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Donnerstag, 19. Juli 2012

von einem im Emmissionsgeschäft sehr erfahrenem Legal Advisor....Antwort an Aldy´s Posting s.u.

Hallo Herr Koch,
Leider irrt sich der Kommentator. Die Depotbanken sind gegenüber dem Emittenten nicht verpflichtet derartige Beschlüsse ohne weiteres umzusetzen. Der Emittent muss die Rechtmäßigkeit nachweisen und nicht der Depotinhaber die Rechtswidrigkeit!
Die Begründung verkennt zunächst, dass die Depotbanken ausschließlich im Interesse der Depotkunden tätig sind. Instruktionen der Emittenten, die nicht mit den Anleihebedingungen übereinstimmen, oder diese zum Nachteil der Anleihegläubiger verändern, sind daher sorgfältig zu hinterfragen.
Ein weiterer Irrtum besteht in der Annahme, der Emittent könne so ohne weiteres durch Mehrheitsbeschluss die Anleihebedingungen nachträglich ändern (siehe den Pfleiderer-Beschluß des OLG Frankfurt). Das geht nur auf Basis eines ordnungsgemäß gefassten Beschlusses, soweit ein solcher Beschluss bereits bei Emission der Anleihe in deren Bedingungen vorgesehen war, oder sich die Möglichkeit einer solchen Beschlussfassung aus einem Gesetz ergibt (in Deutschland z.B. im neu gefassten Schuldverschreibungsgesetz). Beides galt für die Anleihen Griechenlands bekanntermaßen nicht.
Das griechische Notstandsgesetz, mit dem der zwangsweise Umtausch bereits emittierter Anleihen ermöglicht wurde, greift nachträglich in bereits erworbene Rechtspositionen ein und ist daher als ein enteignungsgleicher Eingriff zu werten. Ein solcher ist nur gegen angemessene Entschädigung zulässig. Dass das griechische Gesetz diese Voraussetzungen nicht erfüllt, liegt für jeden durchschnittlich begabten kontinentaleuropäischen Juristen auf der Hand. Vielmehr war der kalkulierte Rechtsbruch politisch gewollt, um den "bösen Spekulanten" Mores zu lehren. Das ändert aber nichts an der evidenten Rechtswidrigkeit der Maßnahmen. Die Depotbanken durften daher nicht ohne weites von der Rechtmäßigkeit der Zwangsumtauschs ausgehen.
Viele Grüsse,


P.S. Gerne zur Verwendung in Ihrem Blog – außerdem: Ich habe vergessen zu „monieren“, dass HV Beschlüsse nur im Hinblick auf die Aktien eines Unternehmens getroffen werden können, nicht im Hinblick auf dessen Unternehmensanleihen!

15 Kommentare:

  1. Da müssen wir nun mal dran bleiben...

    Bei Sachkundiger Begründung können wir hier sehr aussichtsreich Rechtsmittel einlegen!
    Strafanzeigen gegen die Bänker, welche mit Gr. zum eigenen Vorteil gemeinsame Sache gemacht haben, sind mit inbegriffen.

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  2. Als Literaturempfehlung: Reinhard Ege, Das Kollisionsrecht der indirekt gehaltenen Wertpapiere. Als Quelle z.B. hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Wertrecht teilweise ausgewertet.

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  3. Aus dem Wiki Artikel:

    "Als Wertrechte oder Wertpapierrechnung (WR) werden auch die Depot-Gutschriften bezeichnet, welche inländische Kreditinstitute für die für ihre Kunden im Ausland verwahrten ausländischen Wertpapiere erteilen. Gutschriften von Wertrechten sind schuldrechtliche Ansprüche auf die Lieferung ausländischer Wertpapiere[8] und fallen nicht in den Anwendungsbereich des § 17a DepotG[9]. Bei Wertpapierrechnung ist Voraussetzung, dass die – stückelosen – Wertpapiere im Ausland lagern, mithin bei einer ausländischen Bank als Verwahrer verbucht sind."



    Das mit dem §17a war mir neu und ist sicher wichtig, weil ich dachte, die Banken könnten sich im DepotG einfach mit dem Verweis auf 17a exculpieren. Scheinbar können sie das dann nicht und dann dürfte m.E. die Haftungsfrage bezüglich Treuhnadpflichten sehr viel günstiger aussehen.

    Bin aber kein Jurist, das können hier vielleicht dachkundigere kommentieren.

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  4. Sehr richtiges und gutes posting des sehr erfahrenen legal advisors. Allerdings:
    Eine Klage gegen die Bank hat trotzdem wenige bis keine Chancen.
    Stichwort: Rechtmässiges Alternativverhalten. Dies ist im Zivilrecht ein Haftungskorrektiv im Bereich der haftungsausfüllenden Kausalität.
    Selbst wenn man der Bank nachweisen könnte, dass sie hier durch die Ausbuchung unrechtmässig handelte, wird sie einwenden, dass der Schaden des Kunden auch bei rechtmässigem Handeln genau so entstanden wäre.
    Oder wer glaubt ernsthaft, dass der Kunde seine Anleihen von Griechenland bedient bekommen hätte ?
    Argentinien lässt grüssen !

