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Donnerstag, 18. Dezember 2014

Ich habe gerade in der WiWo 51/14 die Story über MS Deutschland, Deikon (da sind wir der grösste Anleihengläubiger) und WGF gelesen. Die Story ist von Annina Reiman..//...in untenstehender Griechenlandstory hatte ich die Ehre mitzumachen.....

AnleihenWas Griechenland-Anleger aus der Argentinien-Pleite lernen können

27. Februar 2012
Argentinien 2001: Reifen Brennen und Bürger kaufen panisch Dollar. Quelle: dpaBild vergrößern
Argentinien 2001: Reifen Brennen und Bürger kaufen panisch Dollar.Quelle: dpa
von Annina Reimann
Als Griechenland den Euro einführte, schlitterte Argentinien in den Staatsbankrott. Was mit den Bonds passierte, was Griechenland-Anleger aus der Pleite der Südamerikaner lernen können.
Reifen brennen, eine Demonstrantin schützt sich mit einem Tuch vor dem Rauch. Behelmte Polizisten stürmen mit Pferden auf die Masse los. Auf dem Hauptplatz prügeln drei Polizisten mit Stöcken auf einen Mann ein. Er liegt am Boden, ein Polizeihund reißt ein Loch in seine Jeans. Überall Proteste: gegen Sparmaßnahmen, hohe Arbeitslosigkeit, Lohn- und Rentenkürzungen.
 
