Griechenlands KriseEin bisschen Fortschritt im Schuldenstreit
Vertreter der Athener Führung verhandeln mit Experten der Geldgeber wohl ernsthaft darüber, den Streit beizulegen. Es mehren sich optimistische Stimmen.
03.05.2015
© DPADie Mehrheit der Griechen will den Euro unbedingt behalten - auch deswegen scheint Bewegung in die Verhandlungen zu kommen.
Vertreter der Athener Regierung verhandeln mit Experten der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds offenbar ernsthaft darüber, den Schuldenstreit beizulegen. Seit Donnerstag sitzen sie in Brüssel zusammen. „Es gibt Fortschritte, aber auch noch viele offene Fragen“, sagte ein Vertreter der drei Institutionen an diesem Sonntag. „In einigen Fragen gibt es deutlich mehr Kompromissbereitschaft. Noch kann man aber nicht sagen, wie lange man noch braucht.“
Die Gespräche sollen nach Angaben aus EU-Kreisen am Montag fortgesetzt werden. „Dass sie stattfinden, ist ein gutes Zeichen und wie sie stattfinden auch. Aber es braucht noch Fortschritte“, hieß es. Auch griechische Medien berichteten, es habe einige positive Schritte gegeben, diese seien aber nicht ausreichend, um über einen „sichtbaren“ Abschluss sprechen zu können. Die Chefs der vier großen griechischen Banken National Bank of Greece, Alpha Bank, Piraeus Bank und Eurobank machten Druck auf die Regierung. Diese müsse sich dringend mit den europäischen Partnern einigen, forderten sie in der Zeitung „Kathimerini“.
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Das Sekretariat auf dem Handy
Finanzminister entmachtet
Neue Betriebsamkeit im Schuldenstreit zeichnet sich bereits seit Beginn dieser Woche ab. Der griechische Regierungschef Tsipras,dessen Rückhalt in der Bevölkerung inzwischen bröckelt auch weil mehr als 70 Prozent der Griechen den Euro auf jeden Fall behalten wollen, hatte wichtige Posten umbesetzt. Er ernannte einen neuen Verhandlungsführer für die Gespräche mit den Geldgebern. Giorgos Houliarakis genießt unter den Gläubigervertretern aufgrund seiner Erfahrung aus früheren Gesprächen Vertrauen. Zugleich bedeuten die Personalien, dass Tispras die Verhandlungen stärker an sich zieht - und der umstrittene Finanzminister Giannis Varoufakis entgegen seiner eigenen Auffassung an Einfluss eingebüßt hat.
Ebenfalls eher positiv aufgenommen wurde im Ausland und an den Finanzmärkten die von Tsipras in den Raum gestellte Möglichkeit einer Volksabstimmung über den künftigen Kurs. Dies scheint ein Mittel zu sein, mittels dessen er den linksradikalen Teil seiner eigenen Partei auf Kurs bringen könnte - nach neuen Umfragen wollen die Griechen nämlich nicht nur den Euro behalten, sondern haben auch langsam die Nase voll vom Konfrontationskurs gegenüber den Gläubigern; sie sind durchaus zu Zugeständnissen bereit.
Eine Mehrwertsteuerreform?
Die griechische Regierung hatte infolgedessen schon vor Beginn der neuen Expertengespräche verbreitet, auch aus ihrer Sicht substantielle Zugeständnisse machen zu wollen. Griechische Medien berichteten über verschiedenste Themen, die ins Gespräch gebracht worden seien. Demnach sollen weitere Steuern im Bereich Tourismus erhoben werden. Auch die Steuern für Luxusautos und Schwimmbäder könnten steigen.
Die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ berichtet, auch eine Reform der Mehrwertsteuer sei ins Auge gefasst worden. Der griechische Rundfunk berichtete über Pläne, diese Steuer zu vereinheitlichen - der Satz könnte künftig zwischen 15 und 18 Prozent liegen. Derzeit ist der Höchstsatz 23 Prozent, viele Produkte wie Lebensmittel werden jedoch mit 13 Prozent Mehrwertsteuer belastet.
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Positiv über die nun wieder aufgenommen Gesprächen hatten sich schon in den vergangenen Tagenhochrangige Vertreter der Geldgeber geäußert wie der österreichische Finanzminister Hans-Jörg Schelling und der französische Wirtschaftsminister Emmanuel Macron. „Ich bin zuversichtlich, dass es einen gemeinsamen Willen gibt und dass insbesondere die griechische Regierung willens ist, zu einer Lösung zu kommen“, sagte Macron in Rom.
Griechenland droht das Geld auszugehen. Wie lange das Land noch aus eigenen Mitteln fristgerecht Schulden gegenüber tilgen kann, ist unklar. Mehrheitlich gehen Beobachter davon aus, dass aber spätestens die Milliardenzahlungen an den Internationalen Währungsfonds und die Europäische Zentralbank, die im Sommer anstehen, von dem klammen Land nicht mehr ohne weitere Hilfe gestemmt werden können.
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