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Dienstag, 3. Juli 2012

Gastkommentar: „Der ESM ermöglicht Gläubigerbeteiligung“

Gastkommentar: „Der ESM ermöglicht Gläubigerbeteiligung“

Es gibt nicht nur einen Weg aus der Krise, erklärt Clemens Fuest von der Universität Oxford. Daran sollte auch die Bundesregierung bei ihren Verhandlungen über die Umsetzung der Brüsseler Beschlüsse denken.
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Clemens Fuest: Der 43-Jährige ist Professor an der Universität Oxford, England. Quelle: dpa
Clemens Fuest: Der 43-Jährige ist Professor an der Universität Oxford, England. Quelle: dpa
Zur Bekämpfung der Euro-Krise gibt es zwei Strategien. Die erste besteht darin, dass die Krisenländer sich bei den noch solventen Staaten weiter verschulden, um die Anpassungen zur Wiedergewinnung von Wettbewerbsfähigkeit zeitlich strecken zu können. Die zweite Strategie setzt auf eine schnellere Anpassung und Schuldenschnitte, also die Beteiligung der Gläubiger überschuldeter Staaten und Banken an den Sanierungskosten. Dabei haben Rettungsschirme vorrangig die Funktion, zu verhindern, dass Schuldenschnitte oder Bankenrestrukturierungen die gesunden Teile der Wirtschaft und des Finanzsystems beeinträchtigen, wie es nach der Pleite der Lehman-Bank 2008 geschehen ist.
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Das Hauptproblem des jüngsten EU-Gipfels besteht darin, dass ausschließlich die erste Strategie forciert wird. Das könnte dazu führen, dass die Mittel des Rettungsfonds (ESM) schnell verbraucht sind und die Staaten der Euro-Zone bald erneut darüber verhandeln müssen, die Haftung der noch solventen Mitgliedstaaten auszudehnen.
Der Gipfel hat drei Beschlüsse gebracht. Erstens wird ein staatliches Investitionsprogramm in Höhe von 120 Milliarden Euro aufgelegt. Zweitens sollen die Rettungsschirme Staatsanleihen aufkaufen, ohne dass der betreffende Mitgliedstaat einem Sanierungsprogramm mit Troika-Aufsicht unterworfen wird. Drittens soll der ESM künftig nicht nur Staaten Kredite geben, sondern auch direkt Banken rekapitalisieren können. Das soll mit der Schaffung einer neuen Bankenaufsicht für die Euro-Zone einhergehen.
Können diese Beschlüsse die Euro-Zone stabilisieren? Das Investitionsprogramm schadet nicht, nützt aber auch nicht viel. Ein Teil des Geldes stand schon vorher zur Verfügung. Die beiden anderen Maßnahmen bergen Sprengstoff. Die italienische Regierung möchte Hilfen bekommen, Auflagen und externe Kontrollen lehnt sie aber ab. Dafür gibt es keine überzeugende Rechtfertigung. Regierungschef Mario Monti behauptet, das Land unternehme bereits, was möglich ist, um die Krise zu überwinden. Wenn das so wäre, bräuchte er die Troika-Besuche nicht zu fürchten. Der Verzicht auf Auflagen und Kontrollen wird zwei Effekte haben: Erstens werden die Reformanstrengungen nachlassen. Zweitens werden die Hilfen stärker in Anspruch genommen.

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