Athen 2012? Nein, Buenos Aires 2001.
Im Dezember vor zehn Jahren steuerte Argentinien auf den Staatsbankrott zu. In Athen wurden zur gleichen Zeit Starter-Kits mit den ersten Euro-Münzen verteilt.
Heute spielen sich in Athen Szenen ab, wie man sie 2001 in der argentinischen Hauptstadt besichtigen konnte. Zwischen beiden Ländern gibt es diverse Parallelen. Rund 20 Prozent der Argentinier waren 2001 arbeitslos, 20 Prozent der Griechen sind es heute. Griechenlands Wirtschaft dürfte 2012 mindestens 4,4 Prozent schrumpfen, so wie die Argentiniens 2001.
Die Schuldenquote Argentiniens verdoppelte sich von 1993 bis Ende 2001 auf 64 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Knapp 80 Prozent seiner Exporterlöse musste Argentinien zur Bedienung von Auslandsschulden aufwenden.
Heillos Überbewertet
Kernproblem ist der Wechselkurs. Argentinien hatte 1991 den Peso eins zu eins an den Dollar gekoppelt. Nur zehn Jahre später war der Peso so heillos überbewertet, dass die Regierung den Wechselkurs freigeben musste. Der Peso stürzte von einem Dollar bis auf unter 30 US-Cent.
Wirtschaftliche Ungleichgewichte zwischen zwei Ländern gleichen sich normalerweise über den Wechselkurs aus, die Währung des schwächeren Landes wird relativ weniger wert, was Exporten hilft. Ein griechischer Euro ist aber seit zehn Jahren faktisch so viel wert wie ein deutscher Euro – und der wurde zu teuer für die schwache griechische Wirtschaft.
Die liechtensteinische VP-Bank hat ausgerechnet, dass Griechenlands Währung gegen die deutsche bis zu 60 Prozent abwerten müsste.
Dies verhinderten die Retter einmal mehr: Athen soll im Euro bleiben, 130 Milliarden Euro bekommen. Anleger sollen auf 53,5 Prozent ihrer Forderungen (107 Milliarden Euro) verzichten und den Rest in niedrig verzinste Bonds umtauschen.
Proteste in Argentinien 2001 Quelle: APBild vergrößern
Bei Argentinien hat der IWF kurzfristig Gelder eingefroren. Die EZB zahlt für Griechenland weiter.Quelle: AP
Entschließen sich nicht mindestens 90 Prozent der privaten Gläubiger zum Tausch, zwingt ein am Donnerstag in Athen verabschiedetes Gesetz alle anderen zur Umschuldung. Im Raum stand zuletzt ein zusätzlicher Erpressungsversuch: Gläubiger, die zum Tausch gezwungen werden, könnten schlechtere Konditionen bekommen als jene, die sofort tauschen.
Wer noch Griechenbonds kauft, spekuliert darauf, dass Banken und Versicherer zu 90 Prozent freiwillig tauschen. Nur dann könnten Anleger auf 100 Prozent Rückzahlung hoffen. So richtig daran glauben mag die Börse nicht: Der Kurs von Bonds, die im März auslaufen, steht bei unter 30 Prozent. Wer nicht jahrelang – in Athen! – vor Gericht ziehen will, sollte verkaufen.
Da der Zins getauschter Bonds niedriger und die Laufzeit länger ist als bei alten Papieren, verzichten Anleger auf über 70 Prozent des ursprünglichen Werts ihres Investments. Noch im Sommer war von 21 Prozent die Rede. Die griechische Wirtschaft aber entwickelte sich schlechter als erwartet, ein größerer Schnitt musste her.
Argentinien-Anlegern ging es nicht besser. 2005, als das Land seine Umschuldung vorantrieb, verzichteten Anleger auf rund drei Viertel ihrer Forderungen. Auch Argentinien erpresste Sparer: Wer nicht tauschte, sollte leer ausgehen. Deutsche Privatanleger klagten dagegen, eine Odyssee, die bis zum Bundesverfassungsgericht ging und noch nicht beendet ist.
Weil es dem Land wirtschaftlich bald wieder besser ging, urteilte das Oberlandesgericht Frankfurt 2006, Argentinien könne sich nicht mehr darauf berufen, „dass dem Anspruch eines Privatgläubigers auf Rückzahlung von Staatsanleihen ein auf Zahlungsunfähigkeit beruhender Staatsnotstand entgegensteht“.
Warten auf Zahlungen
Auch Rolf Koch, 63, aus Mühltal bei Darmstadt hatte geklagt und gewonnen. Trotzdem: „Freiwillig zahlt Argentinien nichts. Sie dürfen es nicht, weil ein Gesetz besagt, dass sie Anleger, die nicht bei der Umschuldung mitmachten, nicht besser stellen dürfen als jene, die mitmachten“, sagt Koch.
Auf seinen „hohen sechsstelligen Betrag“ aus Argentinien wartet er bis heute. Allerdings konnte er mit anderen Sparern ein Konto mit 600 000 Euro pfänden. Argentinien hatte dort Zinsen eingezahlt, die Kleinsparer nie abgerufen hatten.
Nach einem weiteren Umschuldungsangebot 2010 hatte sich das Land mit rund 92 Prozent der privaten Gläubiger geeinigt. Das reicht nicht: Solange nicht alle Forderungen beglichen sind, kann Argentinien kaum an den internationalen Kapitalmarkt zurückkehren. Der Trierer Vermögensverwalter HWB Capital Management etwa hatte vor dem New Yorker Gericht District Court gewonnen.
 
