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Mittwoch, 30. Juli 2014

Paul Elliott Singer bleibt unnachgiebig. Der Gründer des New Yorker Hedgefonds Elliott Management, der vor 13 Jahren argentinische Staatsanleihen nach der damaligen Staatspleite zum Spottpreis erworben hatte, besteht auf der vollen Rückzahlung der Papiere zum Nennwert inklusive der Zinsen – obwohl die meisten anderen Gläubiger in den vergangenen Jahren einer Umschuldung zu schlechteren Konditionen zugestimmt hatten.

Drohende Pleite in ArgentinienDer Verweigerer

Wenn Argentinien Pleite geht, hat Paul Singer einen Anteil daran. Der New Yorker Hedgefondsmanager legt es auf juristische Scharmützel an, bei denen er vor Gericht seine Gewinne eintreibt. Ein Porträt.

© ETHAN HILL/REDUX/REDUX/LAIFVergrößernPaul Elliott Singer
Paul Elliott Singer bleibt unnachgiebig. Der Gründer des New Yorker Hedgefonds Elliott Management, der vor 13 Jahren argentinische Staatsanleihen nach der damaligen Staatspleite zum Spottpreis erworben hatte, besteht auf der vollen Rückzahlung der Papiere zum Nennwert inklusive der Zinsen – obwohl die meisten anderen Gläubiger in den vergangenen Jahren einer Umschuldung zu schlechteren Konditionen zugestimmt hatten.
Argentinien befindet sich in einer juristischen Zwickmühle. Sollte das Land bis Mittwoch um Mitternacht nicht an Elliott zahlen, droht ein allgemeiner Ausfall der Anleihen. Denn Argentinien kann seine anderen Gläubiger nur bedienen, wenn es gleichzeitig 1,3 Milliarden Dollar an die Elliott-Tochtergesellschaft NML Capital und den von einem ehemaligen Elliott-Fondsmanager gegründeten Mitstreiter Aurelius Capital überweist. Die Krux bei der Sache: Gibt Argentinien nach, könnten auch die schlechter davongekommenen Gläubiger auf einer Rückzahlung zu 100 Prozent bestehen – dann wäre Argentinien wieder pleite.

Eine kompromisslose Strategie

Das klingt juristisch ziemlich kompliziert und war deswegen auch jahrelang ein Fall für die Gerichte. Unbedarfte Beobachter dürften sich fragen, warum Singer, dessen Fonds die wichtigste Rolle bei dem Streit spielt, so hartnäckig bleibt– immerhin hätte er auch Geld verdient, wenn sein Fonds den Angeboten zum Verzicht auf einen Teil der Forderungen zugestimmt hätte. Mehr als neun Zehntel des Gläubigerkapitals haben den Kompromiss akzeptiert. Kenner der Finanzszene wundern sich nicht.
Eine kompromisslose Haltung und jahrelange juristische Scharmützel sind ein zentraler Teil von Singers Anlagestrategie. Seit fast 40 Jahren kauft Singer notleidende Anleihen, bei denen kaum eine Chance auf Rückzahlung besteht. Als ausgebildeter Jurist mit einem Abschluss der Eliteuniversität Harvard zieht er dann vor Gericht, um seine Forderungen einzutreiben. Die Rendite im Fall Argentinien ließe sich sehen. Sein Fonds würde 832 Millionen Dollar kassieren – investiert hatte er 48 Millionen Dollar.

