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Samstag, 13. Oktober 2012

Griechische Staatsschulden EZB erwägt Rückkaufprogramm


Griechische Staatsschulden EZB erwägt Rückkaufprogramm 

12.10.2012 ·  Im Kampf gegen die Krise hat EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen ein neues Modell ins Spiel gebracht, um die Schuldenquote Griechenlands zu senken: ein „freiwilliges Rückkaufprogramm griechischer Staatsanleihen“.
Von Manfred Schäfers und Patrick Welter, Tokio
In der Europäischen Zentralbank (EZB) wird ein freiwilliges Rückkaufprogramm griechischer Staatsanleihen erwogen, um die Schuldenquote des Landes zu senken. „Wir müssen in den kommenden Wochen über Lösungen wie ein freiwilliges Rückkaufprogramm nachdenken“, sagte Jörg Asmussen, Mitglied des Direktoriums der EZB, am Rande der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank in Tokio. Ziel solcher Bemühungen, bei denen die Regierung in Athen mit geliehenem Geld eigene Staatsanleihen auf den Finanzmärkten zurückkaufen würde, wäre es, die Schuldenquote von Griechenland zu senken und die Verschuldung auf ein nachhaltiges Niveau zurückzuführen.
Eine solche Lösung könnte aus der Blockade führen, in der die Verhandlungen mit Griechenland in dem Kreditprogramm feststecken. Klar ist als Folge verzögerter Privatisierungen und anderer Reformen sowie der schlechten Wirtschaftslage, dass Griechenlands Schuldenstand höher ist als bislang erwartet. Auch muss ein Finanzierungsloch im Haushalt gestopft werden, was über weitere Hilfskredite den Schuldenstand, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, zusätzlich erhöhen würde. Insgesamt steht so die Schuldentragfähigkeit des Landes in Frage. Der Internationale Währungsfonds (IWF) präferiert als Ausweg einen Schuldenschnitt der öffentlichen Schuldner Griechenlands. Die EZB schließt das ebenso wie der IWF aber für sich aus. Das Interesse der Euro-Staaten an einem Schuldenschnitt sei ausgesprochen gering, sagte Asmussen. Deshalb müsse nach einer Reihe von Lösungen gesucht werden, um die Schuldenquote zu verringern.
Im Kern geht es darum, dass griechische Staatsschulden aus dem Markt genommen werden, um so den Schuldenstand zu drücken. Ein Rückkaufprogramm könnte mit Hilfe des dauerhaften Stabilitätsmechanismus oder des vorläufigen Hilfsfonds EFSF organisiert werden. So könnten direkt Anleihen des Landes aufgekauft werden, die unter Pari gehandelt werden. Alternativ könnte ESM oder EFSF der Regierung in Athen Finanzmittel geben, damit diese auf diese Weise aktiv werden kann. Bei Anleihen, die beispielsweise zu einem Drittel des Nennwerts gehandelt werden, könnten so mit einem Einsatz von rund 3,3 Milliarden Euro griechische Papiere im Wert von 10 Milliarden Euro zurückgekauft werden, um diese anschließend stillzulegen. So käme man auf eine Senkung der griechischen Schuldenlast um netto 6,7 Milliarden Euro.

Bundesregierung lehnt Gedankenspiele der Notenbank ab

Die Bundesregierung sehe keinen Anlass für solche Überlegungen, verlautete aus Regierungskreisen in Berlin. Solche Gedankenspiele der EZB seien unrealistisch. „Die Bundesregierung plant keine neuen Instrumente für den EFSF und ESM“, hieß es.
Die Forderung der geschäftsführenden Direktorin des IWF, Christine Lagarde, Griechenland zwei Jahre mehr Zeit zur Rückführung des Defizits einzuräumen, würde das Finanzierungsloch Griechenlands und - bei einer Deckung mit Krediten - auch den Schuldenstand weiter erhöhen.
Bundesbankpräsident Jens Weidmann äußerte sich in Tokio skeptisch zu einer solchen Verlängerung. „Es muss klar sein, dass eine Streckung des Anpassungszeitraums natürlich auch mit höheren Finanzierungen verbunden sein wird“, sagte Weidmann. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nennt die Forderung Lagardes eine wenig hilfreiche Spekulation. Andere Finanzminister zeigten in Tokio Verständnis für die IWF-Forderung. „Es ist wert, darüber nachzudenken“, sagte Kanadas Finanzminister James Flaherty. Sein Amtskollege aus Brasilien, Guido Mantega, sagte: „Wir argumentieren schon seit einiger Zeit, dass einseitige und drakonische Fiskalpolitiken konterproduktiv sind.“
Weidmann warnte in Tokio zugleich davor, die Notenbanken zu überfordern. Sorge bereite, dass sich die Hoffnungen und Erwartungen der Politik mehr und mehr auf die Zentralbanken als Problemlöser für konjunkturelle und fiskalische Probleme richteten, sagte Weidmann. Die Geldpolitik stelle kein Allheilmittel dar und sei keine Wunderwaffe. Sie könne die Probleme der Krise nicht grundlegend lösen, sondern nur unter Dehnung ihres Mandats finanzieren. „Sie gerät damit auch in das Schlepptau der Fiskalpolitik“, mahnte Weidmann. „Der bequeme Ausweg über die Notenpresse ist eben keine Lösung.“ Letztlich sei es Sache der Regierungen, mit fiskalischen und strukturellen Reformen zu handeln. Hintergrund der Warnung sind zunehmende Erwartungen an die Europäische Zentralbank, mit dem Ankauf von Staatsanleihen den Krisenstaaten unter die Arme zu greifen. Die EZB hatte sich eine solche Möglichkeit gegen die Stimme von Weidmann eröffnet.
Quelle: F.A.Z. 

 http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/griechische-staatsschulden-ezb-erwaegt-rueckkaufprogramm-11923993.html

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