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    1. Die Formulierung des Kollegen "legal advisor" klau ich mir jetzt mal:
      Jeder durchschnittlich begabte kontinentaleuropäische Jurist.......der die wirschaftlichen Zusammenhänge auch nur ansatzweise erkennt, glaubt tatsächlich ernsthaft, dass seine Altanleihen bedient werden. Und das meine ich im Ernst.
      Nein, der Schaden wäre bei rechtmäßigem Handeln der Bank eben nicht genauso entstanden. Ich hätte über 30 Jahre einen Anspruch in Höhe des Nominalwertes gegen GR gehabt. Dieses Forderungsrecht hat mir die Bank - mindestens grob fahrlässig - entzogen. Dieses Recht stellte einen erheblichen Wert dar, zumal die Zwangsvollstreckung gegen einen europäischen Staat nicht gänzlich aussichtslos erscheint.
      Ich hoffe hier lesen auch ein paar Richter mit und können den Zeitaufwand für die Urteilsbegründung dementsprechend reduzieren.

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    2. Die Anleihen der EZB, EIB und Hedefonds werden ja schließlich auch weiter bedient! Ein Staatsbankrott wie in Arg. hat es ja nicht gegeben...

      Es geht hier nur um die ZwangsCACerei!

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    3. von wegen rechtmäßiges Alternativverhalten!

      bei Pfleiderer war das Gericht da wohl andere Meinung, die Firma musste Konkurs anmelden...

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    4. Pfleiderer ist ein schlechtes Gegenbeispiel. Der fall lag komplett anders als bei Griechenland.
      Aber es wird sowieso so kommen, dass kein Gericht in der BRD eine Bank dafür zur Verantwortung zieht, dass sie den Umtausch der Anleihen durchgeführt hat.

      Ihr seid doch im übrigen eh alles nur Spekulanten. Verlust habt ihr doch sowieso nicht gemacht. Also was regt ihr euch so auf ?

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    5. Nun wissen wir ja woher diese Kommentare von Anonym kommen...

      Pfleiderer ist das Paradebeispiel für die ZwangsCACerei Griechenlands!

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    6. Pfleiderer ist ein Mückenschiss gegen Griechenland.
      die sind systemrelevant.
      Deswegen wird das nichts vor Gericht, selbst wenn man es so entscheiden könnte/müsste. Kannst du vergessen.
      Aber klagt ruhig gegen eure Depotbanken, die Anwälte freuen sich schon.

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    7. Apropo Mückenschiss, dafür haben wir ja Rolfs Urteil vom Bundesverfassungsgericht bezüglich Staatsnotstand...

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    8. Ja genau, das wird dir ganz viel bringen, falls du so dumm bist und gegen deine Depotbank klagst.
      Die Rechtswidrikgeit der Bank wirst du im Leben nicht darlegen und beweisen können.
      Und auch das rechtmässige alternativverhalten ist nicht so leicht abzubügeln. Aber soweit wirst du nicht mal kommen.

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  5. Antwort auf das Eingangs-Posting:

    Korrekt, über eine Anleihen-Umschuldung kann nur eine Gläubigerversammlung entscheiden, nicht aber eine HV. Nachlässiger Fehler meinerseits, sorry! Ändert am Sachverhalt grundsätzlich aber erstmal nichts wenn wir annehmen, daß eine Gläubigerversammlung eine solche Umschuldung beschlossen hätte.

    Wir sind uns darin einig daß die Umschuldungsmaßnahme eine evidente Rechtswidrigkeit darstellt und enteignungsgleichen Charakter hat. Das Problem ist nur daß dies erst amtlich ist wenn ein ordentliches Gericht oder Schiedsgericht dies rechtsgültig festgestellt hat. Vorher muß meiner Meinung nach von der Rechtmäßigkeit erstmal ausgegangen werden, auch wenn der gesunde Menschenverstand etwas anderes sagt.

    Ich bin weit davon entfernt, die Depotbanken verteidigen zu wollen - bei der Betrachtung des Sachverhalts sollte man aber deren mögliche Gegenargumente nicht außer acht lassen.

    Um Ihren letzten Satz aufzugreifen: "ohne weiteres" ist ein dehnbarer Begriff, was heißt das konkret für die Depotbanken?
    Wir haben es hier mit einer komplexen Rechtsbeziehung Schuldner-Sammelverwahrer-Depotbank-Anleihebesitzer zu tun, wobei auch noch grenzüberschreitende Jurisdiktionen zu berücksichtigen sind und der Schuldner ein souveräner Staat ist.
    Gehen wir davon aus daß der Schuldner die Rechtmäßigkeit kraft seiner hoheitlichen Befugnisse zumindest dem Anschein nach hinreichend begründen konnte.
    Wäre es der Depotbank zuzumuten gewesen, eine zeitnahe Entscheidung über die tatsächliche Rechtmäßigkeit der Umschuldung angesichts der rechtlichen Komplexität zu treffen? Wäre sie dazu überhaupt befugt und in der Lage gewesen?
    Welche rechtliche Handhabe hätte sie gehabt, um die Ausbuchung zumindest vorerst zu verhindern?
    Hätte sie sich dadurch möglicherweise anderweitiger Pflicht- oder Rechtsverletzungen schuldig gemacht?