Agressiv und kreativ

Auch bei einer anderen wichtigen Strategie seines Fonds setzt Singer auf Konfrontation. Wie der bekannte Finanzier Carl Icahn gehört Singer zu den sogenannten „aktivistischen“ Investoren. Diese Art Anleger erwirbt Aktien vermeintlich unterbewerteter Unternehmen und drängt dann in einer öffentlichen Kampagne auf Veränderungen, um den Aktienkurs in die Höhe zu treiben. All das hat den Sohn eines Apothekers aus einem Vorort von New York reich gemacht. Das Wirtschaftsmagazin Forbes beziffert sein Privatvermögen aktuell auf 1,5 Milliarden Dollar.
Die argentinische Staatspräsidentin Christina Kirchner hat die Verweigererfonds als „Geier“ denunziert. Singer, der mit einem weißen Bart und runder Brille eher wie ein Professor und nicht wie ein Aasvogel wirkt, mag diesen Begriff nicht. Er bezieht sich auf das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit, das Argentinien aus seiner Sicht missachtet. Das Prinzip setzt Singer mit einer so aggressiven wie kreativen Taktik durch. Im Oktober 2013 gelang es ihm mit Hilfe eines Gerichts in Ghana kurzzeitig ein Segelschulschiff der argentinischen Marine zu konfiszieren, um Argentinien zur Zahlung der Schulden zu zwingen.

Durchschnittlich 14 Prozent Rendite pro Jahr

„Was Argentinien zustößt, ist selbst verschuldet, einer schrecklichen Regierungspolitik geschuldet“, sagte Singer Anfang des Jahres beim Weltwirtschaftsforum in Davos. Argentinien ist nicht das einzige Land, das wegen seiner Anleihen schon mit Singer im Clinch lag. Elliott Management, der mit einem verwalteten Vermögen von rund 25 Milliarden Dollar zu den 15 größten amerikanischen Hedgefonds zählt, hatte nach gerichtlichen Auseinandersetzungen auch mit Staatspapieren von Peru und Kongo mehrstellige Millionensummen verdient.
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Im Zuge der Insolvenzverfahren der Investmentbank Lehman Brothers und des Autozulieferers Delphi soll Elliott ebenfalls hohe Renditen erzielt haben. Allein im Fall Lehman wird der Gewinn auf rund eine Milliarde Dollar geschätzt. „Sie sind sehr klug, sie sind sehr aggressiv und setzen eine Menge Ressourcen ein. Das sind die Gründe, warum sie oft erfolgreich sind“, sagt ein Anwalt, der Peru gegen Singers Hedgefonds verteidigt hat. Die durchschnittliche Rendite von Elliott Management beträgt seit seiner Gründung rund 14 Prozent im Jahr.

Singer nimmt auch politischen Einfluss

Seinen Reichtum will Singer aber nicht behalten. Er gehört zu den Unterzeichnern der von Microsoft-Gründer Bill Gates und dem Investor Warren Buffett ins Leben gerufenen Initiative „Giving Pledge“. Milliardäre verpflichten sich mit dem Spendenversprechen, schon zu Lebzeiten einen Großteil ihres Vermögens wohltätigen Zwecken zukommen zu lassen. Schon jetzt überweist Singers Stiftung Geld an eine Reihe von Organisationen. Dazu gehören Bildungseinrichtungen, aber auch Stiftungen für New Yorker Polizisten oder Soldaten.
Singer nutzt sein Vermögen auch, um politisch Einfluss zu nehmen. Vor den Präsidentschaftswahlen 2012 gehörte Singer zu den größten Spendern für den Wahlkampf des Republikaners Mitt Romney, der schließlich Präsident Obama unterlag. In einem wichtigen Punkt weicht Singer aber von der konservativen Parteilinie ab. Der geschiedene Singer, dessen Sohn schwul ist, hat sich mit Millionen von Dollar für die Anerkennung der Homo-Ehe in den Vereinigten Staaten eingesetzt.
Sein Sohn hatte seinen Partner bereits 2004 im Bundesstaat Massachusetts geheiratet. Die gleichgeschlechtliche Ehe sorge für „Stabilität“ der Familie in einer Zeit, in der die „Institution Ehe in Amerika vollkommen zusammengebrochen“ sei, meint Singer. Die argentinische Präsidentin Kirchner hatte die Homo-Ehe schon 2010 landesweit legalisiert. Das Thema dürfte derzeit aber das einzige sein, bei dem Singer und Kirchner einer Meinung sind.

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