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Freitag, 7. August 2015

Steuerstreit mit Deutschland Schweizer Banken wehren sich gegen deutsche Ermittler Deutsche Ermittler verlangen von Schweizer Banken telefonische und briefliche Kooperation. Die Schweizerische Bankiervereinigung will, dass Bern in Brüssel offiziell reagiert.

Steuerstreit mit Deutschland
Schweizer Banken wehren sich gegen deutsche Ermittler

Deutsche Ermittler verlangen von Schweizer Banken telefonische und briefliche Kooperation. Die Schweizerische Bankiervereinigung will, dass Bern in Brüssel offiziell reagiert.
Der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans fordert Zahlungen von hiesigen Geldinstituten.
Der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans fordert Zahlungen von hiesigen Geldinstituten. (Bild: Patrick Sinkel / AP)
Mehrere Dutzend Schweizer Banken haben in den letzten Monaten beunruhigende Telefonanrufe aus Deutschland erhalten. Anrufer waren stets deutsche Staatsanwälte, Ermittler oder Anwälte. Diese erklärten, dass einzelnen Bankern eine Untersuchung in Deutschland wegen Beihilfe zu Steuerhinterziehung und eine Busse wegen des Verstosses gegen das deutsche Ordnungswidrigkeitengesetz drohten. Die Staatsanwälte verlangten die Lieferung gewisser Daten nach Deutschland, zudem stellten sie die Verhängung von Bussen in Aussicht. Gleichzeitig wurden einzelne Berater dieser Banken, die deutsche Kunden grenzüberschreitend betreuen, per Brief angeschrieben. Ihnen wurde mitgeteilt, dass gegen sie in Deutschland eine Untersuchung wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung läuft.

Nach EJPD kein Verstoss

Bei den angegangenen Banken handelt es sich zur Hauptsache um in der Deutschschweiz und in Grenznähe tätige Institute. Das ist das klassische Einzugsgebiet im grenzüberschreitenden Geschäft mit deutschen Kunden. Die Staatsanwälte, Ermittler und als Vermittler agierenden Anwälte stammen mehrheitlich aus dem deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen. Dort will bekanntermassen Finanzminister Norbert Walter-Borjans Schweizer Banken zu Vergleichszahlungen bewegen. Diese Ermittler kennen die Namen der Schweizer Banken aus den ihnen zugespielten Daten-CD und vor allem aus den Selbstanzeigen deutscher Steuersünder.
Nach den Telefonanrufen wandten sich viele der betroffenen Institute an die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg). Deren Präsident, Patrick Odier, schrieb Anfang Juni einen Brief an die Vorsteherin des Eidgenössischen Justizdepartements (EJPD), Simonetta Sommaruga, wie das Branchenportal Insideparadeplatz.ch schrieb. Odier forderte das EJPD auf, die deutschen Behörden zur Einhaltung des bilateralen Wegs anzuhalten. Eine direkte Kontaktaufnahme per Telefon oder Brief sei nicht akzeptabel, so Odier. Ende Juni hat das EJPD nun schriftlich geantwortet. Zum genauen Inhalt gibt es keine Auskunft.
Das EJPD betont aber, dass der Bundesrat erwarte, dass «Zustellungen ausländischer Behörden in die Schweiz immer unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung» erfolgten. Dazu, so das EJPD, gehören verschiedene internationale Abkommen. Gestützt auf diese Grundlagen sei es ausländischen Strafverfolgungsbehörden grundsätzlich erlaubt, Verfahrensurkunden direkt an Empfänger in der Schweiz zu übermitteln. Massnahmen zur Beweiserhebung blieben dagegen dem Rechtshilfeweg vorbehalten. Aus den Unterlagen, die die Bankiervereinigung ihrem Schreiben an die Bundespräsidentin beigelegt hat, seien keine Verstösse gegen diese Zustellungsregelung ersichtlich. Die Unterlagen und Informationen, um welche die deutschen Strafbehörden Schweizer Banken gebeten haben, würden nur «statistische Informationen umfassen, die keine Rückschlüsse auf Kunden oder Mitarbeiter zulassen». Gemäss EJPD verstösst also die geschilderte Art der Kontaktaufnahme nicht gegen die Vorgaben der internationalen Rechtshilfe.

Enorme Anstrengungen

Die SBVg will die Situation nun weiter analysieren. Sie bleibt bei ihrer Forderung, dass Bern in Berlin offiziell intervenieren soll. Sprecherin Daniela Flückiger verweist darauf, dass die Schweizer Banken in den letzten Jahren enorme Anstrengungen unternommen hätten, um die Situation mit Deutschland zu bereinigen. So hätten die hiesigen Banken alle ihre deutschen Kunden dazu angehalten, ihre Gelder zu regularisieren. Wenn deutsche Behörden nun weitergehende Angaben möchten, müsse das über den rechtlich korrekten bilateralen Weg von Amtshilfe oder Rechtshilfe gehen.
Bereits haben sich UBS, Credit Suisse, Julius Bär und die Basler Kantonalbank mit deutschen Behörden geeinigt. Ein Anwalt betont, dass der Ablauf immer gleich sei. Eine Schweizer Bank schliesse einen Vergleich mit der entsprechenden Untersuchungsbehörde ab. Dieser umfasse eine Gewinnabschöpfung und eine Busse. Dafür sei alles geregelt. So würden auch sämtliche Mitarbeiter, die das wünschten, explizit in den Vergleich einbezogen. Das habe zur Folge, dass bereits laufende Verfahren gegen einzelne Mitarbeiter eingestellt würden.
Nach Deutschland geliefert werden im Rahmen eines Vergleichs Informationen zur entsprechenden Off-Shore-Strategie, das dazugehörige Mengengerüst, also die Zahl der Kunden und die Geldsummen, aber auch Informationen zur verfolgten Weissgeldstrategie. Vertrauliches wie Kundennamen wird nicht geliefert. Viele Banken würden eine Koordination von Bern in dieser Sache begrüssen. Einzelne Häuser glauben aber, besser dazustehen, wenn sie direkt mit Deutschland verhandeln.

Das SIF beobachtet

Z. B. ⋅ Staatssekretär Jacques de Watteville betont, dass es sich bei diesen Aktionen nicht um einen weiteren «Fall USA» handelt, sondern um das Vorgehen einzelner Staatsanwaltschaften. Nicht betroffen davon ist das anstehende Abkommen zum vereinfachten Freistellungsverfahren mit Deutschland. Künftig brauchen Schweizer Banken zur Betreuung von deutschen Kunden vor Ort keine Niederlassung mehr, sondern nur noch eine entsprechende deutsche Bewilligung. Um diese zu erlangen, müssen einige Vorschriften erfüllt werden, welche die Schweizer Aufsicht Finma im Gespräch klärt. Auf Wunsch darf die deutsche Aufsicht die Finma bei diesem Gespräch begleiten.

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