    Meines Wissens nach hat keine Depotbank die Ausbuchung der Altanleihen verhindert. Man sollte davon ausgehen, daß sich allein schon aus Haftungsgründen deren Hausjuristen die Sache sehr genau angesehen haben.

    (Aldy)
    P.S.: Die besten Diskussionen entstehen durch These und Antithese. Wenn dann noch eine Synthese dabei herauskommt umso besser!

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    1. Je mehr man sich mit der Materie beschäftigt umso mehr stellt man fest, in welchem rechtlichen Dickicht man sich bewegt. Der Urwald des Amazonas ist dagegen ein Kinderspielplatz.

      Die Rechtsbeziehung Schuldner-Sammelverwahrer-Depotbank-Anleihebesitzer ist angesichts der verschiedenen Jurisdiktionen so komplex, daß das aus meiner Sicht für einen Einzelnen kaum noch zu durchschauen ist.
      Zu Zeiten, als man sich noch auf Verlangen die effektiven Stücke aushändigen lassen konnte war die Sache klar: dann hätte die Republik Griechenland die Enteignung nicht so leicht durchführen können - meine Urkunden hätte ich nämlich einfach behalten und dann auf Vollstreckung geklagt.
      Die Globalurkunden und die Sammelverwahrung hat der Teufel erfunden - zugegeben, der Handel hat sich dadurch vereinfacht, aber die rechtliche Position des WP-Besitzers schleichend verschlechtert.

      Europa entwickelt sich de facto zur rechtsfreien Zone für die Bürger. De jure haben sie selbstverständlich alle Rechte, nur in der Praxis hat nur noch eine schwindende Minderheit die Mittel und den Atem, jahre- wenn nicht gar jahrzehntelange Prozesse durchzustehen - ohne einen Stab von hochbezahlten juristischen Experten im Rücken.

      Wie man im Falle Griechenland sieht haben die europäischen Sovereigns alle Mittel (z.B. 3-stellige Millionenbeträge für Buchheit-Anwälte), um irgendwelche Schweinereien zu beschließen und ganz einfach erstmal Fakten zu schaffen - und der Plebs kann dann sehen wie er zu seinem Recht kommt.

      Und wenn die ESM-Gaudi erstmal durchgewunken ist können sich die Bürger ihre Eigentumsrechte endgültig in den Allerwertesten schieben - nicht de jure, aber de facto.

      So sieht´s aus.

      (Aldy)

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    2. Hallo Aldy,
      dass ich eines Tages im Regenwald lande, hab ich mir auch nicht gedacht; aber dafür hab ich ja immer einen Kompass bei.
      Die Rechtslage ist komplex und Buchheit hat einen ziemlich guten Job gemacht - sonst hätte man ihm auch nicht $ 40 Mio. bezahlt - aber eben nur einen ziemlich guten. Hätte man ihm mehr Zeit gegeben, hätte er es besser hinbekommen; so aber hat er einige formale Rechtsfehler gemacht bzw. aus Zeitnot machen müssen.
      Wir sind hier zu fünft und drei von uns sind Anwälte ( mich eingeschlossen ), wir brauchen keine hochbezahlten Experten und wir sind hier auch nicht auf Mandantensuche. Unsere verschiedenen Musterklagen sind in GR und BRD schon anhängig.
      Auch wenn es blöd und unglaubwürdig klingt, aber unser primäres Ziel ist es den Rechtsbruch und die Rechtsbeugung aufzudecken und dafür brauchen wir 2-3 Jahre und nicht Jahrzehnte.
      Ich bin froh, dass Dein Rechtsverständnis wieder in die richtige Richtung geht. Tja, was wäre wohl gewesen, wenn Du Dir die Schuldverbriefung hättest ausliefern lassen können ? RICHTIG !
      Das DepotG stellt mich aber nicht schlechter ( anderenfalls wäre es verfassungswidrig...)
      Auch mir fiel es anfangs schwer, mich von Begriffen wie "hoheitliche Befugnisse", "souveräner Staat" etc. zu lösen. Für unsere Anleihen und unser Rechtsverhältnis ist GR aber nur ein x-beliebiger 0815-Schuldner.

      P.S. Einfach nur brilliant, mit dem Beitrag hast Du allen Lesern den Tag versüsst und wenn ich es nicht besser wüßte, würde ich sagen der Mann hat Jura an einer Comedy-Akademie studiert.

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