Gesamtzahl der Seitenaufrufe

Mittwoch, 24. Februar 2016

Gerade mal 5000 Euro hat Peter Leibold hinterlassen, als sein Brennstoffimperium German Pellets vor zwei Wochen Insolvenz anmeldete. Doch schon am vergangenen Dienstag trat der Pleitier in Belgien als Großinvestor eines Kohlekraftwerks auf. Vor der Belegschaft des früheren Eon-Kraftwerks Langerlo in Genk kündigte er ein gigantisches Projekt an. Er werde das 560-Megawatt-Kraftwerk mit einer dreistelligen Millionensumme in ein Biomassekraftwerk umrüsten. Die dazu nötigen Mittel könne er bis Ende März bereitstellen.


[url]http://www.handelsblatt.com/my/finanzen/maerkte/anleihen/german



Hier der Artikel aus dem HB:

Gerade mal 5000 Euro hat Peter Leibold hinterlassen, als sein Brennstoffimperium German Pellets vor zwei Wochen Insolvenz anmeldete. Doch schon am vergangenen Dienstag trat der Pleitier in Belgien als Großinvestor eines Kohlekraftwerks auf. Vor der Belegschaft des früheren Eon-Kraftwerks Langerlo in Genk kündigte er ein gigantisches Projekt an. Er werde das 560-Megawatt-Kraftwerk mit einer dreistelligen Millionensumme in ein Biomassekraftwerk umrüsten. Die dazu nötigen Mittel könne er bis Ende März bereitstellen.
Es ist der neueste Höhepunkt in einer Pleite voller Überraschungen und skurriler Wendungen. Am 10. Februar hatte German Pellets Insolvenz angemeldet. 650 Mitarbeiter bangen seither um ihre Jobs. 17.000 Anleger fürchten um insgesamt 270 Millionen Euro, die sie in Anleihen und Genussrechte von German Pellets gesteckt haben. Die Sparer mussten inzwischen erfahren, dass ein großer Teil ihres Geldes über eine Stiftung als Eigenkapital bei zwei US-Produktionsfirmen gelandet ist. Diese stehen außerhalb des Konzerns, an das Geld ist vorerst nicht mehr heranzukommen. Die Pele-Privatstiftung, über die das Anlegergeld nach Übersee floss, steht der Familie Leibold nahe.
Nun stellt sich heraus, dass auch das Kohlekraftwerk, das Leibold erst am 8. Januar gekauft hatte, German Pellets offenbar gar nicht mehr gehört. Bereits drei Tage nach dem Erwerb soll es nach Handelsblatt Informationen an eine Wiener Gesellschaft weitergereicht worden sein. Die Bclever GmbH. Sie sitzt laut Registerdaten an derselben Adresse wie die Pele-Privatstiftung: Tegetthoffstraße 7 in Wien.
Bclever ist ein Wortspiel. Be Clever heißt auf deutsch: Sei schlau. Ist es das, was Peter Leibold gerade unternimmt? Ist er besonders schlau, weil die Millionen, die ihm tausende Anleger anvertraut haben, plötzlich an einer Wiener Briefkastenadresse auftauchen?
Für eine Stellungnahme war Leibold am Mittwoch nicht zu erreichen. Seine Sprecherin kommentierte die Informationen auf Anfrage nicht. Wer bei der Bclever GmbH anruft, landet in der Kanzlei eines Wiener Steuerberaters, dem laut Registerdaten mindestens 58 Firmen zuzurechnen sind. Was hat Bclever für das Kraftwerk bezahlt? Der Steuerberater, der „inzwischen nicht mehr Geschäftsführer“ von Bclever sein will, beantwortet keine Fragen und legt auf.
Dafür reden nun andere. „Mit den Pellet-Werken in den USA und dem Kraftwerk in Belgien entstünde eine geschlossene Wertschöpfungskette, ohne dass die Insolvenzverwalterin darauf Zugriff hat“, sagt ein Insider. „Damit wurden faktisch Vermögenswerte aus German Pellets herausgeklaut.“
Öko-Unternehmer im Privatflugzeug
Der Verdacht: Peter Leibold könnte Firmenvermögen in ein Schattenreich verschoben haben, das sie um German Pellets herum aufgebaut hat. Die zwei US-Fabriken in Louisiana und Texas, in die auf Umwegen deutsches Anlegergeld geflossen ist, könnten das belgische Kraftwerk mit Pellets beliefern und würden dafür gut bezahlt. Denn die belgische Regierung hat für die Umrüstung des ehemaligen Steinkohlekraftwerks auf Biomasse Milliarden Subventionen in Aussicht gestellt. Jahr für Jahr soll der Betreiber bis zu 200 Millionen Euro bekommen - und das über zehn Jahre. So berichtet es die belgische Zeitung „De Tijd“. Die US-Werke wären damit gerettet. Allerdings drängt die Zeit: Das Werk Louisiana hat bereits ein Schutzschirmverfahren („Chapter 11“) beantragt.
Für Mitarbeiter, Kleinanleger und Kreditgeber der German Pellets GmbH muss all das wie Hohn klingen. Denn all diese Geschäfte gingen wohl an der Wismarer Muttergesellschaft vorbei. Im Stammwerk an der Ostsee steht schon seit Wochen die Produktion still. Konzernweit haben nur 20 der gut 500 deutschen Beschäftigten überhaupt noch etwas mit der Produktion zu tun. Sie sind mit der Herstellung von Pferdestreu beschäftigt. Den übrigen Arbeitern bleibt wenn überhaupt nur die Wartung der Maschinen. Würde das Kohlekraftwerk noch German Pellets gehören, könnte es an Investoren verkauft werden. Dann käme Geld in die Kassen. Gleichzeitig könnte dieses Kraftwerk nach der Umstellung auf Biomasse bis zu 2,5 Millionen Tonnen Pellets abnehmen. Die deutschen Standorte von German Pellets bringen es auf eine Kapazität von 1,8 Millionen Tonnen.
Am vergangenen Freitag trat in Hamburg erstmals der siebenköpfige Gläubigerausschuss des insolventen Brennstoffkonzerns zusammen. Insolvenzverwalterin Bettina Schmudde hatte schlechte Nachrichten. Anders als von der Geschäftsführung behauptet seien Löhne und Gehälter bereits ab Januar nicht mehr bezahlt worden. Damit steigt für die Insolvenzverwalterin der Zeitdruck. Sie sollte dringend bis zum 1. April einen Käufer für das Unternehmen finden. Denn ab dann fiele das Insolvenzgeld der Bundesagentur für Arbeit weg. Es wird immer nur drei Monate lang bezahlt.
Peter Leibold war zu der Gläubigerversammlung nicht eingeladen. Das dürfte ihm gelegen gekommen sein. Schließlich hatte er wichtige neue Geschäfte einzufädeln. Bis vergangene Woche war der Öko-Unternehmer mit dem Privatflugzeug unterwegs, berichten mehrere Insider. Leibolds Sprecherin äußerte sich auch dazu nicht. Vor der Belegschaft im belgischen Genk war der Gründer gesprächiger. Ein belgischer Gewerkschaftler, der dabei war, erinnert sich: „Herr Leibold kam mit dem Taxi. Er erklärte, dass das Kraftwerk nicht mehr German Pellets sondern einer österreichischen Gesellschaft gehört. Die 100 Mitarbeiter sollen sich keine Sorgen machen. Sie könnten während der Umbauphase des Kraftwerks alle an Bord bleiben.“

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen