Rechtslage. Der 
Grundsatz der Staatenimmunität will gerade die Rechtmäßigkeit der hier 
maßgeblichen hoheitlichen Maßnahmen eines anderen Staates verhindern.

Vorinstanzen:

LG Frankfurt am Main - Urteil vom 6. Februar 2014 - 2-21 O 332/12

OLG Frankfurt am Main - Urteil vom 18. September 2014 - 16 U 41/14

Karlsruhe, den 8. März 2016

Die allgemeinen Regeln des Völkerrechtes sind Bestandteil des Bundesrechtes. 
Sie gehen den Gesetzen vor und erzeugen Rechte und Pflichten unmittelbar für 
die Bewohner des Bundesgebietes.

(1) …….

(2) Im Übrigen erstreckt sich die deutsche Gerichtsbarkeit auch nicht auf 
andere als die in Absatz 1 und in den §§ 18 und 19 genannten Personen, 
soweit sie nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts, auf Grund 
völkerrechtlicher Vereinbarungen oder sonstiger Rechtsvorschriften von ihr 
befreit sind.

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501

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