GriechenlandSchuldenschnitt auf Raten
11.10.2013 · Zinserleichterungen und die nun angestrebte Laufzeitverlängerung verringern den Wert der griechischen Hilfskredite. Es wäre nicht das erste Mal, dass die Euroländer Athen Zugeständnisse machen.
Von MARKUS FRÜHAUF
Es wäre ein zweiter Schuldenschnitt, auch wenn es in Brüssel, Berlin und auch Athen niemals so bezeichnet würde. Am vergangenen Wochenende verlautete aus griechischen Regierungskreisen das Ansinnen, Kredite aus dem ersten Rettungspaket von 30 auf 50 Jahre zu verlängern. Der Vorschlag zielt auf die bilateralen Kredite der Euroländer an Griechenland, die sich auf knapp 53 Milliarden Euro summieren. Der deutsche Anteil beträgt 15,7 Milliarden Euro. Nach Berechnung des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) sinkt der Barwert dieser Forderungen je nach Zinsniveau um zwischen 7,5 und 13,5 Milliarden Euro. Auf diese Summe würden die Euroländer bei einer Laufzeitenverlängerung verzichten. Es wäre nicht das erste Mal, dass sie Griechenland Zugeständnisse machen.
Denn die Zinsen aus den beiden Hilfspaketen sind schon mehrfach gesenkt worden. Das erste Rettungspaket über insgesamt 110 Milliarden Euro, davon 80 Milliarden Euro der Euroländer und 30 Milliarden vom Internationalen Währungsfonds (IWF), war noch mit einem Aufschlag von 3 Prozentpunkten zum dreimonatigen Interbankenzins Euribor für die ersten drei Jahre beschlossen worden. Im Mai war ein Anstieg auf 4 Prozentpunkte für die Jahre danach vorgesehen. Der variable Zins Euribor beträgt derzeit für die Laufzeit von drei Monaten gut 0,2 Prozent. Im zweiten Hilfspaket über insgesamt 130 Milliarden Euro, das im März 2012 zusammen mit dem Schuldenschnitt der privaten Gläubiger beschlossen wurde, sank der Zinsaufschlag auf 1,5 Prozentpunkte.
0,7 Prozent Zinsen
Ende November 2012 beschlossen die Eurofinanzminister, den Aufschlag nochmals um 1,0 Prozentpunkt zu senken. Direkte Kredite an Griechenland hat Deutschland nur im ersten Hilfspaket gewährt. Im zweiten Paket steht der EFSF für 144,6 Milliarden Euro bereit, davon wurden schon 133 Milliarden ausgezahlt. An dem zugesagten Volumen hat Deutschland einen Anteil von 67,8 Milliarden Euro, davon wurden 62,4 Milliarden ausgezahlt. Deutschland und die Euroländer erhalten aus Athen nur noch einen Zins von 0,7 Prozent. Zu den Konditionen des ersten Hilfspakets müssten es aber 4,2 Prozent sein.
Die Zinserleichterung von 3,5 Prozentpunkte ruft für private Gläubiger, zum Beispiel Banken, Abschreibungsbedarf hervor. Denn der Wert der künftigen Zahlungsströme sinkt. Das ist vergleichbar mit dem Schuldenschnitt der privaten Gläubiger, die im Frühjahr 2012 auf die Hälfte ihrer Forderungen oder insgesamt 107 Milliarden Euro verzichten mussten. Müsste der deutsche Staat wie Unternehmen bilanzieren, hätte er schon längst seine Forderungen gegenüber Griechenland beträchtlich abschreiben müssen. Dazu setzen die Bilanzregeln IFRS ein Ereignis voraus, das den Barwert der künftigen Zahlungsströme verringert. Die Zinssenkung stellt ein solches Ereignis dar.
Die Laufzeitenverlängerung kann ein solches sein. In einem Leitfaden der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PWC werden als ein Grund für Wertberichtigungen auch Zugeständnisse des Kreditgebers aufgeführt, die im Zusammenhang mit finanziellen Schwierigkeiten des Schuldners gewährt wurden. Würde nun Athen längere Laufzeiten und eine abermalige Senkung der Zinsen erhalten, bliebe einer Bank nichts anderes übrig, als eine weitere Abschreibung vorzunehmen. Dass es so kommen wird, muss angenommen werden, denn der Vorsitzende der Eurogruppe, der niederländische Finanzminister Jeroen Dijsselbloem, hatte diese Optionen schon in Aussicht gestellt, falls Athen Reformvorgaben und einen Haushaltsüberschuss vor Zinsausgaben erzielt. Einen solchen Primärüberschuss hat das griechische Finanzministerium nun mitgeteilt.
Zugeständnisse dürften sich positiv auf die Kurse der griechischen Anleihen auswirken und damit den Marktzins senken. Dieser liegt derzeit bei knapp 9 Prozent. In ihrem Rechenbeispiel nehmen die beiden IfW-Volkswirte David Benček und Henning Klodt an, dass der griechische Marktzins in 30 Jahren der durchschnittlichen Rendite der Euroländer entsprechen könnte. Diese beträgt – gewichtet nach den Anteilen an der Europäischen Zentralbank – 3,2 Prozent. Der Verlust für die Euroländer aus der Laufzeitenverlängerung würde dann 7,5 Milliarden Euro betragen. Liegt die griechische Rendite einen Prozentpunkt darüber, erhöht sich der Abschreibungsbedarf auf 10,5 Milliarden. Bei zwei Prozentpunkten wären es 13,5 Milliarden Euro. Derzeit beträgt der Zinsunterschied 5,5 Prozentpunkte.
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