AbgasskandalVW denkt über Entschädigungen nach
Der neue Markenvorstand zeigt den Schulterschluss mit dem Betriebsrat. Obwohl der Absatz um mehr als 5 Prozent zurückgeht, soll sich die Belegschaft sicher fühlen.
13.11.2015, von CARSTEN GERMIS, HAMBURG
© DPADie weltweiten Auslieferungen der Hauptmarke VW schrumpften im Oktober um 5,3 Prozent auf 490.000 Fahrzeuge.
Trotz der Vertrauenskrise bei seinen Kunden und der immensen Kosten für den Abgasskandal will Volkswagen bei den Stammbeschäftigten keine Arbeitsplätze abbauen. „Ich sehe keine Bedrohung für die Stammbelegschaft“, sagte VW-Markenchef Herbert Diess in Wolfsburg am Freitag der dpa. Um dieser Botschaft an die durch den Skandal verunsicherten Mitarbeiter von VWmehr Nachdruck zu geben, machte Diess diese Zusage gemeinsam mit dem Konzern-Betriebsratschef Bernd Osterloh, der als einer der einflussreichsten Männer im Unternehmen gilt. Der demonstrative Schulterschluss zwischen dem neuen VW-Markenchef und dem Gewerkschafter sollte öffentlich zeigen, dass sich die Machtbalance bei VW durch den Skandal nicht verschoben hat. Osterloh hatte Ende letzter Woche beklagt, dass die neue VW-Führung unter Vorstandschef Matthias Müller einseitig und ohne Rücksprache mit der Arbeitnehmerseite Sparmaßnahmen beschließe. Müller reagierte prompt und sicherte Osterloh eine engere Zusammenarbeit bei der Lösung der Abgaskrise zu.
Diess und Osterloh räumten aber ein, dass es bei den Bonuszahlungen Kürzungen geben wird. Zum im Frühling anstehenden Bonus für die rund 120000 Mitarbeiter im VW-Haustarifvertrag sagte Diess, „das Unternehmen wird weniger verdienen, und die finanzielle Anspannung steigt beträchtlich. Da muss man natürlich reagieren. Wir können nicht so tun, als wäre nichts passiert.“ Osterloh signalisierte für die Arbeitnehmerseite, sich diesen Sparmaßnahmen nicht zu widersetzen. „Wir kriegen da schon was hin“, sagte er.
Ob und wie weit Diess sein Versprechen halten kann, keine Arbeitsplätze abzubauen, wird davon abhängen, wie weit VW an Vertrauen bei den Kunden verloren hat. Diess deutete an, dass VW darüber nachdenkt, auch in Deutschland ein „Paket“ für betroffene Kunden anzubieten. In Amerika bekommen VW-Kunden der Dieselfahrzeuge mit manipulierter Software bis zu 1000 Dollar – die Hälfte als Einkaufsgutscheine bei ihren VW-Händlern, die andere Hälfte als einen Kredit zum freien Gebrauch. Für Details über die Pläne für die deutschen und die anderen europäischen Kunden – die den Großteil der Betroffenen ausmachen – sei es aber noch zu früh, sagte Diess. Auch vom Unternehmen waren am Freitag keine weiteren Details zu erfahren.
Mehr zum Thema
Der VW-Markenchef zeigte sich zuversichtlich, dass es keine weiteren Enthüllungen über Betrügereien bei VW geben wird. Es gebe derzeit keine Hinweise auf weitere Verfehlungen neben den Abgas-Manipulationen bei Dieselautos und geschönten CO2-Angaben. Ähnlich hatte sich am Vortag Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) im Gespräch mit dieser Zeitung geäußert. Die finanziellen Lasten für VW dürften dennoch riesig sein: In einem ersten Schritt hat der Konzern im dritten Quartal bereits 6,7 Milliarden Euro zur Bewältigung des Skandals zurückgelegt und weitere zwei Milliarden Euro für die CO2-Affäre veranschlagt. Diess sieht aber noch mehr auf das Unternehmen zukommen, da Risiken auf der Hand lägen. „Etwa durch mögliche Strafzahlungen. Es ist momentan sehr schwer, das genauer abzuschätzen“, sagte er.
Der Abgasskandal hat im Oktober nun auch Bremsspuren im Absatz von Volkswagen hinterlassen, die hinter die Beschäftigungsgarantie von Diess und Osterloh zumindest Fragezeichen setzen. Die weltweiten Auslieferungen der Hauptmarke VW schrumpften im vergangenen Monat um 5,3 Prozent auf 490000 Fahrzeuge, wie die Wolfsburger am Freitag mitteilten. Als Grund nannte Marken-Vorstand Jürgen Stackmann neben der Manipulation von Abgas- und CO2-Werten auch die schwache Konjunktur in Schwellenländern.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen