Eine Tagung der Hayek-Gesellschaft zu Kryptogeld und Währungs- wettbewerb machte überdeutlich, warum Bitcoin und Co. eine solche Faszination auf Verfechter uneingeschränkter individueller Freiheit ausüben: Sie sehen in Kryptowährungen einen Weg, den verhassten Staat zu entmachten.
Der Erfolg des Kryptogeldes belebt die Diskussion über die Vision des Ökonomie-Nobelpreisträgers von Hayek: private Währungen, die das staatliche Geldmonopol ersetzen. Mehr als 100 Jahre lang galt es als das Normalste auf der Welt, dass Währungen staatlich sind. Der überstaatliche Euro bestätigte diese Regel eher, als sie zu widerlegen - nicht nur, weil er schlecht funktioniert, sondern auch, weil er ebenfalls mit einem hoheitlichen Geldmonopol operiert: Das Euro-Bargeld ist gesetzliches Zahlungsmittel. 
Mit der zunehmenden Verbreitung des Bitcoins und anderer Kryptowährungen löst sich diese Normalität auf.
Ein derartiges Interesse an privatem Geld hat es seit den heftigen Kontroversen um den Niedergang des Free Banking in der englischsprachigen Welt Mitte des 19. Jahrhunderts nicht mehr gegeben.
Das schreiben Jesus Fernández-Villaverde und Daniel Sanches von der Universität Pennsylvania und der Federal Reserve Bank von Philadelphia in ihrem im Juli veröffentlichten Fachaufsatz. Er heißt: "Can Currency Competition Work?" Zu Deutsch: Kann Währungswettbewerb funktionieren? 
Als Free Banking wird die Zeit vor Gründung der modernen Zentralbanken im 19. und 20. Jahrhundert bezeichnet, als in vielen Ländern jede Bank ihre eigenen Banknoten herausgeben durfte. Für den libertären Ökonomie-Nobelpreisträger Friedrich August von Hayek und seine Anhänger war das ein erstrebenswerter Zustand. Ha yek verurteilte das staatliche Geldmonopol als Bruch marktliberaler Prinzipien und setzte ihm das Idealbild des freien Währungswettbewerbs entgegen. Das Publikum entscheidet sich dabei frei, welches Geld es für den Zahlungsverkehr verwenden will. Das beste, wertstabilste Geld setzt sich durch und muss sich immer gegen mögliche Konkurrenten behaupten.
Denationalisierung des Geldes
Vor der Erfindung des Bitcoins fand Hayek wenig Beachtung mit seiner Forderung nach der "Denationalisierung des Geldes", so der deutsche Titel seines Buches von 1977. Trotz des neu aufgeflammten Interesses an privaten Währungen müssen Fernández und Sanches allerdings feststellen, dass dieses Interesse bisher nicht dazu geführt hat, dass Ökonomen rigoros untersuchen würden, ob und unter welchen Bedingungen freier Währungswettbewerb die günstigen Ergebnisse zeitigt, die Hayek in Aussicht stellte. Ein Symposium mit dem Titel "Parallelwährungen als Alternative zum staatlichen Währungsmonopol", das die deutsche Hayek-Gesellschaft am 15. November zusammen mit Partnern aus der liechtensteinischen Finanzbranche veranstaltete, hat dieses Verdikt bestätigt. Was die eingeladenen Hayek-affinen Wissenschaftler und Praktiker zu privaten Parallelwährungen zu sagen hatten, war entweder von Skepsis geprägt, oder es beruhte auf der Grundüberzeugung, dass alles, was das verderbliche Geldmonopol übergriffiger und ausbeuterischer Regierungen aushebelt, nur ein Fortschritt sein kann. 
Zu den Skeptikern gehörten der emeritierte Berner Professor und Notenbankberater Ernst Baltensperger und der Chefvolkswirt des Goldhandelshauses Degussa, Thorsten Polleit. Baltensperger befürwortete zwar ausdrücklich die Zulassung alternativer Währungen, da diese den Staat disziplinieren könnten, bezweifelte aber, dass es längere Zeit ein Nebeneinander paralleler Währungen geben könnte. Ein Währungsemittent werde schließlich ein Monopol erlangen und müsste dann auch wieder reguliert werden. "Hayek hat die Kosten und Ineffizienz multipler Währungen unterschätzt", sagte er außerdem und verwies darauf, dass es in der Zeit des Free Bankings im 19. Jahrhundert laute Klagen der Wirtschaft über diese Kosten gegeben habe, die letztlich zur Regulierung geführt hätten. Auch Polleit betonte, Buchführung, Finanzplanung und Abwicklung von Transaktionen seien am günstigsten und effizientesten möglich, wenn es genau eine Währung gebe. 
Der Sozial- und Moralphilosoph Philipp Graf von Batthyány argumentierte, Geld gehöre nicht in staatliche Hand, sondern in die des Marktes, weil es sich auch ungeplant am Markt entwickelt habe. Das sollte sich als zweischneidiges Argument herausstellen, denn Polleit machte klar, dass in der Ökonomenzunft die konkurrierende Sichtweise zur Geldentstehung vorherrscht: Demnach entscheidet vor allem der Staat darüber, was als Geld fungiert. Gegen diese vorherrschende Sicht konnte auch Polleit keine historischen Belege des Gegenteils, sondern nur abstrakte Plausibilitätsüberlegungen von Ludwig von Mises anführen.
Feindbild Staat 
"Zweck staatlichen Geldes ist immer die Finanzierung des Staates", kritisierte der in Frankreich lehrende Ökonom Jörg Hülsmann. Das ist aus Sicht der Hayek-Anhänger ein nicht geringer Makel, denn "Monopole führen immer zur Ausbeutung der Konsumenten", in diesem Fall der Sparer, wie es der Ökonomieprofessor, Vorsitzende der Aktionsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft und Europa-Abgeordnete der AfD-Abspaltung LKR, Joachim Starbatty, ausdrückte. Die Einnahmen aus dem Geldmonopol erlaubten es dem Staat, "sich eine große Gefolgschaft zu kaufen", so Polleit. Und er missbrauche seine daraus erwachsende Finanzmacht "zur Finanzierung von Kriegen, sozialen Wohlfahrtsprogrammen und Ähnlichem", wie es Vahan Roth ausdrückte, der als Geschäftsführer für den mitveranstaltenden Bankier Karl Reichmuth arbeitet. Er sieht "eine moralische Komponente" in der Entscheidung der von ihm geleiteten Investmentgesellschaft, keine Staatsanleihen zu kaufen, denn "ein solches Gebilde möchte man nicht finanzieren". 
Szenenapplaus bei solchen Aussagen machte deutlich, wie die Sympathien im Saal verteilt waren und dass es für freiheitlich Gesinnte à la Hayek nicht darauf ankommt, wie genau die Ergebnisse in Sachen Preisstabilität und Kosten sind, wenn private Parallelwährungen nur das staatliche Währungsmonopol beenden helfen. Die Ökonomen Fernández-Villaverde und Sanches konnten mit ihren Modellrechnungen Hayeks Verheißung von Preisstabilität durch private Währungskonkurrenz jedenfalls nicht bestätigen. Nur für den Spezialfall, dass die Kosten der Emission einer zusätzlichen Währungseinheit mit zunehmender Menge konstant bleiben, könne man dieses Ergebnis erwarten. Sie bestätigten allerdings auch die Vermutung Baltenspergers, dass die grundsätzliche Möglichkeit privater Ersatzwährungen den Staat bei der Geldausgabe wirksam disziplinieren könne. Er müsse dann annähernd wertstabiles Geld anbieten, um zu verhindern, dass die private Konkurrenz zu groß wird. 
Thomas Mayer, Ex-Chefvolkswirt der Deutschen Bank und Direktor des Flossbach von Storch Research Institute, sieht allerdings noch ein mögliches Einfallstor für private Cyberwährungen abseits der Inflation, nämlich die Instabilität des Bankensystems. "Die nächste Finanzkrise dürfte eine Geldkrise werden", sagte er voraus, denn eine neuerliche Rettung der Banken werde dann kaum noch möglich sein. Überall da, wo die staatliche Autorität krisenbedingt bröckelt, werde sich Kryptogeld durchsetzen. Gerade im Euro-Raum sieht er dafür viel Potenzial.
[27.12.2017]