„Sobald Argentinien über eine US-Dollar-Anleihe frisches Kapital einsammelt, können wir das Geld pfänden“, sagt Geschäftsführer Carsten Salzig. Für HWB-Fonds waren 100 Millionen Dollar offen – dank Zins und Zinseszins summieren sich Argentiniens Schulden bei HWB auf mehr als das Doppelte.
Anleger glauben nicht mehr daran ihr Geld wieder zu bekommen Quelle: dpaBild vergrößern
Anleger glauben nicht mehr daran ihr Geld wieder zu bekommen: Einige Hedgefonds haben sich schon darauf spezialisiert Anleihen zu kaufen und dann viel Geld zu erklagen.Quelle: dpa
Für Griechen-Anleger dürfte es schwierig werden, an Geld zu kommen. Eine Gesundung des Landes ist nicht absehbar, und gut 90 Prozent der Bonds haben den Gerichtsstand Griechenland. Privatanleger Koch hat trotzdem zugegriffen und rüstet sich für Klagen. „Ich habe Kontakt zu einer griechischen Anwaltskanzlei aufgenommen, man kann doch nicht rückwirkend in bestehende Verträge eingreifen“, sagt er.
Dann sind da noch Hedgefonds, wie Elliott aus den USA. Geschäftsmodell: notleidende Kredite kaufen, mit einer Armada von Anwälten klagen, dann pfänden, was zu holen ist. Größter Coup: Der Fonds kaufte Anleihen Perus günstig und zwang das Land zur Zahlung eines Vielfachen.
Der Bankrott hatte sich auch in Argentinien abgezeichnet. Ein halbes Jahr vor der Pleite schuldete das Land teilweise um. Gläubiger sollten, wie heute in Griechenland, Papiere in solche mit längerer Laufzeit tauschen und auf Zinsen verzichten.
Doch es reichte nicht. Argentinien steckte in der Rezession, Steuermilliarden blieben aus. Auch weil Bürger in die eigene Tasche wirtschafteten: Zehntausende Handwerker, Ladeninhaber und Kleinunternehmer wickelten Geschäfte in bar und steuerfrei ab. Steuerhinterziehung ist auch in Griechenland eins der größten Probleme.
Systemrisiko Griechenland
Für Argentinien schnürte der IWF ein milliardenschweres Kreditpaket. Und zog am Ende doch die Reißleine. Kurz vor dem Bankrott fror der damalige IWF-Chef Horst Köhler eine Tranche über 1,3 Milliarden Dollar ein. Das Land hatte sich nicht an vereinbarte Kürzungen gehalten.
Die Griechen dagegen bekommen noch Geld. Der Peso spielte global keine Rolle, der Euro ist Weltwährung geworden – und Griechenland mit ihm ein Systemrisiko.
 
Vor der Pleite hatten Argentinier Peso eins zu eins in Dollar getauscht und hielten sie auf Dollar-Konten. Anfang Dezember 2001 fror die Regierung alle Konten ein. Bürger durften nur noch 250 Peso in der Woche abheben, der Rest musste per Überweisung laufen. Panikartig kauften Argentinier Aktien. Der Aktienindex in Buenos Aires lag in den ersten drei Dezemberwochen 2001 46 Prozent im Plus.
Wer in Griechenland noch Geld hat versucht es möglichst schnell außer Landes zu bringen. Quelle: dpaBild vergrößern
Wer in Griechenland noch Geld hat versucht es möglichst schnell außer Landes zu bringen.Quelle: dpa
Findige versuchten, trotz der Devisenbeschränkungen Geld außer Landes zu schaffen: Sie kauften in Buenos Aires Aktien und verkauften in New York.
Anleger behielten recht mit ihrer Angst: Guthaben von über 45 Milliarden Dollar wurden zwangsweise auf abgewertete Peso umgestellt. Präsident Eduardo Duhalde musste Mitte Januar 2002 zugeben, dass Einlagen nicht „in Originalwährung“ zurückgezahlt werden könnten, weil die Dollar schlicht „nicht da sind“. Um das Bankensystem zu stützen, wurde eingefrorenes Geld nur schrittweise freigegeben.
Für Argentinien wurde der Bankrott zum Neuanfang, zu Hilfe kam ein Exportboom. Vor allem anziehende Sojapreise und Nachfrage aus China halfen. 2011 wuchs Argentinien um mehr als acht Prozent, die Arbeitslosigkeit nahm stetig ab und liegt heute bei gut sieben Prozent.
Niemand will investieren
Für Griechenland wäre es noch ein langer Weg bis dahin. Die Hellenen ahnen das und haben 100 Milliarden Euro außer Landes geschafft, schätzt der griechische Wirtschaftsminister Michalis Chrysochoidis. Statt über eine schwächere Währung soll sich sein Land über niedrige Löhne sanieren. Wollen die Euro-Staaten die Griechen nicht bis ans Ende aller Tage finanzieren, muss Wachstum her.

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Nur wie? Chrysochoidis wischt sich den Schweiß von der Schläfe. „Ich kann nichts tun. Niemand will in Griechenland investieren. Wir haben keine Produktion, keine Exporte, keine Wettbewerbsfähigkeit“, sagte er, als er dieser Tage in Frankfurt über den Aufbau einer Förderbank verhandelte.
 
Anleger und Steuerzahler werden ihr Geld wohl kaum wiedersehen.

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