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Samstag, 26. Oktober 2013

die abstruse Völkerrechtstheorie von Tietje und Konsorten basiert ja auch wesentlich auf dem neuen SchVG von 2009. In § 5 Abs 1 Satz 1 räumt das SchVG die Möglichkeiten der §§ 5 bis 20 ein die Anleihegläubiger zu schneiden (Haircut). Aber nur wenn in den Ursprungsanleihebedingugen diese Anwendungsmöglichkeit des SchVG bereits angelegt/vereinbart ist !! Und das ist ja gerade in den ALB der deutschrechtlichen ArgyAnleihen nicht der Fall. Ich kann nur sagen Kerle, kerle....

3. Optionales Gläubigerorganisationsrecht

Das SchVG ermöglicht in §§ 5 ff. SchVG eine nachträgliche Abänderung von Anleihebedingungen
durch Mehrheitsbeschlüsse der Gläubiger und die Bestellung
eines gemeinsamen Vertreters der Anleihegläubiger, wenn und soweit die Anleb
hebedingungen dies vorsehen (sogenannter Opt-In)659, Das neue optionale Gläubigerorganisationsrecht
überlässt den Anleihebedingungen und damit faktisch dem
Emittenten gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 SchVG die Entscheidung, ob er sich überhaupt
in das gesetzliche System „einwählt“ oder nicht660. Erfolgt kein Opt-In in den Anleihebedingungen
(Nullüption), scheidet eine Änderung der Anleihebedingungen
durch Mehrheitsentscheid sowie die Bestellung eines gemeinsamen Vertreters
aus661. In diesem Fall bleibt dem Emittenten auch die Freiheit, eine ganz andere
Regelung als im SchVG vorgesehen zu wählen662.
Im Unterschied zu vor Inkrafttreten des SchVG ausgegebenen Scbuldverschreh
bungen (Altanleihen) gibt es keine dem § 24 Abs. 2 SchVG entsprechende Möglichkeit
zu einer nachträglichen Einführung der Änderungsmöglichkeit der Anleihebedingungen
durch die Gläubigerversammlung in „neue“ Schuldverschreibungen.
Dies wäre nur mit Zustimmung aller Gläubiger und des Schuldners möglich
(gleichlautender Vertrag nach §4 Satz 1 SchVG) und somit praktisch nur sehr
schwer durchführbar^63.
Daher empfiehlt es sich beim Erstellen von Anleihebedingungen für Neuemissiojaen,
einen möglichen Sanierungsfall und die Eröffnung von Mehrheitsbeschlüssen
einzuplanen.
Optiert der Emittent für das gesetzliche Organisationsrecht („Ob“ einer späteren
Änderungsmöglichkeit), kann er auch über den Umfang der Änderungsmöglichkeiten
bestimmen, § 5 Abs, 3 Satz 2 SchVG, Die Anleihebedingungen können lediglich
einzelne Änderungen durch Mehrheitsbeschluss ermöglichen oder umgekehrt
bestimmte Änderungen von vomeherein explizit ausschließen. Ebenso kann
ein möglichst weitgehender Katalog zulässiger Änderungen vorgesehen werden.
Neben derartigen Positiv- oder Negativauflistungen sind auch sogenannte Öffnungsklauseln
in den Anleihebedingungen zulässig, die der Gläubtgerversamm-
659 Soll ein Opt-In erfolgen, müssen die entsprechenden Regelungen zu Mehrheitsbeschlüssen
nicht zwingend in der Schuldvers ehre ibungs urkunde selbst enthalten sein, sondern können
vielmehr auch im Emissionsprospekt oder auch im Verwahrstellen vertrag enthalten sein,
wenn § 2 Satz 2 SchVG einschlägig ist.

660 Das Organisationsrecht ist also nicht dispositives Privatrecht im herkömmlichen Sinne, das
immer dann gilt, wenn die Parteien einen bestimmten Rechtsgeschäfts typ gewählt, aber
bestimmte Einzelheiten nicht geregelt haben (vgl. Horn, BKR 2009,446 (449)).
661 SehVG-RegE, BT-Drs. 16/12814, Begründung, A. Allgemeiner Teil, Zu 1„ S. 14 und B.
Besonderer Teil, zu § 5, S. 18; Veranneman¡Verütimman, SchVG, § 5 Rn. 4; Lorei.u/Pospiech,
Der Betrieb 2009, 2420; Simon, Corporate Finance Law 2010, 159 (160); Bredow/
Vogel, ZBB 2009, 153 (154); Hora, BKR 2009, 446 (449); Schlitt/Schäfer, AG 2009, 477
(486). Zum gemeinsamen Vertreter der Anleihegläubiger siehe Kapitel G., 2, (S, 289 ff,).
662 Horn, BKR2009, 446 (449); Preuße/Roge/, SchVG, § 5 Rn. 13.
663 Dazu noch ausführlich in Kapitel F., 2. (S. 143 ff.).

Kathrin Cagalj, Restrukturierung von Anleihen nach dem neuen SchVG S 129/30

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